B-Max

Dieser Tage trank ich spontan mit Freunden eine Flasche des Müller-Thurgaus der Weinentdeckungsgesellschaft. Der ‚Liebesheirat‘ präsentierte sich etwas deutlicher vom Holz geprägt als bei meiner ersten Begegnung mit dem Wein aber insgesamt sehr schön. Die Zugabe von Chardonnay und etwas Traminer sticht noch deutlich heraus und das führte kurze Zeit später auch zu einer Diskussion mit Facebook-Freunden, die den Wein ebenfalls kürzlich im Glas hatten. Wir waren uns einig: zwar ist es ein toller Wein, das Projektziel, herauszufinden, was Müller-Thurgau maximal an Qualität zu erreichen in der Lage ist, wird durch die Cuvée-Partner aber unmöglich gemacht – dazu hätte es ein reinsortiger Wein sein müssen. B-Max weiterlesen

Riesling hawaiianisch

‚Ihr müsstet mehr über die Kombination von Wein und Speisen schreiben‘, höre ich immer wieder, wenn ich als Weinblogger auf die Kollegen Koch- und Foodblogger treffe. Nur Wein sei langweilig und sehr für Freaks, die Kombination von Wein mit passenden Speisen und umgekehrt sei hingegen ein Massenthema. ‚Das wollt Ihr nicht wirklich‘, entgegne ich meist, ‚so viel Riesling könnt Ihr gar nicht trinken.‘ Riesling hawaiianisch weiterlesen

VDP Großes Gewächs Präsentation Wiesbaden (2)

Hier die Eindrücke zu den weiteren Rieslingen, die ich bei der GG-Präsentation in Wiesbaden verkostet habe.

Pfalz

In der Mittelhaardt scheint es wenig Probleme gegeben zu haben, GG-würdige Trauben zu ernten, die Säure ist selten beißend (Ausnahme Kalkofen, da fand ich beide Weine schwierig). Eigentlich habe ich mich auf die Pfalz vor allem gefreut, weil sie so tolle Flights verspricht. 5 Versionen des Ungeheuer oder Pechstein nebeneinander oder vierfach Jesuitengarten. VDP Großes Gewächs Präsentation Wiesbaden (2) weiterlesen

Barfuß in Berlin

Wie vor kurzem schon berichtet, hat sich meine Begeisterung für Weingutsbesuche merklich abgekühlt. Die Geschichten, die man hört, sind immer die gleichen und orientieren sich eher daran, was der Kunde hören will als an der tatsächlichen Entstehung des Weines der jeweiligen Produzenten – Ausnahmen bestätigen die Regel. Glücklicherweise lebe ich in Berlin und da gibt es reichlich Veranstaltungen, bei denen man in einem Rahmen auf Winzer trifft, der zu mehr Offenheit und echtem Informationsgehalt einlädt. Gleich zwei durfte ich letzte Woche besuchen. Als jeweils einziger geladener Amateur profitierte ich dabei von der Atmosphäre, die die ebenfalls geladenen Sommeliers und Weinhändler im Handumdrehen erzeugen, sobald sie unter sich sind. Das Gefühl mich bei einer Veranstaltung eingeschlichen zu haben, bei der ich eigentlich nix zu suchen habe, kann ich mittlerweile ganz gut unterdrücken.

Den Anfang machte eine kleine Soiree beim Berliner Weinenthusiasten Martin Zwick, bei der die Geschwister Melanie Stumpf-Kröger und Matthias Stumpf vom Weingut Bickel-Stumpf gleich 18 Weine aus verschiedenen Jahrgängen und Qualitätsstufen präsentierten – bis auf den Pinot-Sekt zum Start und den Fränkischen Gemischten Satz zum Abschluss samt und sonders aus der Silvaner-Traube gekeltert. Die kleine Runde von sieben Personen erlaubte intensive Gespräche und konzentriertes Kosten. Da durfte ich einiges lernen, etwa dass mir Silvaner vom Buntsandtsein deutlich besser gefällt als vom Muschelkalk. Die Unterschiede zwischen den Standorten waren über mehrere Jahrgänge so deutlich schmeckbar, dass ich glauben will, der Silvaner kann seine Herkunft ebenso gut abbilden wie der Riesling (dem man gemeinhin nachsagt, er könne das besser als irgendeine andere Rebe). Und eine Erkenntnis, an der ich schon lange nage, wird allmählich zur Gewissheit: Alles, was nicht Riesling oder Sauvignon Blanc ist, darf für mich gerne in ein Eichenfass gefüllt werden – nicht unbedingt ein kleines französisches aber irgendein leicht aromatisierendes bitte.

Die knackigen Guts- und Ortssilvaner der Geschwister finde ich zwar mehr (Muschelkalk) oder weniger (Buntsandtsein) begeisternd, die Lagenweine aus dem Kapellenberg (VDP Erste Lage) und Mönchshof (VDP Grosse Lage, also GG) mit ihren teils intensiven Eichenholzaromen sind für mich aber Weißweine zum Niederknien, insbesondere das 2012er GG. Die geringe Größe der Runde ermutigte mich wieder zum Reste-Schnorren, weswegen ich letzteren in der angebrochenen Flasche mit nach Hause nehmen durfte. Interessanterweise haben die Geschwister Stumpf mit ihrem Stil regelmäßig Probleme bei den sensorischen Prüfungen für das GG. Ich behaupte ja, wir Deutschen werden als Volk immer lockerer und liebenswürdiger, unsere Unart, jede Form von Eigenwilligkeit erst nach mehreren Jahren zu akzeptieren, sollten wir aber dringend noch ablegen.

