Und plötzlich ging die Sonne auf

Weinproben werden überschätzt. Ich meine damit nicht nur die Ergebnisse (ich habe das Lied oft genug gesungen, dass sieben Minuten Zeit und fünf Zentiliter im Glas nicht reichen, um einem richtig guten Wein gerecht zu werden), auch das Vergnügen, dass eine Probe bereitet, wird in meinen Augen oft überhöht dargestellt. Denn neben dem schönen Erlebnis, sich an einem Abend einen Überblick über ein Weinthema erschmecken zu können, steht auch der Stress, zehn Mal, zwölf Mal oder gar noch öfter binnen kürzester Zeit etwas gehaltvolles über einen Wein sagen zu sollen. Besonders stressig wird es als Veranstalter, denn dann müssen Hirn und Sinne neben dem Weinsensorikprogramm auch noch den Subprozess ,Gastgeber‘ laufen lassen. Und das unter erschwerten zeitlichen Bedingungen: während die Gäste schon den nächsten Wein beschnuppern, steht man selbst noch mit dem Brotmesser in der Hand in der Küche.

Vor Jahren, als ich mich in Weinforen tummelte, in denen nach Proben die Teilnehmer ihre Notizen veröffentlichten, konnten solche Abende in echte Arbeit ausarten. Seitdem ich blogge, habe ich mir ein Stück Freiheit zurück erkämpft. Ich veröffentliche keine Notizen zu Weinen, die ich bloß probiert habe. Also schreibe ich nur noch wenig bei Proben – manchmal gar nichts. In meinem heimatlichen Weinkreis ist es üblich, dass alle Teilnehmer am Ende das Teilnehmerfeld nach Gefallen sortieren. Also notiere ich genau so viel, wie für die Erledigung dieser Aufgabe nötig ist. Wenn nach einer Probe noch so viel von einem Wein übrig bleibt, dass ich ein oder zwei Gläser davon trinken kann und der Wein seine Form über zwei Tage hält, gibt es hier im Blog eine Verkostungsnotiz.

Anfang dieser Woche veranstaltete ich eine Weinprobe mit 12 Spätburgundern des Jahrgangs 2005 aus Deutschland.  Große Namen waren dabei: Becker, Kuhn, Adeneuer und etliche andere Spitzenerzeuger. Die Probe begann sehr gut, die ersten Weine von Molitor und Salwey wussten zu gefallen. Dann fielen wir etwas in ein Loch, die Weine mundeten erst nicht so gut, dann kam ein Korkfehler ins Spiel und das Niveau blieb auch danach lediglich anständig. Die Gespräche schweiften ab, die Verkostung wurde etwas zäh. Doch bei Wein Nummer Zehn wurde es erst still und dann konzentrierte sich die Runde ganz ohne weitere Mahnungen des Gastgebers wieder auf die Probe. Die Sonne ging im Glas auf und der Wein sprach zu uns. So gab ich auch meine Zurückhaltung bezüglich des Schreibens auf und notierte, was der Wein diktierte. Beim elften Wein passierte das, was keiner zu hoffen gewagt hatte: er setze noch einen drauf – wenngleich ich zu denen gehörte, die beide Weine gleich stark sahen.

Beim Aufdecken dann die Überraschung, Wein Nummer Zehn war der günstigste im Feld, eine Auslese von Steinmetz. Mich hat das auch deswegen gefreut, weil ich vor einiger Zeit die Behauptung aufgestellt habe, dass die Spätburgunder Auslesen von Stefan Steinmetz es in einer landesweiten Blindprobe in das Feld der besten 50 Spätburgunder aus deutschen Landen schafften – wo sie dann mit 13€ einsame PLV-Sieger wären. Der Sieg ging an einen Wein von Ziereisen.

Da von beiden noch ein ,Viertele‘ übrig blieb, das ich am folgenden Abend einer ausführlichen Probe unterziehen konnte und sich dabei meine Notizen bestätigten hier also das Protokoll.

