Best-of-Gold Siegerpaket

Die Überprüfung des Stellvertreters

COVID bringt vieles durcheinander, vor allem Zeitpläne. So kam es, dass die fränkische Prämierung ‚Best of Gold‘ dieses Jahr in die Berliner Sommerferien verschoben werden musste. Zum ersten Mal seit langer Zeit konnte ich nicht teilnehmen. Also schickte ich einen Stellvertreter. Dessen Arbeit galt es jetzt zu bewerten. Er hat seine Sache ordentlich gemacht.

2016 hatte mich der fränkische Weinbauverband erstmals gefragt, ob ich Lust hätte als Juror bei Best of Gold teilzunehmen. Seitdem war ich jedes Jahr vor Ort beim Wettbewerb. Zum einen ist er eine Art Klassentreffen, die große Mehrzahl der Mit-Juroren sind Sommeliers und Autoren, denen ich schon in anderem Zusammenhang begegnet bin, zum anderen ist er Inspiration vieler Geschichten. Einen Artikel über den Wettbewerb, ein Video dazu, ein Podcast-Loblied auf den BüSpi-Chardonnay im Speziellen oder Richard Östreicher im Allgemeinen und immer wieder Updates aus Franken – der Ausflug zu Best of Gold ist für mich eine wertvolle Quelle.

Deswegen war ich tatsächlich traurig passen zu müssen. Beim gemeinsamen Abendessen in Würzburg heckten dann aber Franken-Kommunikator Andreas Göpfert und ich aus, dass erstens Podcast-Partner Sascha meinen Platz einnehmen sollte und ich zweitens hinterher das Siegerpaket erhalten würde. So sollte ich mir ein Bild machen, ob ich denn würdig vertreten wurde (ich hoffe meine Leser verfügen über einen Rest Ironieverständnis, sonst: Zwinkersmiley).

Best-of-Gold-Siegerpaket: 10 Sieger

Beim Auspacken des Paketes dachte ich: ‚Das ist von der Papierform her vielleicht das spektakulärste, zumindest aber spannendste Siegerfeld der letzten sechs Jahre. Sieht aus, als hätte ich richtig was verpasst.’ Gespannt probierte ich mich durch die Siegerweine: 

1. Rotwein, Burgundersorten

2015 Bürgstadter Centgrafenberg Frühburgunder J Qualitätswein, Weingut Josef Walter, Bürgstadt. Centgrafenberg Frühburgunder, da gibt es einen Benchmark… An den (Weingut Fürst) kommt dieser Wein nicht ran, dazu ist das Holz zu kokosnussig und die Frucht etwas zu laut, aber das Niveau ist hoch, die leicht fleischige Art und markante Säure tragen den Wein und lassen mich glauben, dass die Reise für diesen Frühburgunder noch eine Weile weitergeht.

2. Rotwein, andere Sorten

Heller Berg Blaufränkisch Roth

Nicole Roth hat in dieser Kategorie fast schon ein Erbrecht. Allenfalls das Bürgerspital mit seinem Blaufränkisch R (dieses Jahr zweitplatziert) kann da mithalten. Einen Roth-Sieger hatten wir auch hier im Podcast.

2018 Wiesenbronner Heller Berg Blaufränkisch G Qualitätswein, Weingut Roth, Wiesenbronn. Der Wein schmeckt noch sehr jung. Süß, fruchtig, viel Holzaroma, weiches Tannin, aber die Struktur ist da: tragende Säure, tiefe Teer-Note im Abgang, sehr viel Potential, aber ich habe von Roth auch schon Größeres getrunken.

3. Silvaner fränkisch trocken bis 12,5 Vol %

2020 Iphöfer Kronsberg Silvaner VST Qualitätswein, Weingut Popp, Iphofen. Noch so ein Seriensieger, dessen großartige Weine mir vermutlich bis heute unbekannt wären, hätte ich mich nicht damals in mein Franken-Abenteuer gestürzt. In der Nase auf der etwas fruchtigeren Seite mit mehr Birne als Apfel und mehr Blumenwiese als Heuboden, aber noch silvaner-typisch. Im Mund zündet dann ein kleiner Gesteinsturbo, den ich nicht erwartet hätte. Viel weniger Frucht am Gaumen als vielmehr kalkig-kräutrige Ernsthaftigkeit – aromatisch, nicht strukturell, denn da ist er leicht und vibrierend. Das ist ein ganz gefährlicher Wein, weil man sich das mit Macht einflößen möchte. Stimmiger Leichtwein mit Tiefgang, großartig.

