Füllwein (7)

Mein (Wein-)Leben besteht nicht nur aus Großen Gewächsen sondern auch aus Alltagsweinen. Einige davon sind erwähnenswert, über andere decke ich den Mantel des Schweigens. Hier ein paar Kurznotizen zu Weinen, die ich jüngst getrunken und auf die eine oder andere Weise für erwähnenswert befunden habe.

Mörbisch Weiß, Weißwein Cuvée, 2006, Grenzhof Fiedler, Burgenland/Österreich. Die herrliche Cuvée aus Weissburgunder und Chardonnay duftet sehr intensiv nach grünem Apfel und schmeckt auch ein bisschen danach. Daneben gesellt sich in der Nase und am Gaumen ein kräftiger Holzton mit etwas Rauch und viel Vanille dazu. Vom Mundgefühl ist er eher schlank, der Nase nach zu urteilen hätte ich ihn molliger erwartet. Den ausgesprochen langen Abgang finde ich einen Tick alkoholisch. Es gibt in Deutschland zwei populäre Vertreter dieser Mischung von den Weingütern Knipser und Keller. Ich meine, da kann Bernhard Fiedlers Wein mithalten.

Ürziger Würzgarten Riesling Spätlese, 1998, Jos. Christoffel Jr., Mosel. Die Weine dieses Winzers haben eine große Fangemeinde im Internet und ich oute mich hiermit als Gruppenmitglied. Ich gehöre jedoch zum gemäßigten Flügel. Die 98er Spätlese schmeckt auch zehn Jahre nach Füllung noch ziemlich süß, was bei nur 7 Prozent Alkohol vielleicht nicht überrascht. Die Nase bietet alle Aspekte einer Raffinerie: Diesel, Kerosin und so weiter aber auch eine große Portion Granny Smith. Auch am Gaumen findet sich dieser markante Apfel gemeinsam mit etwas Birne. Schönes Mundgefühl und gutes Süße-Säure-Spiel sind die herausragenden Eigenschaften am Gaumen. Ein bisschen adstringierend im sehr langen Abgang und nur wenig Mineralik stehen auf der Soll-Seite aber die Bilanz ist sehr positiv.

Chateau Rollan de By 2003, Cru Bourgeois, Medoc, Bordeaux. Dieser fruchtige Bordeaux ist die perfekte Verbindung von Trinkspaß und Tiefgang. Seit der Auslieferung 2005 bietet er fast unverändert einen vollen Körper, satte Frucht, angenehme Röstaromen, gut integrierte Säure und kaum spürbaren Alkohol bei einem stabilen Rückgrat aus Tannin – Lieblingswein.

Kork sei Dank

Einem korkigen Wein etwas Gutes abzugewinnen, gelingt vermutlich nur echten Frohnaturen. Also nennt mich Sonnenschein…

Unter allen Varianten des Korkfehlers finde ich den ‚schleichenden‘ besonders fies, weil er es schafft, einen Wein unmittelbar nach dem Öffnen erst mal genießbar erscheinen zu lassen. Mit etwas Luft verwandelt sich der schleichende binnen weniger Stunden oder manchmal auch Tage meiner Erfahrung nach in einen ganz offensichtlichen Fehler. Bis dahin tut man dem betroffenen Wein einiges Unrecht. Nicht selten denke ich: schleichender Kork, wenn einem Wein in Erzählungen oder Blogberichten die eher ‚schale‘ Frucht angekreidet wird.

Das bedeutet aber nicht, dass ich selbst davor gefeit wäre. Erst neulich habe ich einen Wein im Prinzip zwar sehr schön aber in der Frucht doch arg gezehrt gefunden. Der Blogbeitrag war im Geiste schon formuliert und der Wein herabgestuft zum Ensemblemitglied im nächsten Füllwein-Artikel. Ich dachte noch, wie schön könnte er sein, wenn er diese unglaubliche Mineralik mit einer satten Pfirsichfrucht kombinieren könnte. Der Abgang war lang aber eben nur was für Knochentrockentrinker. Und dann kam da mit Verzögerung auf einmal eine richtig scharfe Note in selbigen. Der Verdacht keimte auf, der Wein landete im Kühlschrank und am nächsten Abend kam dann etwas ins Glas, was mich nur noch denken ließ: „Und davon hast Du gestern ein ganzes Glas getrunken?“

