Ortswein Steiermark

So geht Ortswein !?!

Als eines der letzten Anbaugebiete Österreichs hat sich die Steiermark zu einem DAC-Statut durchgerungen. Dafür haben die Steirer als erste Alpenländer darin einen Ortswein verankert. Und den haben sie revolutionär angelegt.

Die Steiermark hat sich ein DAC-System gegeben. Dabei haben die Steirer einiges anders gemacht als die Kollegen in anderen Anbaugebieten und erkennbar aus deren Fehlern gelernt. Beispielsweise haben die Winzer der Steiermark eine Möglichkeit, Weine außerhalb des DAC-Systems zu füllen ohne ihre Identität aufgeben zu müssen. Der Begriff ‚Steiermark‘ allein taucht im DAC-System nämlich nicht auf und bleibt damit als Rückzugsbegriff. DAC-Weine tragen je nach genauer Herkunft nun die Bezeichnung ‚Südsteiermark DAC‘, ‚Vulkanland Steiermark DAC‘ oder ‚Weststeiermark DAC‘. Für die mit dem Statut nicht vereinbaren Weine bleibt als generischer Herkunftsbegriff ‚Qualitätswein Steiermark‘. So vermeiden die Steirer das, was im Weinviertel für andauernden Unmut sorgt: Weil dort die DAC-Veltliner den Begriff ‚Weinviertel‘ belegen, bleibt allen anderen Weinen nur die Herkunftsbezeichnung ‚Niederösterreich‘ – womit außerhalb Österreichs niemand etwas Besonderes assoziiert.

Ortswein Steiermark: eigenes Profil

Bei den Ortsweinen schließlich wählten die Steirer einen – wie ich finde – sehr gelungener Ansatz: Jeder Ort pflegt einerseits den Sauvignon-Blanc als steirische Leitsorte und setzt zum anderen auf eine Ortstypische Rebsorte. Ort ist dabei eher als Region, denn als Dorf zu verstehen. Also gibt es aus dem Sausaltal unter der Ortsbezeichnung Kitzeck-Sasusal einerseits Sauvignon Blanc, andererseits Riesling. Aus Gamlitz kommen Muskateller, aus Ehrenhausen Morillon (Chardonnay) und so weiter. Die Liste findet sich am Ende des Artikels.

Präsentation auf Schloss Kapfenstein

Ich hatte in den letzten Wochen gleich zwei Mal die Gelegenheit, die Steiermark zu besuchen und Ortsweine nach dem neuen Statut zu verkosten. Was ich ins Glas bekam, hat mir sehr viel Spaß gemacht. Daher anbei ein paar Kurznotizen. Ende Mai starteten wir auf Schloss Kapfenstein mit neun Sauvignon Blancs, drei davon aus 2017: Tements Ortswein aus Ehrenhausen war extrem würzig – SB mit einem Touch Brühwürfel. Am Gaumen angenehm zackig und dann kam süße Frucht, sehr typisch, fester Kern, tolle Phenolik im langen Abgang. Wundervoll. Der Eichberg vom Sattlerhof ebenfalls zackig, dann aber schlanker als Tement; druckvoll, Abteilung Attacke, gefiel mir gut. Erwin Sabathis Leutschach erschien mir sehr typisch, kräftig, vollmundig. Wenn die Säure etwas akzentuierter gewesen wäre, wäre ich begeistert, so immerhin sehr schön. Bei den 2018ern war große Vielfalt am Start. Lackner-Tinachers Gamlitz zeigte eine unaufdringliche, aber typische Nase, war etwas verschlossen am Gaumen, eher kreidig-karg, und definitiv zu jung – müsste man über ein paar Tage beobachten. Auch der Gastgeber gab mir ein paar Rätsel auf: Winkler-Hermadens Kapfenstein mit leicht würziger Nase, erinnert eher an Viognier; am Gaumen zunächst klar und saftig, die Frucht ist dann aber etwas maskiert und eine deutliche BSA-Note übertönt den Wein. Der Winzer sagt, das verzieht sich, wenn ja, sollte das noch sehr schön werden, weil die Struktur und Wucht interessant wirkt. Einfacher zu beurteilen war Schauers Kitzeck-Sausal: typische, leicht verhaltene Nase, etwas Gerbstoff, kräftige Säure, saftig und leicht schmelzig, ganz viel Frucht, Apfel und Cassis, das Frucht-Säure-Spiel steht im Vordergrund, sehr schön. Frauwallners Straden dann wunderbar: leichter Feuerstein, sortentypische Nase mit eher wenig Frucht (Stachelbeere), am Gaumen sehr balanciert: mittlere Säure, feiner Schmelz, dezent süße Frucht und ein kleiner Tick grasig. Da ist für jeden SB-Fan was dabei! Langmanns Stainz bot eine typische, eher laute Nase, war am Gaumen spritzig, viel Frucht, dann ein bisschen Molke, im Abgang pfeffrig, sehr schön. Elsneggs Gamlitz sehr klassisch, trocken, spritzig, aber auch ein bisschen einfach.

