Die Mainzer Weinbörse bot wenig Überraschungen – in einer Zeit, in der wir gut auf Überraschungen verzichten können. Danke, Mainz!
Die zentrale Aussage gibt es gratis und gleich: Auch dieses Jahr haben Deutschlands VDP-Winzer interessante und erwerbenswerte Weine kreiert und gefüllt oder nahezu füllfertig im Fass liegen (Nicht-VDPisten übrigens auch, aber die sind heute nicht das Thema). Nachschub ist gesichert. In der Breite ist er weniger, in der Spitze genau so brillant, wie aus den Jahrgängen zuvor. Der größte Unterschied zu den letzten Jahren war für mich, dass es kaum ein Weingut gab, das nicht mindestens einen Wein präsentierte, der den jeweils besten der gezeigten Kollektion einbeinig hinterherhinkte. Irgendeine Kröte war (fast) immer. Rheinhessen hat viel Licht und weniger Schatten, in der Pfalz empfand ich es andersherum. Die östlichen und südlichen Gebiete zeigten ziemlich viele Weine aus älteren Jahrgängen, da vermag ich 2024 noch nicht zu beurteilen.
Überhaupt: Bei einer Verkostungsliste mit 1700 Positionen und weniger als zwei Tagen Zeit galt es für mich Prioritäten zu setzen. Ich strich Franken komplett, weil ich am Sonntag wenigstens zwei Stunden in Würzburg bei der Jahrgangspräsentation sein werde. Ich strich den Rheingau, weil ich dort im August noch eine Präsentation besuchen kann und mit den Auktionsreserven und dem Charta-Jubiläum zuletzt viel Rheingau im Blog hatte. Ich strich die Mosel, weil ich die eigentlich nie streiche und sie jetzt mal dran war. Auch innerhalb der gewählten Gebiete ließ ich noch Weingüter aus. Im Ergebnis hatte ich eine Verkostungsliste mit 450 Weinen, tatsächlich geschafft habe ich 360. Anbei ein paar Entdeckungen. Ich liste hier wenig GGs auf, auch wenn es dieses Jahr erstaunlich viele zu verkosten gab. Nicht alles, was mir gefallen hat, schafft es in den Beitrag. Die komplette Arbeitsmappe steht wie üblich den Steady-Unterstützern zur verfügung.
Sachsen & Saale-Unstrut
Auf der Eröffnungsparty am Samstag kam ein Joachim Heger mit einer Magnum des Schwarz’schen Chardonnays auf mich zu und schenkte mit den Worten ein: ‚Der hat bei mir gelernt!‘ Herr Heger ist zu recht stolz. Martin Schwarz macht einfach guten Wein. Beim 2023er Merbitzer Bauernberg Weißburgunder Erste Lage (Erste Lagen werden fürderhin in diesem Text ‚1G‘ abgekürzt) fand ich feines Holz, viel Schmelz, startet cremig, dann kommt viel Säure. Beim Radebeul Chardonnay 2022 folgt dem feinen Holz in der Nase etwas Nuss am Gaumen, auch ein ganz bisschen buttrig, aber insgesamt von gutem Zug eingehegt. Das braucht noch Zeit.
Hey hatte mir am Vorabend mit einem grandiosen 23er Riesling GG aus dem Steinmeister imponiert. In einer insgesamt starken Kollektion stach am Sonntag dann der 22er Naumburger Ortsriesling heraus: Süßer Antrunk, dann Grapefruit und Kreide, wird hell, strahlt, tolle Länge! Ebenfalls sehr schön der 22er Zweigelt Ortswein weil so klar in der Frucht und ebenfalls strahlend.
Böhme & Töchter zeigte ein Freyburger Mühlberg Riesling 1G aus 2023 mit viel steiniger Substanz unter der süßen Frucht. Toll, aber üppig (bei nur 1,4 g Restzucker nicht pummelig). Das 22er Chardonnay GG aus dem Edelacker ist große Oper, aber eher Kalifornien als Meursault. Besonders auch der 22er Freyburger Zweigelt. Ich notierte mir: ‚Wow, für Zweigelt ist das sehr klar und strahlend, wenngleich nicht ganz so hell wie Hey.‘
Nahe
Dr. Crusius (alles Jahrgang 24) mit einem Gutsgrauburgunder, den ich reuelos lecker nenne, weil er mit feiner Säure die Pummelchen-Falle vermeidet. Der Riesling ‚vom Berg‘ hat eine hell-blumige Anmutung, ist sehr interessant, kommt aber nicht ganz an den in jeder Hinsicht spannenden ‚vom Fels‘ Ortsriesling ran, der sattfruchtig strahlt. Der Traiser Rotenfels 1G rollt direkt steinig-würzig in den Mund und entwickelt dann Feinheit im Abgang. Tief und gut! Top of the Rock ist heller, kreidiger, viel Biss, schön. Bei Diel hat sich der 2020er Pinot Blanc Reserve ehrenhaft entwickelt: leicht würzig und sehr harmonisch. Der Nahesteiner Gutsriesling ist zitrusfruchtig, hell, ziemlich strahlend, der Eierfels Ortsriesling ist bissig und frisch – so mag ich den. Sehr fein auch der Schlossberg 1G mit würziger Tiefe auf heller Frucht. Pittermännchen Kabi zeigt wundervolles Spiel (alle Rieslinge 2023).