Bickel-Stumpf in BerlinBleibt die Frage nach den Insiderinformationen: Manches, was besprochen wurde, verbuchte ich sofort in der Kategorie ,What happens in Vegas, stays in Vegas‘. Denn ein bisschen verstehe ich die Winzer, die in der Öffentlichkeit nur Geschichten vom perfekten Wein erzählen: die wahren Berichte von kleinen und großen Reparaturmaßnahmen verselbständigen sich im Zeitalter von Facebook zu leicht und mutieren zum veritablen Chemie-Unglück. Dass die Stumpfs vielfach auf Reinzuchthefen zurückgreifen, 2010 entsäuert haben oder bei nur 1000 produzierten GG-Flaschen den Ausstattungsrichtlinien des VDP nicht zu akzeptablen Kosten nachkommen können, sind sicher zitierfähige Anekdoten. Und dann gibt es da noch eine trinkbare: der Silvaner, der spontan vergoren aber leider nicht durchgehalten hat. Bei 12 Gramm Restzucker blieb er stehen. Also füllten ihn die Geschwister separat, nannten ihn ,Barfuß‘ und schickten Dirk Würtz eine Probeflasche. Der bekämpfte damit seinen Politfrust und machte eine schöne Geschichte für sein Blog draus. Die Stumpfs freuten sich über die positive Resonanz und ich über die Headline (ich schnorre nicht nur angebrochene Flaschen, sondern gelegentlich auch Überschriften). Der Barfuß festigte eine andere sich entwickelnde Erkenntnis bei mir: Halbtrocken und Holz geht auch – wenn ein Könner und/oder der Zufall am Werk ist.

Doch über allem schwebt der Mönchshof. Das ist große Kunst – ganz ohne Zufall.

Bickel-Stumpf, Mönchshof GG, Silvaner, 2012, Franken. In der Nase Eichenholz, Rauch, Quitte, Kräuter und Stroh. Am Gaumen zeigt der Wein Aromen von Nashi-Birne, ist würzig, kommt mit relativ viel Holz daher ohne buttrig zu sein. Der schönen Säure hat der Fass-Aufenthalt nicht geschadet. So erzeugt der Silvaner ein sehr volles aber nicht breites Mundgefühl mit Druck und Wucht aber trotzdem saftig. Etwas Gerbstoff, feine Mineralik, spürbarer aber passender Alkohol (13,5 %): das ist schon jetzt perfekte Balance, wenn man Holz mag und wenn nicht, deutet sich an, dass die Barrique-Noten nicht auf ewig die erste Geige spielen werden.

Alles Lüge!

Als ich in meinem letzten Artikel schrieb, in keinem anderen Anbaugebiet Deutschlands gäbe es so viele Winzer, von denen ich schon Gutes gehört aber noch nie etwas getrunken hätte, wie im Rheingau, entsprach das nicht den Tatsachen. Kurz vor Veröffentlichung des Posts fiel mir auf, dass diese Aussage eigentlich für Franken gilt. Bis dahin war’s ein Irrtum. Doch ich war faul, drückte den ‚Publish‘-Button und wurde zum Lügner. Ich war zu faul, mir eine neue Intro auszudenken. So bin ich halt.

Aber ich habe ein Gewissen! Noch am Abend ersteigerte ich bei ebay einen vernünftigen Riesling aus Franken, bezahlte sofort, erhielt die Sendung gestern, und trinke nun am zweiten Abend einen Wein, der es mir gestattet, meine Sünde zu beichten, denn in diesem Blog gibt es keinen Artikel ohne passenden Tropfen. Es ist mein erster Spitalwein (bei den Sauers bin ich auch noch blank) und er füllt eine Bildungslücke.

Die Schulterprägung auf der Flasche zeigt: Riesling nicht erst seit gestern

Bürgerspital zum Hl. Geist, Würzburger Stein ‚Hagemann‘, Riesling Großes Gewächs, 2005, Franken. In der Nase zeigt der Stein das Bukett eines in Würde gereiften trockenen Rieslings, dicht, voll, mit Würze, Aprikose, und einigen Kräutern aber ohne jede Firne. Das riecht ganz wundervoll und nur der im Hintergrund wabernde Alkohol verhindert frühen Jubelgesang. Auch am Gaumen ist er das Thema: der Alk.! 14% weist das Etikett aus. Aber der Stein ist einer der wenigen Rieslinge, die das wegstecken. Er ist sehr trocken (ich schmeckte nicht einmal die alkoholische Süße, die ich erwartet hatte), er ist vollmundig, ohne fett zu sein, was auch an einigen schönen Gerb- und Bitterstoffen liegt und er ist mineralisch, fest und extrem lang. Besonders fruchtig ist er nicht, aber das ist in meinen Augen eine Stärke. Alles, was in Richtung süße Frucht gegangen wäre, hätte den Wein mastig gemacht. So ist der Stein anders aber großartig.

So kann’s weitergehen in Franken.