Aber die Geschichte hat ein Happy-End in Form einer zweiten Flasche. Diese Flasche zeigt viel von dem, was ich bei der ersten vermisst habe. Hatte ich ursprünglich noch gedacht, dass ‚Auslese trocken‘ auf dem Etikett auch Auslesequalität in der Flasche bedeuten sollte, so finde ich jetzt, dass der Winzer ob des Zauberstoffs im Glas zurecht Auslese statt Spätlese als Bezeichnung wählte. Hatte ich ohne Frucht noch darüber sinniert, wie mineralisch der Wein ist, finde ich die gleiche Mineralik jetzt auch im fruchtigen Sollzustand wieder und kann ihre ganze Tiefe erst richtig würdigen. Der Wein ist so gut, wie ich es vor dem Öffnen der kaputten Flasche erhofft hatte und ohne das Negativerlebnis wäre mir vielleicht die eine oder andere Nuance verborgen geblieben.

‚Montis‘ Riesling Auslese trocken (Klüsserather Bruderschaft), 2005, Weingut Gebr. Ludwig, Mosel. In der opulenten Nase eine Mischung aus Pfirsich, Marzipan und Aloe Vera gepaart mit einer leichten Würze, die vermutlich von der Reife stammt. Am Gaumen mit viel Volumen und Saft ohne fett zu sein. Der Wein hat nur 12,5% Alkohol und keinen übertriebenen Zuckerschwanz. Sehr schöne Pfirsichfrucht gepaart mit tiefer Mineralik, leicht salzig, tolles Spiel durch eine lebendige und perfekt integrierte Säure. Gefällt mir etwas wärmer noch besser als bei ‚Soll-Temperatur‘. Ein phänomenaler Wein.

Manchmal lernt man’s halt auf die harte Tour …

Füllwein (6)

Mein (Wein-)Leben besteht nicht nur aus Großen Gewächsen sondern auch aus Alltagsweinen. Einige davon sind erwähnenswert, über andere decke ich den Mantel des Schweigens. Hier ein paar Kurznotizen zu Weinen, die ich jüngst getrunken und auf die eine oder andere Weise für erwähnenswert befunden habe.

Forster Elster, Riesling Kabinett, 2007, Georg Mosbacher, Pfalz. Ein schlanker und leichter Kabinett den Mosbacher jedes Jahr aus dieser Lage zaubert, in 2007 mit 12% auch im Alkohol leicht. Zwei Merkmale prägen den Wein: eine exotische, süße Nase mit vollreifer Maracuja, Ananas und Marzipan sowie eine kräftige Säure. Ein Wein der ohne überbordende Mineralik auskommt. Aber bei aller Einfachheit zeigt der Wein, dass die Eigenschaften unkompliziert und anspruchsvoll sich nicht ausschließen.

Mülheimer Sonnenlay, Riesling Auslese, 2003, Weingut Bottler, Mosel. Über das eher wenig bekannte Gut hatte ich hier ja schon geschrieben. Die Auslese aus dem Problemjahr 2003 besticht mit intensivem Grapefruit-Aroma samt leichtem Bitterton. Trotzdem gefällt sie mir sehr gut, denn das Bitterl macht etwas die fehlende Säure weg. Auch die 11% Alkohol und damit einhergehender niedrigerer Restzucker stehen dem Wein meiner Meinung nach gut. Im Abgang lang und rund.

Ursprung, Rotwein Cuvée, 2006, Markus Schneider, Pfalz. Es ist schon viel Positives über Markus Schneiders Cuvée aus Cabernet Sauvignon, Merlot, Portugieser und Cabernet Mitos geschrieben worden. Die im Keller vergessene und jüngst wiedergefundene Flasche 2006er zeigt für mich aber auch die Grenzen des Weines auf. Wenn jugendliches Tannin etwas abgeschmolzen ist, finde ich den Wein ganz schön süß. Das ist bald halbtrocken und nicht annähernd so gut wie kurz nach der Füllung. Nach einem viertel Glas war Schluss. Der Wein gehört schon fast in die Kategorie ‚Kellerleiche‘.