Bei Dönnhoffs (alles 2024) hat der Frost 80 Prozent der Ernte gefressen. Wittmann und Bürklin-Wolf haben mit Trauben ausgeholfen, die die Dönnhoffs aber mit eigener Mannschaft geerntet haben. Vom VDP gab es eine Sondergenehmigung: die Weine tragen die Originalausstattung, was bei Zukauf eigentlich nicht gestattet ist. Dieser wird jetzt durch den Hinweis ‚Ein Wein der Solidaritätsgemeinschaft VDP‘ kenntlich gemacht. Diese Jahr also exklusiv und keine Fälschung: Wachenheimer Ortsriesling made in Oberhausen: bissig, gelbfruchtig, leicht rauchig-geheimnisvoll. Westhofener Ortsriesling Dönnhoff-style: würzig und mit reifer Frucht, ui, ist das ein schöner Wein. Dazu als drittes Unikat ein Schlossböckelheimer Ortsriesling aus einer Parzelle, die sonst ein GG liefert: tiefer Wein, der mir ein bisschen zu süß erscheint, aber aller Ehren wert ist. Ist natürlich Quatsch, ein solches Urteil nach einem schnellen Probeschluck zu fällen, aber der Wachenheimer ist aktuell besser als das Original und der Westhofener verliert nur, weil Wittmanns Ortsriesling unübertrefflich ist. Was es dieses Jahr viel geben wird ist energiegeladener Kabi aus (oder zumindest mit einem Anteil) Trauben vom zweiten Austrieb. Super Spiel und tolle Länge zum Beispiel im Leistenberg Kabinett.
Emrich-Schönleber (alles 2024) zeigte dieses Jahr einen besonders schönen Gutsriesling mit einer Tiefe, die auch einem Ortswein gut zu Gesicht stünde. Der ‚Lenz‘ tanzt. Der ‚Mineral‘ ist ein Wohlfühlriesling, was in dieser Kollektion ein bisschen bieder wirkt, weil auch der ‚Frühtau‘ so strahlt und bissig Energie versprüht. Der ‚Halgans‘ wie üblich dunkler und etwas malzig, aber nicht schlechter. Starke Vorstellung.
Rheinhessen
Wo wir gerade über gute Gutsrieslinge reden: Battenfeld-Spaniers Eisquell strahlt! Der 24er Weißburgunder Reserve lebt (sehr gut) von einer alles ordnenden Säure. Der 23er Mölsheim Alte Reben Chardonnay bietet die große Seefahrt vom saftigen Antrunk zum bissigen Finale – spektakulär, auch weil das Schiff aus edlem Holz ist und Schießpulverdampf übers Deck zieht! Zellertaler Ortsriesling (2023) und 2015er Blanc de Blanc Extra Brut beeindrucken ebenfalls nachhaltig. Aus der Treasure Collection zeigte Kühling-Gillot einen 2020er Reserve vom Rotliegenden: Feiner, leiser, trockener Riesling mit Reife, viel phenolischer Biss und tolle Länge. Super.
Bei Bischel gab es 24er Weißburgunder Gutswein. Ich notierte: Wow, das hat eine erstaunliche steinige Tiefe. Richtig Ballett am Gaumen. Klingt begeistert? Ich war begeistert. Von drei schönen 1G-Rieslingen gefiel mir der Binger aus 2023 am besten, weil er kräftigen Schub im Mund mit fester Säure verbindet. K. F. Groebes Gutsriesling tanzt nicht, er tänzelt. Der Wein ist leiser als die meisten der bisher hier gefeierten Gutsrieslinge und ab und zu finde ich das sehr angenehm. Daneben gab es mit dem 1763 einen Wein, der früher normal war und heute Systemsprenger ist: 10,5 Gramm Restzucker bei 9,2 Gramm Säure und 10,5% Alkohol. Das ist so harmonisch, dass man sich den Weg zum Spucknapf spart. Es gibt aus gleichem Most auch die eher halbtrocken als süß schmeckenden Alten Reben mit 38 Gramm Restzucker. Endlos lang und der Wein, den man jetzt für 20 Jahre einkellern kann.
