Die Jahrgangspräsentation des VDP-Franken war ein Spaziergang. Wenn der Stoff gut ist, verkostet er sich bekanntlich von alleine.
Am 10. Mai hatte ich die Ehre und das Vergnügen einer Einladung von Robert Haller folgen zu dürfen. Der scheidende Gutsdirektor des Bürgerspitals und Vorsitzende des VDP-Franken lud zu einer gemeinsamen Spurensuche, die Chez Matze ganz wunderbar beschrieben hat. Ich verarbeite das Erlebte noch vor dem Hintergrund unserer jüngsten Terroirdiskussion im Podcast und werde ebendort ein bisschen erzählen.
Der Termin war indes so glücklich gewählt, dass ich am nächsten Tag noch die Jahrgangspräsentation des VDP-Franken besuchen konnte. Etwas unter Zeitdruck stehend kostete ich mich einmal schnell durch die Halle. Das Fazit bezüglich des neuen Jahrgangs lautet für mich: Da ist viel guter Stoff dabei. Aber das ist eine Wertung auf kleiner Basis, denn auch in Würzburg standen viele 23er Silvaner und Rieslinge und 22er Spätburgunder und Chardonnay zur Verkostung an – teilweise sicher auch, weil die Winzer es mit der Füllung nicht eilig haben, solange noch so viel guter Wein aus früheren Jahren zum Verkauf steht. Von diesen Weinen habe ich nicht alle probiert, aber was ich im Glas hatte, präsentierte sich mehrheitlich gut entwickelt. Ein paar Favoriten der Veranstaltung seien hier empfohlen.
VDP Franken 24 – gute Weine!
Den Anfang machten Höflers aus Michelbach, die nur 23er am Start hatten. Der Riesling Steinberg Erste Lage (EL) ist hell, blumig, furztrocken und straight. Yeah! Auch straff, aber würzig statt hell präsentierte sich der ‚Urgestein‘ Silvaner. Bei Steintal fand ich im 22er Klingenberger Alte Reben Ortswein vom Spätburgunder eine betörende Mischung von süßer Kirsche und viel Grip. Das hat Potenzial und ist schon jetzt wunderbar. Viel süße Frucht auch beim Bürgstadter Berg EL 2023 von Fürst, eingefangen von rohem Fleisch und Säurebiss, sensationell. Bei May gab es gute Getränke! Der Retzstadter Ortssilvaner startet expressiv fruchtig und biegt dann ab in die Würzgasse mit herzhaftem Fleischbrühe-Touch – ganz seriöser Tischwein. Der Schäfer Reserve Silvaner 23 ist ein großer Wein: Holz und Säure in perfekter Umarmung. Eigentlich ziemlich toll, aber dagegen chancenlos ist der 23er Chardonnay Alte Reben.
Scheu vibrierend und Weißburgunder schmelzig, Ortsweinqualität von atemberaubender Konstanz – wir sind bei Schwab angekommen. Den beiden Thüngersheimern steht ein passender Silvaner zur Seite, klassisches Geschmacksbild, rund, aus einem Guss. Etwas fruchtiger, aber mit feinem Biss im Abgang zeigte sich der Würzburger Silvaner vom Bürgerspital. Die 23er Silvaner EL aus der Inneren Leiste fand ich dann zum Niederknien: saftiger Start mit toller Frucht, eingehegt von schöner Säure und übergehend in einen leicht würzigen Abgang. Da braucht man kein GG mehr (auch wenn die gezeigte 23er Stein-Harfe toll war). Wieder Leiste, aber 24er Jahrgang und deswegen noch etwas Hefe-geprägt: Die Version des Staatlichen Hofkellers bietet feine Zitrusfrucht und gute Spannung. Vielversprechend. Beim Stein Grauburgunder fand ich interessante Würznoten, aber das war noch eine Fassprobe. Das Juliusspital schaffte es schließlich mit zwei 24ern auf die Shortlist: Der Riesling EL aus dem Würzburger Stein ist noch etwas verschlossen, zeigt aber schon eine attraktive Frucht mit feiner Spannung. Der ‚Standpunkt Muschelkalk‘ Würzburger Ortswein vom Weißburgunder startet 08/15 und entwickelt dann enorme würzige Tiefe. Interessant zu beobachten.