Günther Steinmetz, Spätburgunder Auslese trocken * Barrique, 2005, Mosel. In der Nase von allem etwas, was einen schönen Spätburgunder ausmacht, Frucht, Kräuter, Holz, Fleisch. Kirsche und Himbeere, Leder, Rauch, Speck und Rosmarin und wenn man 5 Minuten später die Nase wieder ins Glas hält, kommt ein Schwung neuer Eindrücke. Am Gaumen ist der Wein wunderbar balanciert: da ist noch deutliches Holz schmeckbar, aber nicht zu verbrannt oder rauchig; Tannin ist vorhanden und ,kratzt gerade richtig‘, die Säure trägt den Wein ohne zu dominieren und die Frucht ist verhalten süß. Im Vordergrund steht am ehesten Kräuter und Würze und die ernsthafte Art. Der Alkohol spielt nur die zweite Geige, 13,5 % sind genau richtig. Der Abgang ist sehr lang und etwas rauchig. Ganz wunderbarer Wein.

Ziereisen, Spätburgunder ,Jaspis‘ Alte Reben, 2005, Baden. In der Nase ebenfalls das ganze Paket, allerdings etwas fruchtiger mit viel süßer Himbeere – ich finde ihn dadurch einen Hauch weniger spannend. Am Gaumen macht der Jaspis Boden gut. Das Holz ist noch feiner, Frucht und Säure spielen noch etwas eleganter miteinander, die Noten von Blut, Rauch, Speck lassen Vorurteile vor Spätburgundern aus Deutschland verblassen. Der Abgang ist ebenfalls ewig lang und auch beim Jaspis liegt der Alkohol bei angenehmen 13,5 %.

Tagebuch eines Klassentreffens

Das war es also: das zweite Vinocamp Deutschland, für mich persönlich das erste, nachdem ich die Premiere aus beruflichen Gründen verpasst hatte. Gespannt war ich: auf die Menschen, auf die Fachhochschule Geisenheim, auf die Partylocation ,Winebank‘ und nicht zuletzt auf das Veranstaltungsprogramm.

Unbegründete Ängste

Ich hatte Manschetten vor dem VinoCamp, das sei deutlich gesagt. Wie Kollege Utecht bin ich auch ein reiner Weintourist. Ich habe beruflich nichts mit Wein zu tun. Um Abbitte zu leisten, hatte ich mich vorab als Organisator einer der nachmittäglichen Weinproben verpflichtet.

Soziale Weinverkostung
Tod durch Verdursten – eher kein Risiko in Geisenheim

So konnte ich wenigstens etwas beitragen und kam nicht nur zum Lauschen und Schnutentunken (sic!). Doch meine Angst war unbegründet. Selbst reine Hobbyblogger sind auf dem VinoCamp gern gesehen. Und aufgrund meines beruflichen Hintergrundes in Online-Marketing und -Anzeigenverkauf konnte ich am Sonntagmorgen spontan eine Session anbieten, die zwar nichts mit Wein zu tun hatte aber trotzdem positive Resonanz fand. Neben Wein geht es auf dem VinoCamp auch um (elektronische) Medien und digitale Trends. Die Kritik, dass dem Camp ein wenig Sinnlichkeit fehlt, ist vielleicht nicht unberechtigt.

Das Vorglühen

Ich kam bereits am Freitagnachmittag an, da ich mich als freiwilliger Helfer zum Aufbau gemeldet hatte. Als ich eine Stunde nach Beginn des Arbeitseinsatzes mit der Bahn in Geisenheim eintraf, war bereits alles erledigt, was für Freitag anstand. Zur Feier der erfolgreichen Vorbereitung gab es ein Glas eines 2010er Ersten Gewächses des Weinguts der Forschungsanstalt, Villa Monrepos. Sehr erfrischend.