Genau ein Kostmuster habe ich auf der Weinbörse erfragt. Ich kann es kaum erwarten, aber ich muss noch warten, denn der gezeigte 2023er Silvaner ‚Steinkreuz‘ von Gunderloch war ein Fassmuster. Das Weingut hat sich von Wittmann inspirieren lassen und jetzt auch die Bemühungen eingestellt, konventionellen Silvaner zu machen. Stattdessen gibt es ‚wildes Zeuch‘, richtig gutes ‚wildes Zeuch‘. Darüber kommt hier irgendwann mehr. Daneben gab es Weißburgunder in saftig, frisch und lecker und etliche Rieslinge, die ein fulminantes Versprechen auf die Zukunft gaben, aktuell aber ein wenig geizig waren. Geizig sollten Rieslingfreunde in diesem Fall nicht sein. 23er Roter Hang und 24er Engelsberg 1G sind jeden Euro wert.
Gutzlers Silvaner rollt beeindruckend lässig in den Mund und ist dann enorm präsent. Nennen wir es die ‚Würde des Alters‘ der 91 Jahre alten Reben. Wunderbar! Westhofener Riesling hallt lange hell und kreidig nach, Westhofener Chardonnay ist mühelos und schick (alles 2024). Bei Knewitz gab es drei Riesling 1G-Fassproben, die mir gefielen, wobei beim Nieder-Hilbesheimer schon Liebe im Spiel war: Kräutrig! Phenolisch! Absolut wundervoll! Weth&Welz, Chardonnay Gutswein und Spätburgunder 1G (alle 23) waren ebenfalls bemerkenswert schön.
Auch bei Wagner-Stempel ist der Silvaner besonders gut, was an der knackigen Säure liegen mag. Strahlend auch der Weißburgunder, der dieses Jahr vollständig im Holz ausgebaut ist. 22er Merlot stand an und ist formidabel. Das hat so viel Substanz, das schmeckt schon sehr nach Südeuropa. Riesling Porphyr 2024 angenehm rauchig bei kräftiger Säure, Spätburgunder 1G 2023 ernst und dunkel (beides Fassproben). Der neue Sekt TIRUS entspringt der Idee mit ungeschwefeltem Grundwein in die Tirage zu gehen, was nur funktioniert, wenn der Transport in die Sektkellerei unterbleibt. Dies ist also der erste einer Reihe von Sekten, die künftig in Eigenregie entstehen werden. Viel Zug, feine Perlage, aufregend.
Über Wittmann kann man dieses Jahr sehr viele oder ganz wenige Worte machen. Kurz: grandiose Riesling-1G-Fassproben und ein 23er Weißburgunder Reserve aus der Kategorie ‚Großer Sport‘.
Pfalz
Bei Bassermann-Jordan liegen sogar die 23er Riesling 1G noch im Fass. Von den gezeigten gefiel mir die Deidesheimer Leinhöhle am besten: gelbfruchtig, tolle Säure, guter Druck, eher trocken, sehr tief. Bei Bernhart gab es ausgesprochen saftige Weine aus Burgundersorten, der Chardonnay Tonmergel war zudem sehr elegant. Von Buhls Gutsriesling ist saftig, fruchtig, lecker – herrlich. Der von Bürklin-Wolf ist fest und sehr tief für einen Gutswein. 24er Böhlig Fassprobe: Feste, reife Säure, ordentliche Frucht, reichlich Potenzial. Schön. Dann der 20er Riesling Wachenheim -R-: Feinwürzig, angenehm frisch, ganz unaufgeregt, wundervoll. Der Gutsriesling von Christmann hat Substanz, Würze und schönes Spiel. Gut. Der Königsbacher Heidböhl 24, (Fassprobe) zeigt auch schönes Spiel, ist gefühlt staubtrocken, bietet komplexe Frucht und gute Länge.
