Füllwein (6)

Mein (Wein-)Leben besteht nicht nur aus Großen Gewächsen sondern auch aus Alltagsweinen. Einige davon sind erwähnenswert, über andere decke ich den Mantel des Schweigens. Hier ein paar Kurznotizen zu Weinen, die ich jüngst getrunken und auf die eine oder andere Weise für erwähnenswert befunden habe.

Forster Elster, Riesling Kabinett, 2007, Georg Mosbacher, Pfalz. Ein schlanker und leichter Kabinett den Mosbacher jedes Jahr aus dieser Lage zaubert, in 2007 mit 12% auch im Alkohol leicht. Zwei Merkmale prägen den Wein: eine exotische, süße Nase mit vollreifer Maracuja, Ananas und Marzipan sowie eine kräftige Säure. Ein Wein der ohne überbordende Mineralik auskommt. Aber bei aller Einfachheit zeigt der Wein, dass die Eigenschaften unkompliziert und anspruchsvoll sich nicht ausschließen.

Mülheimer Sonnenlay, Riesling Auslese, 2003, Weingut Bottler, Mosel. Über das eher wenig bekannte Gut hatte ich hier ja schon geschrieben. Die Auslese aus dem Problemjahr 2003 besticht mit intensivem Grapefruit-Aroma samt leichtem Bitterton. Trotzdem gefällt sie mir sehr gut, denn das Bitterl macht etwas die fehlende Säure weg. Auch die 11% Alkohol und damit einhergehender niedrigerer Restzucker stehen dem Wein meiner Meinung nach gut. Im Abgang lang und rund.

Ursprung, Rotwein Cuvée, 2006, Markus Schneider, Pfalz. Es ist schon viel Positives über Markus Schneiders Cuvée aus Cabernet Sauvignon, Merlot, Portugieser und Cabernet Mitos geschrieben worden. Die im Keller vergessene und jüngst wiedergefundene Flasche 2006er zeigt für mich aber auch die Grenzen des Weines auf. Wenn jugendliches Tannin etwas abgeschmolzen ist, finde ich den Wein ganz schön süß. Das ist bald halbtrocken und nicht annähernd so gut wie kurz nach der Füllung. Nach einem viertel Glas war Schluss. Der Wein gehört schon fast in die Kategorie ‚Kellerleiche‘.

Eiche rustikal

Ich glaube, ich habe im Großen und Ganzen einen Durchschnittsgeschmack, wenn es um Wein geht. Egal ob Säure, Tannine oder Restzucker, ich mag’s meist gemäßigt. Lediglich beim Holz bin ich unempfindlicher. Zwar mag ich auch keine sinnlos überholzten Bibergebiss-Weine (und gerade unter Deutschen Spätburgundern finden sich immer wieder solche) aber sobald ein Wein – egal ob rot oder weiß – über viel Frucht und ausreichend Extrakt verfügt, um dem Holz was entgegenzustellen, kann’s von mir aus losgehen mit dem Barrique-Ausbau. Dieser hier gehörte dazu:

Weissburgunder Selection A, 2002, Franz Keller, Baden. In der Nase vor allem ‚Räucherkammer‘ aber auch etwas Birne und Mandarine. Am Gaumen ist der Wein schlanker als ich erwartet hätte. Eine balancierte Säure und Aromen von Grapefruit und kräftigem Holz prägen den Geschmack, dazu vermutlich ebenfalls dem Ausbau zuzuschreibenden Noten von Butter und Haselnuss. Mit 0,6 Gramm Restzucker ist der Wein zwar knochentrocken aber eine süße Frucht und gar nicht brandige 13,5% Alkohol sorgen für Harmonie. Der Abgang ist wahnsinnig lang. Das sind für mich 91 holzgeprägte Punkte, wohlwissend, dass man das auch ganz anders sehen kann.

Luftaufklärung

Die Idee hinter der Deutschen Wein-Entdeckungs-Gesellschaft ist ungewöhnlich und machte mich sofort neugierig: Ein kompetenter Verkoster stachelt ebenso kompetente Winzer dazu an, einen Wein zu machen, wie es ihn noch nicht gegeben hat. Genauer will ich es gar nicht ausführen, denn die Webseite des Projektes beschreibt das ganze Vorhaben viel ansteckender als ich das könnte. Der erste Projektwein ist fertig und ausgeliefert und es ist die erhoffte Überraschung: unter dem Label der Entdeckungsgesellschaft warfen die renommierten Knipser-Brüder ein paar Prinzipien über Bord und kreierten einen Wein, der aus drei verschiedenen Jahren stammt (das tut ‚man‘ ja normalerweise nicht) und ausschließlich deutsche Rotweinsorten vermählt – darunter der nicht gerade hochgeschätzte Dornfelder. Auch hier möchte ich nicht als Spielverderber auftreten und die lesenswerte Geschichte des Weines in allen Details nacherzählen – die ganze Story bleibt vorerst Mit-Entdeckern vorbehalten. Vom Wein gibt es aber schon mal ein paar Eindrücke. Denn ein erstes Exemplar des ‚Roten Barons‘ flog diese Woche zur Erkundung in mein Glas.

Weingut Knipser & Deutsche Wein-Entdeckungs-Gesellschaft, ‚Der rote Baron‘ Rotweincuvée trocken (aus 2006, 2007 und 2008). In der Nase mittelkräftig mit Kirsche, Pflaume, Lavendel und einer kräftigen Portion Holz. Am Gaumen besticht der Wein mit einer kräftigen aber feinen Säure bei mittlerem Körper und einer schönen Frucht (Blaubeere und Pflaume). Holz und Tannin prägen den Abgang ohne ihn über Gebühr zu dominieren. Das ist schon sehr vielversprechend. Und gemessen am Anspruch? Eine hochwertige Cuvée mit Dornfelder, die von diesem nicht dominiert und ‚nach unten gezogen‘ wird, soll es sein. Das ist der ‚rote Baron‘ definitiv.

Der Jungfernflug der Entdecker ist ein voller Erfolg.

Loch Riesling, Schodener Herrenberg ‚Gruw‘ 2004

Als ich diesen Wein vor etwa vier Jahren auf dem Gut erwarb, zeigte er ein wahrhaft krasses Geschmacksbild, eine jahrgangsbedingt kräftige Saar-Säure gepaart mit nur drei Gramm Restzucker ergaben einen Wein zum Kinder erschrecken (im übertragenen Sinne). Das war ein flüssiges Argument für die These, dass dem Riesling ein paar Gramm Restzucker gut bekommen, um die teils heftige Säure zu bändigen. Loch Riesling, Schodener Herrenberg ‚Gruw‘ 2004 weiterlesen