Eiche rustikal

Ich glaube, ich habe im Großen und Ganzen einen Durchschnittsgeschmack, wenn es um Wein geht. Egal ob Säure, Tannine oder Restzucker, ich mag’s meist gemäßigt. Lediglich beim Holz bin ich unempfindlicher. Zwar mag ich auch keine sinnlos überholzten Bibergebiss-Weine (und gerade unter Deutschen Spätburgundern finden sich immer wieder solche) aber sobald ein Wein – egal ob rot oder weiß – über viel Frucht und ausreichend Extrakt verfügt, um dem Holz was entgegenzustellen, kann’s von mir aus losgehen mit dem Barrique-Ausbau. Dieser hier gehörte dazu:

Weissburgunder Selection A, 2002, Franz Keller, Baden. In der Nase vor allem ‚Räucherkammer‘ aber auch etwas Birne und Mandarine. Am Gaumen ist der Wein schlanker als ich erwartet hätte. Eine balancierte Säure und Aromen von Grapefruit und kräftigem Holz prägen den Geschmack, dazu vermutlich ebenfalls dem Ausbau zuzuschreibenden Noten von Butter und Haselnuss. Mit 0,6 Gramm Restzucker ist der Wein zwar knochentrocken aber eine süße Frucht und gar nicht brandige 13,5% Alkohol sorgen für Harmonie. Der Abgang ist wahnsinnig lang. Das sind für mich 91 holzgeprägte Punkte, wohlwissend, dass man das auch ganz anders sehen kann.

Luftaufklärung

Die Idee hinter der Deutschen Wein-Entdeckungs-Gesellschaft ist ungewöhnlich und machte mich sofort neugierig: Ein kompetenter Verkoster stachelt ebenso kompetente Winzer dazu an, einen Wein zu machen, wie es ihn noch nicht gegeben hat. Genauer will ich es gar nicht ausführen, denn die Webseite des Projektes beschreibt das ganze Vorhaben viel ansteckender als ich das könnte. Der erste Projektwein ist fertig und ausgeliefert und es ist die erhoffte Überraschung: unter dem Label der Entdeckungsgesellschaft warfen die renommierten Knipser-Brüder ein paar Prinzipien über Bord und kreierten einen Wein, der aus drei verschiedenen Jahren stammt (das tut ‚man‘ ja normalerweise nicht) und ausschließlich deutsche Rotweinsorten vermählt – darunter der nicht gerade hochgeschätzte Dornfelder. Auch hier möchte ich nicht als Spielverderber auftreten und die lesenswerte Geschichte des Weines in allen Details nacherzählen – die ganze Story bleibt vorerst Mit-Entdeckern vorbehalten. Vom Wein gibt es aber schon mal ein paar Eindrücke. Denn ein erstes Exemplar des ‚Roten Barons‘ flog diese Woche zur Erkundung in mein Glas.

Weingut Knipser & Deutsche Wein-Entdeckungs-Gesellschaft, ‚Der rote Baron‘ Rotweincuvée trocken (aus 2006, 2007 und 2008). In der Nase mittelkräftig mit Kirsche, Pflaume, Lavendel und einer kräftigen Portion Holz. Am Gaumen besticht der Wein mit einer kräftigen aber feinen Säure bei mittlerem Körper und einer schönen Frucht (Blaubeere und Pflaume). Holz und Tannin prägen den Abgang ohne ihn über Gebühr zu dominieren. Das ist schon sehr vielversprechend. Und gemessen am Anspruch? Eine hochwertige Cuvée mit Dornfelder, die von diesem nicht dominiert und ‚nach unten gezogen‘ wird, soll es sein. Das ist der ‚rote Baron‘ definitiv.

Der Jungfernflug der Entdecker ist ein voller Erfolg.