4. Weißwein, alle weiteren Weißweinsorten bis 12,5 Vol % 

2019 Eibelstadter Kapellenberg Müller-Thurgau Kabinett, Weingut Max Markert, Eibelstadt. Ein Müller-Thurgau auf Platz eins und ein Winzer, der einen 2019er MT anstellt: das macht mich neugierig. In der Nase hätte ich auf Silvaner getippt, weil Muskat fehlt. Das hat mehr Heuboden als der Wein von Popp. Am Gaumen erst angenehm fruchtig, dann wird es sehr vegetabil und anschließend rauchig mineralisch. Keineswegs typisch, aber großartig. Was gäb’ ich drum, dass zehn französischen Sommeliers in die Blindprobe zu schmuggeln. Die würden vermutlich keine Minute daran zweifeln, es mit einer gekonnten Cuvée eines berühmten Loire-Weinguts zu tun zu haben

5. Silvaner Premium über 12,5 % Vol., trocken

2008 Iphöfer-Julius-Echter-Berg Silvaner Selection, Weingut & Winzerhof Emmerich, Iphofen. Das ist die Kategorie der Großen Gewächse und ersten Lagen und hier räumen recht regelmäßig die Mitglieder des VDP ab. Die seit langer Zeit mal wieder teilnehmenden Geschwister vom Weingut Bickel-Stumpf mussten sich allerdings knapp geschlagen geben. Ich weiß, wie gut das 17er Kapellenberg GG ist, deswegen war ich entsprechend gespannt. Der Wein ist (erwartbar) deutlich gereift, die Frucht kandiert, schon in Richtung Honigmelone gehend, die Mineralik ist rauchig und tief. Ich find ihn recht üppig, auch wenn der Wein nur 13 Prozent Alkohol hat und das Jahr gar nicht so warm war. Ich habe eine ganze Flasche für mich alleine und bin nicht versucht, sie leer zu machen. Aber klar: er legt mit Luft zu und ist wirklich gut. Die Verkostung in Würzburg ist nicht ganz blind, der Jahrgang ist bekannt. Sonst hätten sich sicher alle Juroren gewundert, was das sein soll. Hat es bestimmt nicht ohne Diskussion auf Platz eins geschafft. Ist ein großartiger Wein, aber ich bin mir nicht sicher, ob sich da nicht eine Birne in den Apfelvergleich geschlichen hat.

6. Premium „neutrale“ Weißweine (z.B. Burgunder, Chardonnay)

2020 Escherndorfer Fürstenberg Blauer Silvaner VDP.ERSTE LAGE S. Qualitätswein, Weingut Horst Sauer, Escherndorf. Klingt wie ein Versehen, ist aber keines, der blaue Silvaner läuft nicht in der Silvaner-Konkurrenz, dabei finde ich ihn ziemlich typisch, sowohl was die Rebsorte angeht, als auch die Horst-Sauer-typische bunte Note der Jugend. Leicht schweißig/gemüsig, ein bisschen Tutti Frutti und viel vibrierende Frische im Abgang. In dem offenbart sich auch Schicht um Schicht Tiefgang, der diesem Wein vermutlich seinen Spitzenplatz eingebracht hat – kann ich gut verstehen.

7. Fruchtbetone Premium-Weißweine (z.B. Riesling, Müller-Thurgau)

Rainer Sauer Riesling GG Am Lumpen

2019 Am Lumpen 1655 Riesling VDP.GROSSES GEWÄCHS Qualitätswein, Weingut Rainer Sauer, Escherndorf. So schmeckt ein ganz großes junges GG aus einem nicht völlig von Hitze dominiertem Jahr. Gerade eben reife Aprikose, kräftige Säure, sehr trockene Anmutung und ein fester, mineralischer Kern, der schon speicheltreibend, aber noch nicht annähernd ausgereift ist. Das schreit ganz laut ‚Potential!‘ und echot ‚Puristisch‘. Hat jetzt schon eine Spannung, die zum Trinken verführt. Der Wein spielt auf so hohem Niveau, dass ich davon ausgehe: das war eine sehr kurze Jury-Sitzung.

8. Aromabetonte Premium-Weißweine (z.B. Scheurebe, Muskateller)

LWG Sauvignon Blanc Explore

2018 Thüngersheimer Scharlachberg Sauvignon blanc EXPLORE! Qualitätswein, Bayerische Landesanstalt für Weinbau & Gartenbau, Veitshöchheim. Auch die Landesanstalt holt sich mit einer gewissen Regelmäßigkeit Preise ab, meist in der Nische. Aber so soll es sein: der Versuchsbetrieb versucht und wenn der Versuch glückt, wird es ein Leuchtturm-Wein, den die Winzer im Gebiet zum Vorbild nehmen können. Hier zum Beispiel. Unglaubliche Granate! Sauvignon Blanc auf diesem Niveau hatte ich vor kurzem schon mal im Glas, das war ein Zieregg von Tement. Die Trauben sind auf dem Sweet Spot geerntet: Wir sind nicht mehr grün-grasig, aber noch nicht übertrieben exotisch. Katzenpipi adé aber noch nicht Maracuja ahoi! Die Säure stimmt, der Alkohol ist schon bei 14 Prozent, schließlich reden wir über 2018. Aber dieses kuschelige Monster füllt die Opulenz mit tausend Facetten, auch weil die Bayern (ggf. Zwinkersmiley) nicht zur Holzkeule gegriffen haben. Man braucht zwei Mitstreiter um die Flasche leer zu kriegen, aber die werden sich weigern, währenddessen über irgendetwas anderes als diesen Wein zu reden. Ich bin schockverliebt und mache mich sofort auf die Suche nach einer Bezugsquelle, finde aber keine. Falls jemand helfen kann, bitte einen Link in die Kommentare.