Die informelle Zusammenkunft aller Frühangereisten im Restaurant Altes Rathaus (ein Restaurant mit allen drei Entdeckerweinen auf der Weinkarte) in Oestrich begann noch bei strahlendem Sonnenschein im Innenhof des gemütlichen Gemäuers mit einem Glas des brandneuen Rieslingsektes ,Z‘ vom Weingut Balthasar Ress, genau genommen war es ein immervolles Glas, denn neben Dirk Würtz zu sitzen, während er seine Weine ausschenkt, hat einen konstanten Füllstand im Glas zur Folge. Wie oft bei Zero Dosage Pricklern fand ich den Wein anfangs hart, um ihn mit jedem Schluck angenehmer und weicher zu finden. Guter Stoff.

Fass 161 war besonders gut
Definitiv ein verwackeltes Foto wert: Pfaffenberg Riesling Auslese trocken 2007

Im Laufe des Abends gab es noch viele gute Weine, wobei mein Hauptaugenmerk darauf lag, meinen persönlichen Füllstand niedrig zu halten, um am nächsten Tag fit für das Camp zu sein. Bemerkenswert waren die Fassproben aller vier Ersten Gewächse von Ress. Da wird für jeden was zum mögen und ablehnen dabei sein, so unterschiedlich sind sie. Am Abend mein Favorit: der Rottland.

Ebenfalls in guter Erinnerung blieben der Spätburgunder Cuvée Daniel von Georg Müller Stiftung (2009?) sowie der Riesling Pfaffenberg (2007, Auslese trocken Fass 161) von Schloss Schönborn, vor allem aber interessante Begegnungen und Gespräche mit Menschen, die eines eint: Weinbegeisterung.

Das Barcamp – Tag 1

Der Themenmost eines Barcamps vergärt überwiegend spontan. In einer eigenen Community bei mixxt gab es einen Gäransatz in Form einer Wunschliste aber die endgültige Planung eines Tages erfolgt morgens vor Ort. Eine Art Keynote gab es von Rémy Gresser, dem Vorsitzenden des Winzerverbandes Elsass. Er sprach in der Session ,Quo Vadis, Elsass?‘ ungewohnt offen über die Fehler seines Anbaugebietes in den letzten 30 Jahren. Das war sehr unterhaltsam, wenngleich es mit meinem Zugang zu und Umgang mit Wein wenig zu tun hat. Es ist bei einem Barcamp nicht wichtig, dass sich in jeder Session diejenigen zusammenfinden, die am meisten über ein Thema wissen oder den gleichen Zugang dazu haben. Über den Tellerrand zu schauen und zu hören, was andere umtreibt, macht auch viel Spass.

Natürlich gab es auch Themen, die mich kalt ließen. Aber dafür finden immer gleichzeitig mehrere Sessions statt. Und wenn alle Stricke reißen, macht man einfach mal Pause oder nutzt die Zeit, um eine eigene Session vorzubereiten. Im Foyer der Hochschule standen zudem Stände einiger Sponsoren, an denen man interessante bis sensationelle Weine probieren konnte. Sehr gut: ein 2007er Riesling Grand Cru von eben jenem Rémy Gresser sowie die gehobenen Qualitäten einer Madeira-Session des Sponsors ,Rindchens Weinkontor‘. Weitere Weine, die ich erinnern werde, waren Andreas Dursts interessante Spätburgunder Fassprobe (weit unter Wert geschlagen), sowie die Pinots von Eser und Tiefenbrunner aus meiner im letzten Artikel beschriebenen Probe.

Die Party

Menschen die Wein mögen
Die Dame von der Dachmarke und der Händler mit dem charmanten Akzent

Am Abend fand sich die bunte Schar von rund 150 Teilnehmern zu einer Party in der Winebank ein. ,Keine Angst vor altem Wein‘ war das Motto, und jeder Teilnehmer hatte eine Flasche dazu mitgebracht, die mindestens zehn Jahre auf dem Buckel hatte. Die hatte er oder sie bei der morgendlichen Anmeldung mit seinem Namen beklebt und abgegeben, um sie abends gegebenenfalls gekühlt und geöffnet in der Winebank wieder entgegennehmen zu können. Man kann den vielen fleißigen Helfern vom Orga-Team gar nicht genug für die perfekte Organisation danken.