Schöner Biss, erste Reife, stoffig, dann wieder bissig – Fitz-Ritters ‚Riff‘-Riesling aus 2023 gefällt mir sehr. Der 2019er Herrenberg Riesling Sekt Zero Dosage riecht etwas grün, macht die Drohung am Gaumen aber nicht wahr, stattdessen sehr frisch und spannend. Auch bei Jülg gibt es guten Sekt, der 15er Grand Reserve ist sogar außergewöhnlich gut. Springberg Riesling 1G aus 2023 mochte ich: Ziemlich kräutrig, etwas wild, dann gelbfruchtig. Pfarrwingert Weißburgunder 1G startet eher einfach und wird dann enorm tief, Wow! Bei Knipser ist der Sauvignon Blanc auch aus 2024 eine Bank. Und auf den Chardonnay&Weißburgunder ist sowieso Verlass. Einen solchen macht auch Kranz und dort gefällt mir das animierende Bittertönchen im Abgang. Der Landschneckenkalk Weißburgunder 2023 löst das Versprechen vom letzten Jahr ein, als ich die Fassprobe feierte. Jetzt als fertiger Wein mit ein wenig Flaschenreife ist er ein Träumchen. Mit der Fassprobe 24 vom Ilbesheimer Ortsriesling steht ein neuer Kandidat bereit, den ich dann nächstes Jahr besingen kann. Vielversprechend.
‚vom Rotliegenden‘ und ‚vom Muschelkalk‘ sind zwei ganz starke Ortsrieslinge von Rebholz. Letzteren gibt es auch als Weißburgunder: Der ist eine tolle Kombi aus süßer Frucht und Kräuterwürze, dann leicht erdig, spannend, Wow! Riesling Biengarten 1G ist elegant, wenn man die Säure aushält. Rings Kallstadter Ortsriesling hat enorm viel Substanz, die von fester Phenolik eingerahmt einen großartigen Wein prägt. Nussriegel 1G (beides Fassproben) ist etwas feiner und eleganter, ebenfalls großartig. Leicht blumig, erdig, viel Kirsche, tolle Länge: 23er Steinacker 1G Spätburgunder ist ein Highlight der Veranstaltung.
Baden
23er Winklerberg 1G gab es bei Heger als Chardonnay, Weiß- und Grauburgunder und was soll ich sagen? Der Grauburgunder war mir am liebsten: Leicht würzige Nase, süße Frucht am Gaumen, sehr klar und saftig, gut. Ziemlich stark auch der 20er Spätburgunder Mimus aus gleicher Lage mit Biss und sehr feinem Gerbstoff. Bei Huber gefällt mir zwei Mal Spätburgunder etwas anders. Der Sekt Blanc de Noir Zero Dosage hat eine so süße Frucht, der braucht keinen Zucker. Die Perlage ist besonders fein. Der Rosé zeigt in der Nase eine kräftige Reduktion und dann einen enorm straffen Gaumen. Ich käme nie auf Rosé. Außergewöhnlicher Wein.
Der Chardonnay ‚Drei Dörfer‘ von Franz Keller ist kein Geheimtipp mehr, oder? Wer ihn nicht kennt, der sollte die Gelegenheit nutzen, denn auch 2023 (ab September im Handel) ist stark: Holz schön eingebaut, bissige Säure, klare Frucht, tolle Struktur. Ähnlich schön (und ab dem gleichen Zeitpunkt verfügbar) die beiden Spätburgunder Ortsweine. Beide sind zu jung, Achkarren etwas dropsig und Oberrottweil etwas adstringierend, aber die Qualität sprang mich an. Bei ersterem mit fleischiger Dichte und herzhaftem Säurebiss, bei letzterem mit Tabakwürze und toller Struktur. Der Achkarrer Spätburgunder 2023 von Michel zeigte eine etwas grüne Nase, am sehr schönen Gaumen dann aber reife Frucht, ist leise und ziemlich elegant. der 24er Chardonnay&Weißburgunder (Fassprobe) begeistert mit viel Frische.
Württemberg
Total Deutsch, aber genau mein Beuteschema: der Spätburgunder Gutswein 2021 von Graf Adelmann gefiel mir sehr. Auch der Lemberger Gutswein ‚Der Rote Loewe’ 2021 macht enorm Spaß. Ungewöhnlich und lecker fand ich den ‚Weißen Loewen‘ 2022, eine Cuvée von Riesling, Grau- und Weißburgunder. Weißburgunder Lichtenberg 1G 2022 ist sehr elegant. Bei Aldinger gefiel mir der 531 Rosé mit dieser tollen Beerenfrucht etwas besser als der weiße 531. Beide Sekte sind harmonisch. Gips 1G besticht als Riesling (2024) mit süßem Schmelz und lang laufender Säure, als Chardonnay (2023) mit einer noblen Rauchnote und als Spätburgunder (2023) mit viel Tiefe. Good Stuff!