Ein paar Meter nebenan gewachsen ist der Weißburgunder von Knoll/Am Stein. Süße Frucht und würzige Tiefe, präsentiert in wohliger Textur und lang ausklingend: ganz stark. Bei den Arnolds (Weingut Wilhelm Arnold) fand ich den 24er Randersacker Ortsriesling Alte Reben ‚besonders lecker‘ (steht so in der Liste) – viel Frucht und schon jetzt ein leichter Würzton. Bei Schmitt’s Kinder zeigt der 23er Randersacker Spielberg Riesling EL eine süße Zitrusfrucht, die dem Wein ganz viel Leben einhaucht. Mochte ich sehr. Der Sonnenstuhl Spätburgunder EL ‚Tradition‘ zeigt mit seiner knackigen Frucht und feinen Säure großartige Anlagen, muss aber noch ein paar Jahre in den Keller, damit sich die etwas störende Kokos-Note verdünnisiert.
Spontan und ehrlich
Neben ‚besonders lecker‘ schreibe ich auch manchmal kleine Liebeserklärungen in meine Verkostungslisten. Zum Beispiel: ‚Oh, das ist gelungen! Sehr typisch, nicht zu laut, gut’ – Adressat dieser kleinen Ode war der Randersacker Sauvignon Blanc Ortswein 2024 von Störrlein Krenig. Bei Zehnthof Luckert gibt es keinen Gutswein und zum Sulzfelder Silvaner trocken fällt mir spontan ein: ‚Don’t call it Basis!‘ Etwas verschlossen, aber schon mit der Andeutung großer Tiefe. Der Gelbkalk EL vereint süße Frucht mit Schmelz und darunter liegender Substanz. 2024 wird hier ein Jahrgang der Freude.
Michael Fröhlichs 24er Escherndorfer Silvaner ist eher fruchtbetont, aber nicht banal, weil mit würziger Länge. Auch Horst Sauers Pendant ist lecker im besten Sinne. Der Lump EL Silvaner ist auch eher fruchtig, eingefangen von passender Säure, gut. Schäffers Lump (aus 22) ist trocken, tief, seriös und ebenfalls gut. Der Müller-Thurgau 2024 ist wunderbar. Rainer Sauers 23er Lump EL ist gelbfruchtig und sehr würzig (Silvaner) beziehungsweise auf fruchtige Art kompakt (Riesling) und beide Male harmonisch.
Glaser-Himmelstoss’ Scheurebe hat so viel Zisch, dass ich ‚Hui!‘ in mein Büchlein schreibe und das ist kein Ausdruck des Schreckens. Mag ich. Der Dettelbacher Grauburgunder ist bissig, was bekanntlich die einzige Art ist, wie diese Sorte mein Herz erobern kann. Dettelbacher Berg-Rondell Silvaner vereint Tiefe und vibrierende Leichtigkeit (alle 2024). Max Müller I macht eine Scheurebe, bei der ich mich in der ausladenden Nase verlieren mag. Ich traue mich wieder, ‚lecker‘ ins Büchlein zu schreiben, was bei Scheu immer ein Lob ist. Der Silvaner ‚Vom Kalkfels‘ 2024 ist bärenstark, weil die Textur vor allem zum Abgang hin zwischen kreidig und schmelzig changiert, während die Aromatik hell und vibrierend wirkt – oh wow. Der ‚Eigenart‘ hat (mal wieder) grandioses Holz. Beim Weingut Schwane (24er) ist der Weißburgunder gleichzeitig streng und bunt – schräge Mischung und probierenswert. Der Volkacher Silvaner ist leicht erdig und baut damit geheimnisvolle Spannung auf.
Ist ein bisschen langweilig, aber Wirschings Scheu (Kronsberg EL 23) ist mal wieder einsame Klasse. Habe ich runtergeschluckt (als einzigen Probeschluck der Veranstaltung). ‚Sehr typisch, etwas bunt, aber sehr schön‘ lautet die Notiz zu Weltners 24er Rödelsee Sauvignon Blanc. Beim Geschwisterkind vom Silvaner bin ich wenig kreativ: ‚Alles drin und dran, Wohlfühlwein‘. Bei Castell hat der 24er Gutswein vom Silvaner bei aller Leichtigkeit einen feinen Gerbstoff. Gut. Der 23er Silvaner Ortswein ist angenehm leise in der trotzdem dichten Frucht, dann fest. Sehr gut. Und der 22er Kugelspiel Silvaner EL bietet eine Kombination aus erster Reife, einer eher weichen, aber nicht diffusen Frucht und noch fester Phenolik. Besonders gut. Schlossberg Silvaner GG 2019 war dann der würdige letzte Schluck. Das hat große Klasse.
Abseits des VDP empfehle ich dir mal bei Leipold in Volkach reinzuschmecken
Danke, werde ich mir merken.