Nachdem der Tag schon viel Wein mit sich gebracht hatte, schaffte ich noch einen Probeschluck aus ein paar Flaschen, bevor ich die Segel strich und mit einigen Gleichgeschädigten ein Reparaturbier in einem fiesen Irish Pub in Rüdesheim zu mir nahm. Zu viele hatten den Aufruf, einen alten Wein mitzubringen, zur Entsorgung von Kellerleichen genutzt – mein eigener von Othegraven 2001er Bockstein machte in meinen Augen keine Ausnahme. Echte Altweinliebhaber kamen auf ihre Kosten, alle anderen konnten sich ein für alle mal davon überzeugen, dass alter Wein nicht automatisch guter Wein ist.

Der zweite Tag

Diszipliniert erschien der Großteil der Teilnehmer auch am zweiten Tag pünktlich zum Camp. Für mich Höhepunkt des Sonntags war die Fehlerweinprobe mit im Geisenheimer Labor präparierten Weinen. Bereits die Kork-Station im Foyer, bei der sich jeder an seine persönliche TCA-Schmerzgrenze heranschmecken konnte, hatte mich begeistert. So etwas kann ich als Hobbyblogger nur beim VinoCamp genießen.

Nach dem gemeinsamen Aufräumen am Nachmittag ging es an das Verteilen überzähliger Weine und wer wollte, konnte mindestens so viele Flaschen wieder mit nach Hause nehmen, wie er mitgebracht hatte. Ich griff mir nur eine – und so gebar das tolle VinoCamp 2012 noch als letzte Premiere meine erste geschnorrte Flasche Wein:

Guter RoterGrenzhof Fiedler, Leithaberg DAC (Blaufränkisch, Mörbischer Goldberg), 2009, Burgenland. In der Nase und am Gaumen unmittelbar nach dem Öffnen erst mal fröhliche Konsenskirsche. Ich wähne mich in Italien, wo ich mich nicht so heimisch fühle. Doch schon mit wenig Luft kommt Zigarrentabak, Pflaume und etwas Holz dazu, wieder selten einmütig in der Nase und am Gaumen. Nach einer Stunde ist der Wein da, wo er vermutlich sein soll: sehr saftig mit ordentlich Säure, feines Holz, schöne Frucht. Ich mag die Struktur, weil er nicht so fett ist. Die Säure spielt die erste Geige. Ein Blaufränkisch für Spätburgunderliebhaber (gemacht von einem Cabernet-Trinker, aber das sei ihm verziehen). Der Abgang ist mittellang, der Alkohol (13,5%) unauffällig. Gefällt mir sehr gut – nicht nur, weil er ,für umme‘ ist.

Wenn Schimpansen Rotwein trinken

Deutscher Spätburgunder ist ein aufstrebender Stern am internationalen Weinhimmel. Dies ist zumindest der Eindruck, den Medien, Erzeuger und Händler unisono vermitteln. Und wie jeder Newcomer hat auch der Deutsche Spätburgunder mit Anfeindungen und Vorurteilen zu kämpfen. Dünn und überholzt, mit penetranten Aromen von Erdbeerkompott oder in der Säure zu robust – das sind drei gängige Gegenargumente der Anhänger traditioneller Pinots aus den einschlägigen Herkunftsländern.

Reise nach Jerusalem
Ort des Geschehens: Die Aula der FH Geisenheim

Befürworter und Gegner können diverse Blindverkostungen ins Feld führen, in denen sich wahlweise Deutsche oder Internationale Pinots erheblich besser schlagen als die jeweils andere Fraktion. Wie kann das sein, wo doch die Blindverkostung das unbestechliche Instrument der Wahrheitsfindung in Weinfragen sein soll?