9. Premium-Weißweine (Holz/Barrique) und Cuvées 

Max Muüller 1 Katzenkopf Silvaner

2019 Sommeracher Katzenkopf Silvaner Qualitätswein Alte Reben, Weingut Max Müller I, Volkach. Und die Quoten, dass MM1 der nächste Zugang im VDP wird schrumpfen weiter. Hätte ich doch früher meine Wette platziert… Zum Wein: ja, so könnte ein Katzenkopf GG schmecken. Das ist eine spannende Ecke, auf der viel Spannendes passiert und dieser Wein gehört dazu, auch wenn mir als kleiner Kritikpunkt auffällt, dass diesem ungeheuer burgundischen Silvaner ein ganz bisschen mehr Spannung gut täte. Dann flirtete er mit der Perfektion. So ist das ein kräuterwürziger Reserve-Silvaner mit großartigen Proportionen und gekonnter Holzdezenz, der als Speisebegleiter auf die Weinkarten der besten Restaurants der Republik gehört. 

10. Edelsüße Weißweine (Beerenauslese, Trockenbeerenauslese, Eiswein)

2014 Iphöfer-Julius-Echter-Berg Silvaner Trockenbeerenauslese, Weingut Juliusspital Würzburg. Den Wein hatte Sascha angebrochen von der Veranstaltung aus Würzburg mitgebracht und er stand seit Wochen in meinem Kühlschrank (ich habe gelegentlich genascht). Vielleicht gibt es so etwas wie eine TBA-Struktur: Säure, Spiel, Botrytis, Alkohol, minimal unterschiedlich zwischen den typischen Rebsorten Riesling, Scheu, Huxel, Silvaner etc.. Und dann gibt es eigenständige Komponenten: Beim Riesling das besonders intensive Spiel und die noble Frucht, bei der Scheu diese helle Anmutung, beim Traminer das Rosenwasser, bei Huxel im besten Fall grandioses Brausepulver (alles höchst subjektiv) – und beim Silvaner eine Würze, die nichts Schweres hat. Die bietet dieser Wein in Perfektion. Monumental!

Soweit die Siegerweine. Ich bin noch ein bisschen trauriger, dass ich verhindert war. Aber Sascha hat mich würdig vertreten. Weiterer Trost: Erstmals hielt ich so dieses Jahr das Siegerweinpaket in Händen, wie es zur Auslieferung kommt. Mit reichlich Infomaterial bietet es einen wunderbaren Überblick über den Leistungsstand in Franken. Zwei Versionen bietet der Weinbauverband an: 199 Euro kostet die Vollversion, 50 Euro weniger die Version ohne Trockenbeerenauslese (die für 50 Euro für 0,5 Liter allerdings einen sehr fairen Weinwert darstellt). Hier können Sie es bestellen und ich möchte es uneingeschränkt empfehlen – auch wenn ich diesmal an der Entstehung unbeteiligt war. (ggf. Zwinkersmiley).

7 Gedanken zu „Die Überprüfung des Stellvertreters“

  1. Ich habe eben den 2008 von Emmerich im Glas, vorhin den Rest von Popp nach vier Tagen im Kühlschrank gekostet, und ich bin begeistert von der Vielfalt und Vielseitigkeit von Silvaner auf diesem Niveau! Ich gebe Dir Recht, von Emmerich reicht ein Glas am Abend, aber das ändert nichts daran, dass das ein großartiger Wein ist. Danke für die Notizen, ich finde es sehr spannend, sie parallel zum Verkosten greifbar zu haben.

  2. Da musst Du wohl ganz viele Best-of-Gold-Pakete bestellen müssen, um an den Sauvignon Blanc zu kommen ;-)…von der Homepage frankenwein-aktuell.de:

    „Der Gewinnerwein der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) ist nicht käuflich zu erwerben.“

  3. Danke für die ausführliche Beschreibung. Hab das grosse Paket geordert und bin schon sehr gespannt auf den Inhalt. Beste Grüße
    Michael

  4. Hallo Felix,

    wenn Du magst, kann ich Dir gerne den Sauvignon blanc EXPLORE! aus meinem Best of Gold Paket senden! Da meine Frau und ich zwar durchaus Sauvignon mögen, uns dafür aber nicht begeistern, wäre die Flasche wohl deutlich besser bei Dir aufgehoben. Im Gegenzug würde ich mich über verfrühtes Weinwichteln sehr freuen! Gib einfach per Mail Bescheid, ob das für Dich in Frage kommt, dann können wir ggf. Anschriften tauschen.

    Beste Gruesse,
    Markus

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