Tiefe auch im 24er Gutsriesling von Beurer. Feiner und leiser in der Säure (ist auch ’23) ist der Stettener Gipskeuper Ortsriesling. Viel reife Frucht im Abgang, sehr interessant. Und noch ein gelungener Gutsriesling: Dautel. Verführerisch süße Frucht, 4,5 Zucker und 7,5 Säure spielen harmonisch. Das ist so lebendig. 2023 Niedernberg Chardonnay 1G strählt gülden im Glas und am Gaumen. Bei Drautz-Abele gibt es feinherben Gelben Muskateller zum reinlegen. Dazu wieder jede Menge vogelwildes Zeuch, wie etwa den Sauvignon Blanc H.A.D.E.S. Reserve 2022 mit einem faszinierenden Spiel aus Hefelager, Holz und Säure. Der Landwein Fumé Blanc riecht extrem und schmeckt ein bisschen nach Rhabarbersaft – und dann kommt Strukturspektakel. Am Sonntagabend gab es zum Essen mit einigen Winzern den Heritage 2015 (90 Lemberger, 10 Merlot) von Stéphanie de Longueville-Drautz. Großartiger Rotwein und ein weiterer von vielen guten Gründen, sich mit diesem auf Normen pfeifenden Weingut intensiver zu beschäftigen.
Komplizenschaft nicht nur im Namen: auch bei Ellwanger gibt es unter dem H.A.D.E.S.-Label neben gediegenem auch überraschenden Stoff wie den Nikodemus Candidus 2023: Kerner mit ziemlich viel Holz. Kräftige Würze, mürber Apfel, etwas cremig. Ganz toll! Die gediegenen Brüder sind der Zweigelt 2021 (kräutrig, satte Frucht, frisch), der Merlot 2022 (wow, das ist gut, satte Himbeere, tolle Struktur, nobel) und der Nikodemus 2021 (Cab.Merlot-Cuvée, das ist sehr wenig deutsch, noch sehr jung, charmante Frucht, aber auch viel Gerbstoff, Potenzial).
23er Riesling 1G in schön, schöner und fantastisch bei Haidle. Lindhälder gelbfruchtig mit viel Grip, Häder strahlt noch etwas heller und beim Stäudlen ist ‚strahlen‘ dann untertrieben. Das ballert in gelb! Leuchtende Frucht mit passender Säure und feiner Struktur. Bei Heid ist der 23er Goldberg 1G als Riesling duftig-blumig und trotzdem druckvoll und als Spätburgunder bissig-frisch mit hellroter Frucht. Zwei mal spannend. Die roten 22er GGs zeigen sich beide extrem schön gereift. Schnaitmanns 24er Weißburgunder Gutswein ‚Steinwiege‘ gehört zu den seltenen Gelegenheiten, bei denen ich an Salz im Wein denke. Bergmandel Sauvignon Blanc 2023 ist wahnsinnig spannend weil ganz klar, straff und frisch. Großer Spaß auch das Pendant vom Riesling mit satter Frucht, präsenter Säure, feiner Phenolik – alles drin und dran. Die 23er Reserve vom Sauvignon Blanc ist nicht nur nobel, das ist ein großer Wein, wie er aus dieser Rebsorte in Deutschland nur gelegentlich produziert wird.
Ganz anders der gleiche Wein bei Wöhrwag: schmelzig, cremig und auch mit einem eher weichen Fruchtausdruck. Weniger aristokratisch, eher ein Best Buddy. Mag ich. Aus dem Pfaffenhofener Hohenberg kommen zwei bemerkenswerte Weine von Wachtstetter. Der Riesling 1G aus 2021 hat in der Nase Reifenoten, die am Gaumen etwas zurücktreten. Saftig, harmonisch, schön. Der Lemberger 1G ist aus 2020 und angenehm würzig. Beiden Weinen die Show stiehlt aber ein Wein, der meinen Namen trägt. Lemberger Pfaffenhofen Ortswein ‚Felix’ 2022 startet mit bezaubernder Frucht und entwickelt dann Tiefe und Komplexität. Würdiger Schlusspunkt!
Außer natürlich für alle Steady-Unterstützer, die gerne die Notizen zu allen verkosteten Weinen studieren können. Dabei gilt wie immer: Teilen verboten, bitte auch nicht den Winzern gegenüber zitieren. Einfach als privaten Meinungsaustausch betrachten. Fragen gerne per Mail an mich. Viel Spaß und Danke für Euren Beitrag. Für alle, die neu dabei sind: Die Abkürzung mmm steht für müsste man mal … (länger verkosten, um was Gescheites drüber zu sagen).