Eine mögliche Antwort auf diese Frage wäre die Verkostervorliebe. Setzte man mir blind 5 gute Rieslinge und 5 ebenso gute Grauburgunder vor, gewännen die Rieslinge, weil mir die Sorte schlicht lieber ist. Sind Deutsche Pinot Noirs eventuell so eindeutig anders in der Stilistik als internationale Vertreter, dass es schlicht darauf ankommt, welchen Stil der jeweilige Verkoster bevorzugt?

Das herauszufinden hatte ich in meiner Weinprobe beim Vinocamp Deutschland vor. Gibt es eine typisch deutsche Note im Spätburgunder? Was, wenn man einer bunten Schar Weinbegeisterter Weine aus allen Ecken der Welt blind vorsetzt – wären Sie in der Lage, die Deutschen Vertreter zu erkennen?

Der Versuchsaufbau

Alle Teilnehmer hatten Weine mitgebracht. Das ergab die stattliche Zahl von 30 Flaschen, aus denen ich 18 auswählte, ohne den Teilnehmern die finale Zusammensetzung des Feldes mitzuteilen. Anschließend öffnete ich alle Weine, füllte zwei Kandidaten mit zu auffälligen Flaschenformen in leere Standardflaschen um und verhüllte die Flaschen. Dann ließ ich eine dritte Person die Flaschen mischen, um selber mitraten zu können. Jeder Tester war angehalten, sich für jeden Wein nach Verkostung ein D zu notieren, wenn er ihn für deutsch hielt, ein I für gefühlte internationale Herkunft. Dazu wollten wir noch auf simple Weise einen Sieger küren. Es galt daher auch, ein Urteil in Form eines Minus (schlechter Wein), einer Null (nicht der Rede Wert) oder eines bis dreier Plusse (gut, sehr gut, groß) zu notieren.

Wissenschaftlich belastbar ist das Ergebnis nicht. Dazu wussten die Teilnehmer zu viel über das, was da im Glas war. Vermutlich hätte man die Verkostertruppe durch verschiedene Parcours jagen müssen, in denen mal mehr, mal weniger und auch mal gar keine Pinots aus Deutschland versteckt sind, um eine belastbare Aussage zu erzielen. Doch sollte man das Ergebnis nicht vollständig trivialisieren.

Die Verkoster

Unter den Teilnehmern fanden sich drei gelernte und ein quereingestiegener Winzer, sowie einige Semiprofis aus Handel und Gastronomie. Die große Mehrheit der Verkoster bezeichnete sich selbst als Spätburgunderliebhaber. Überzeugte Anhänger speziell einheimischer Gewächse waren nur wenige.

Die Weine

Sieben Weine aus Deutschland, elf aus allen Ecken der Welt hatte ich zusammengestellt. Zwei der Weine stammten von teilnehmenden Winzern. Einer war eine Fassprobe, was vielleicht eine kleine Unsauberkeit im Versuchsaufbau war. Die ältesten stammten aus 2005. Preislich waren ausgerechnet die beiden Weine, die das Teilnehmerfeld am meisten beeindruckten auch die günstigsten mit 12€ und 13€. Die teuersten lagen um 35€. Die höchste Quote an richtigen Zuordnungen hatte der Wein, der auch am besten gefiel. Er stammt aus Deutschland.