Sausal-Kitzeck und der Riesling

Immer wieder erstaunlich, dass selbst hauptberuflich mit Wein befasste Journalisten bass erstaunt sind, wenn sie ihren ersten Sausal-Riesling ins Glas bekommen. Wenn der dann auch noch von Gerhard Wohlmuth stammt, werden die Augen richtig groß. Bei seinem Sausal-Kitzeck Riesling 2018 erscheint mir in der Kurzprobe die Nase etwas untypisch, weist in Richtung Traminer/Muskateller. Aber am Gaumen ist das ganz typischer Riesling von dem, der das in der Steiermark kann wie kein Zweiter: feine Frucht, relativ druckvoll, gutes Spiel und leicht mineralischer Abgang, noch zu jung aber mit deutlich Potential. Gross’ Gamlitz Muskateller 2017: ganz typische Nase, ganz typisch am Gaumen, aber nicht einfach nur Zechwein, sondern mit dem Plus an Tiefe und Komplexität, das ich von einem Ortswein erwarten würde. Erich und Walter Polz entlocken mir mit ihrem 2017 Leutschach Chardonnay dann ein dickes Wow! Das hat Zug, angenehme Frische und doch auch Schmelz und Druck. Ein im besten Sinne mittelgewichtiger Chardonnay ohne schmeckbares Neuholz.

Ziemlich exakt vier Wochen später durfte ich dann im Rahmen des Weincamp Steiermark – über das ich noch berichten werde – eine zweite Ortsweinprobe bestreiten. Einige Weine waren zum zweiten Mal dabei und bestätigten meine ersten Eindrücke, außer Lackner-Tinachers Gamlitz, der sich völlig anders, aber weiterhin schwer fassbar zeigte. Der Wein entzieht sich derzeit jeder Kurzprobe. Erstmals im Glas hatte ich den 2018er Gamlitz Sauvignon Blanc von Pongratz/Kranachberg und der zeigte vor allem kräftige Säure. Walter Skoffs Eichberg aus gleichem Jahr und Rebsorte war leicht würzig und schmelzig, vor allem aber von strahlender Frucht dominiert – gut. Neumeisters Straden Grauburgunder 2018 war frisch, zitrisch, dann erst sortentypisch speckig und in dieser Kombi sehr spannend! ‚Finde ich sehr spannend!‘ notierte ich mir auch zu Wolfgang Maitz’ Ehrenhausen 2017 Morillon. Kräftige Säure, expressive Aromatik, Holz eher riech- als schmeckbar – hätte ich gerne mal länger im Glas. Weingut Müller Klöch ‚Eruption‘ beschloss das Feld mit einem eher strengen, sortentypischen Klöch Gewürztraminer mit 10 Gramm Restzucker – bemerkenswert, aber nicht ganz mein Beuteschema.

Verkostung Ortswein Steiermark DAC

Pferdefuß im Gesetzestext

Eine fantastische Premiere, und doch gibt es einen Pferdefuß. Die Geschichte, die die Winzer erzählen ist perfekt: Riedenweine aus der Gebiets-Leitsorte, Ortsweine aus der Gebiets- und einer örtlichen Leitsorte und Gutsweine aus den acht wichtigen Weißweinsorten Riesling, Welschriesling, Weiß- und Grauburgunder, Sauvignon Blanc, Chardonnay (Morillon), Muskateller und Traminer, sowie – ausschließlich in der Weststeiermark und nur als Schilcher ausgebaut – dem blauen Wildbacher. Auch Cuvées aus den zugelassenen Weißweinsorten sind gestattet.

Der Polz’sche Chardonnay Ortswein aus Leutschach – wo eigentlich Muskateller angesagt ist – zeigt jedoch den Geburtsfehler des neuen DAC-Systems: Das Gesetzt erlaubt alle acht Rebsorten in allen Qualitätsstufen in allen DAC-Gebieten. Schon im Premierenjahr gibt es Ausnahmen (Auch E. Sabathi macht einen Chardonnay aus Leutschach) Theoretisch kann also ein Kitzecker Winzer einen mittelmäßigen Rieden-Grauburgunder aus dem Sausal als seinen Spitzenwein mit DAC-Siegel auf den Markt bringen. Die Steirischen Winzer setzen darauf, dass keiner ausschert und berufen sich auf ihre bemerkenswerte Geschlossenheit in der jüngeren Vergangenheit. Es ist ihnen zu wünschen, dass das gut geht, oder der Gesetzgeber noch einmal nachbessert. Denn dass da eine Erfolgsgeschichte entstehen kann, haben die ersten Weine deutlich gezeigt.

OrtRebsorte (neben Sauvignon Blanc)
Südsteiermark
Kitzeck-SausalRiesling
EichbergGelber Muskateller
GamlitzGelber Muskateller
EhrenhausenMorillon
LeutschachGelber Muskateller
Vulkanland Steiermark
Oststeiermark Weissburgunder
RiegersburgWeissburgunder
KapfensteinWeissburgunder
St. PeterWeissburgunder
StradenGrauburgunder
TieschenBurgundercuvée (weiß)
St. AnnaWeissburgunder
KlöchTraminer (trocken und halbtrocken)
Weststeiermark
LigistSchilcher (Blauer Wildbacher)
StainzSchilcher (Blauer Wildbacher)
DeutschlandsbergSchilcher (Blauer Wildbacher)
EibiswaldSchilcher (Blauer Wildbacher)

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