Rang Erzeuger, Name/Lage, Jahr, Gebiet Herkunft Treffer Wertungs

punkte

1 Burggarten, Spätburgunder Signatur 2009, Ahr D 81,25 % 22
2 August Eser, Mittelheimer St. Nikolaus, Spätburgunder Barrique, 2008 D 56,25 % 21
3 Schubert, Pinot Noir Block B, 2010, Neuseeland I 37,50 % 20
4 Kusterer, Spätburgunder, 2007, Württemberg D 56,25 % 18
5 von der Mark, Pinot Noir ,Hey Jude‘, 2009, Baden D 43,75 % 17
5 Tiefenbrunner, Pinot Nero, Linie Turmhof, 2008, Südtirol I 37,50 % 17
7 Stodden, Recher Herrenberg Spätburgunder unfiltriert, 2007, Ahr D 50,00 % 15
8 Staatskellerei Zürich, Pankraz Pinot Noir Prestige Barrique, 2008, Schweiz I 56,25 % 13
9 Markowitsch, Pinot Noir Reserve, 2005, Österreich I 56,25 % 12
10 Thierry Violot- Guillemard, Pommard Premier Cru, Clos Blanc, 2005, Burgund I 62,50 % 11
11 Dornach, XX, Pinot Nero, IGT Dolomiti, Italien I 37,50 % 10
12 Scott, Pinot Noir Arroyo Seco, 2008, Kalifornien I 56,25 % 9
12 Huber, Spätburgunder Junge Reben, 2005, Baden D 62,50 % 9
14 Dom. Martin, Clos du Roi, Beaune 1er Cru, 2009, Burgund I 81,25 % 8
15 Durst, Handle With Care, 2010 (Fassprobe), Pfalz, Deutschland D 75,00 % 7
16 Schug, Pinot Noir Carneros, 2009, Kalifornien I 43,75 % 6
17 Neumeister, Pinot Noir, 2005, Österreich I 50,00 % 4
17 Thibault Liger- Belair, „les grands chaillots“, 2009, Burgund I 62,50 % 4
 Schnitt 55,90 %

Das Ergebnis

Würde man eine Gruppe von 16 Schimpansen abrichten, Weine zu probieren und anschließend eine von zwei Kärtchen mit einem D oder I darauf hochzuhalten, wäre der Erwartungswert, dass die Schimpansen in 50% der Fälle richtig lägen. Das galt es zu schlagen. Wir haben eine durchschnittliche Trefferquote von 56% erzielt. Das ist ob der kleinen Fallzahl keine aussagekräftige Abweichung.

Zwei mögliche Ergebnisse stehen zur Auswahl: Entweder es gibt gar keinen typisch deutschen Ton im Spätburgunder oder wir sind alle nur Schimpansen…

Wie legt man einen Weinkeller an? (3)

Sechs Jahre ist es her, dass ich anfing, mir einen eigenen Weinkeller einzurichten. Und es wird Zeit einzugestehen, dass ich genügend Unsinn bei der Anlage gemacht habe, dass man durch bloßes Vermeiden meiner Fehler einen prima Keller hinbekommen sollte.

Wie schon beschrieben, hat mich mein anfangs leerer Keller mit akuter Flaschensehnsucht infiziert, weswegen ich viel zu schnell viel zu viel Wein eingelagert habe, damit ich nicht so allein bin. Neben dem im letzten Teil beweinten Fehler, zu viele Flaschen des gleichen Weines gekauft zu haben, machte ich mir noch eine weitere Technik zu eigen, die einen suboptimalen Flaschenmix zur Folge hatte: die Groupie-Methode. Die geht ganz einfach: kaufen, was irgendwo positiv besprochen wird.

Im Artikel zu Knipsers Kirschgarten GG gab ich zu Protokoll, dass ich mir heute bewusst bin, dass Weinwettbewerbe keine absolute Wahrheit darstellen. Doch vor einigen Jahren war ich noch der Ansicht, dass alles, was in größeren Wettbewerben sehr gut abschneidet auch sehr gut sein muss. Insbesondere die Zeitschrift Weinwelt, die gefühlt in jeder Ausgabe zweieinhalb Wettbewerbe beschreibt, war mir ein steter Quell für Einkaufslisten. Richtig schlechten Wein habe ich dadurch nicht erworben. Aber ein Kabinett eines mittelmäßigen Erzeugers aus einer mittelmäßigen Lage gewinnt einen Wettbewerb nicht, weil er der plötzliche große Wurf des Winzers ist, sondern meist weil kein Kabinett eines großartigen Erzeugers aus großartiger Lage im Wettbewerb vertreten war.

Es dauerte nicht lange und ich hatte das verinnerlicht. Doch da hatte ich schon einiges im Keller von Winzern aus der zweiten und dritten Reihe wie Kaßner-Simon oder Borell-Diel, Weine aus Lagen wie der Klingenmünsterer Maria Magdalena oder der Hainfelder Kapelle – alles gut trinkbar aber nicht unbedingt meine Favoriten. Außerdem führte das Anhäufen von Wettbewerbssiegern zu einem merkwürdigen Patchwork-Keller anstatt zu einer strukturierten Weinauswahl, in deren Mittelpunkt mein eigener Geschmack stand. Noch heute stolpere ich gelegentlich über solche Patchwork-Weine, wenn ich mir einen Riesling aus dem Keller hole.

Hofmann, ‚Hundertgulden‘ Riesling trocken, 2007, Rheinhessen. In der Nase fruchtig mit Aprikose aber auch etwas seifig mit einer Überdosis Aloe Vera. Am Gaumen immer noch recht frisch (eine erste Notiz zu diesem Wein findet sich hier) aber mit eher zahmer Säure. Der Riesling ist voll, etwas cremig, zeigt viel süße Aprikose und eine leichte Mineralik. Dabei ist er druckvoll und der Alkohol spürbar aber mit 13% im erträglichen Rahmen. Der sehr lange Abgang ist mineralisch und etwas malzig. Hoffmanns Hundertgulden sei Deutschlands zweitbester Riesling aus dem großartigen Jahr 2007, legte ein Wettbewerb einmal nahe. Das ist eine schwere Hypothek, denn davon ist der eigentlich hervorragende Wein Lichtjahre entfernt.

In eine einfache Regel gegossen, rate ich allen, die sich einen Weinkeller einrichten wollen: Es gibt viele gute Gründe, einen Wein zu kaufen. Eigene Erfahrung, Proben, Kenntnis des Erzeugers und Empfehlungen von Freunden, deren Geschmack man kennt und teilt sind die besten. Wettbewerbsergebnisse sollten die Ausnahme bilden.

Erwischt…

Ich schrieb es schon verschiedentlich: erstens macht Thanisch wunderbar altmodische/klassische Moselrieslinge, also schlank, aus nicht zu reifem Material und eher rassig als cremig und zweitens halte ich die Spätlese feinherb für seinen besten, neudeutsch ,Signature-‘, Wein. Dass die bei mir selten älter als ein Jahr wird, liegt an meiner sehr viel besseren Hälfte. Deswegen hatte ich ein Exemplar des Rieslings versteckt. Er sollte reifen. Dieser Tage hat meine Frau ihn gefunden. Also jetzt schon nach nur fünf Jahren:

Lieserer Niederberg HeldenThanisch (Ludwig Thanisch & Sohn), Lieserer Niederberg Helden, Riesling Spätlese feinherb, 2007, Mosel. In der Nase immer noch Hefe und ein leichter Stinker aber vor allem viel reife Frucht (Aprikose und Grapefruit) sowie etwas Aloe Vera. Am Gaumen zeigt sich die einst rassige Säure etwas gebändigt. Der Wein wirkt voller als früher. Aromen von Grapefruit und Apfel werden durch erste würzige Reifenoten ergänzt, ohne dass man dem Wein schon Alter attestieren möchte. Die bei Thanisch nicht unüblichen Bitter- und Gerbstoffe, feine Mineralik und sogar noch etwas Gärkohlensäure spielen mit dem dezenten Restzucker. Der Wein ist auf der Schwelle zum komplexen, gereiften feinherben Moselriesling, wie ich ihn von Molitor oder Löwenstein so liebe. Die Gerbstoffe sind manchmal ein bisschen zu deutlich wahrnehmbar und der Abgang könnte länger sein – sonst gibt es nichts zu meckern. Ausgesprochen guter Wein (für nicht mal zehn Euro).