Rheingau Gourmet und Wein

Es könnt’ alles so einfach sein…

Wein ist kompliziert. Deswegen bemühen sich Weinproduzenten überall auf der Welt um Kennzeichnungssysteme, die Wein einfach machen sollen. Doch welches Etikett macht Wein denn nun einfacher? Eine Einladung zur Diskussion

Ob ich gewillt sei eine Veranstaltung in diesem Blog anzukündigen, wollten der VDP Rheingau und das Komitee Weinviertel DAC wissen. Es gehe um eine Verkostung mit Diskussion und anschließender Tischpräsentation für Profis und Endverbraucher. Zunächst könnten sich die Teilnehmer in einem Seminar anhand ausgewählter Weine die Charakteristiken der vierstufigen VDP-Qualitätspyramide und des zweistufigen DAC-Statuts erklären lassen und dann die Stände von 50 Winzern aus beiden Regionen zwecks Verkostung und Diskussion besuchen. 

Einfach ankündigen und gut!

Klang nach einer Win-Win-Situation: Das Thema Klassifikationen ist wahrhaft eine Herzensangelegenheit für mich und das Blog voll von Geschichten darüber. Gleichzeitig finde ich, dass die diversen Verbände und Organisationen viel öfter Veranstaltungen dieser Art für Endverbraucher anbieten sollten und unterstütze das gerne. Zu guter Letzt bietet eine solche Ankündigung Mehrwert für den Leser. Wäre also ganz einfach gewesen.

Am 3. März ist das Weinviertel Gastregion beim Rheingau Gourmet & Wein Festival. Von 11 – 17 Uhr gibt es ein freies Tasting mit 50 Weingütern aus beiden Regionen. Um 14.30 Uhr erklären kompetente Referenten in einem Fachseminar die beiden Klassifikationsmodelle. Anschließend lassen sich diese prima bei den Winzern vor Ort erschmecken und diskutieren. Das Seminar ist kostenlos, die Eintrittskarte zur Weinpräsentation im Laiendormitorium von Kloster Eberbach kostet 32 Euro.

Aber die Verbände wollten unbedingt Wein für die Geschichte schicken, damit ich ein bisschen mehr zu schreiben habe…

Die Klassifikationen: DAC und VDP

Die Einführung der DAC-Klassifikation in Österreich gilt als voller Erfolg. In vielen Regionen hat der Gesetzgeber typische regionale Weinarten durch ein verbindliches Statut geregelt. Wer sich nicht daran halten will, darf weiter seinen Wein machen wie bisher, kann aber nicht die geschützten Namen der Weine verwenden. Im Anbaugebiet Weinviertel handelt es sich um den Veltliner, der als einfacher ‚Weinviertel DAC‘ in hervorragender Schoppenqualität und mit dem Namenszusatz ‚Reserve‘ als komplexer, reifefähiger Speisenbegleiter, zum Markenartikel wurde. Dabei legt das Statut wie auch in anderen Regionen zusätzliche Anforderungen bezüglich Höchst- oder Mindestalkohol, Reifedauer und Holzeinsatz für die verschiedenen Spielarten fest. Die DAC-Weine finden ein dankbares Publikum. Spricht man mit Händlern oder Erzeugern, zeichnen diese ein einheitlich positives Bild. Dass Verbraucher so positiv auf die Weine ansprechen, lässt den Schluss zu, dass auch sie mit diesem System gut klarkommen.

Der VDP hat sich bei seinem Herkunftssystem an der Klassifikation des Burgunds orientiert. Es ist vierstufig, startet mit einem einfachen Gutswein, bietet dann einen für die engere Region typischen Ortswein, bevor Lagenweine aus ersten und großen Lagen als ‚Erste Lage‘ beziehungsweise ‚Großes Gewächs‘ Weine von internationaler Klasse bieten. Auch die VDP Klassifikation gilt als Erfolg, konnten sich doch einige Große Gewächse im Kanon der internationalen Weißweinelite etablieren.

Gibt’s da was zu meckern?

Die Kritik an beiden Systemen reißt allerdings auch nicht ab. Bei den Österreichern finden viele das Raster zu grob. Das führt zwangsweise dazu, dass manch guter Wein entweder eine bezeichnungstechnische Abstufung erleidet, oder den Verbraucher eben doch mit einer etwas untypischen Art überrascht. Zudem ist bei den Reserven der Holzeinsatz so uneinheitlich geregelt, dass eine Reserve ohne jeden schmeckbaren Holzeinfluss oder mit deutlichem Neuholz daherkommen kann, was für viele Verbraucher einen erheblichen Unterschied macht. In einigen Regionen Österreichs, namentlich Kamptal und Steiermark hat der Gesetzgeber mit der Einführung von Ortsweinen nachträglich für eine zusätzliche Differenzierung gesorgt.

Die Kritik am VDP-Statut zielt zum einen darauf ab, dass das Burgund eben nur wenige Rebsorten hat, während ein ordentlicher Pfälzer oder Rheinhessischer VDP-Betrieb gerne ein Dutzend Varietäten pflegt. Bis auf die für Große Lagen qualifizierten Sorten, muss das Weingut aber seine gesamten Spitzenweine in niederen Kategorien unterbringen. Es gibt entsprechend eine Hundertschaft Chardonnays, St. Laurents, Sauvignon Blancs, uwm., die als VDP-Gutsweine firmieren, aber zwanzig und mehr Euro kosten. Dazu hat absolut jeder Winzer eine große Lage im Portfolio. Bei Neuaufnahmen werden auch mal zusätzliche Weinberge klassifiziert. Da ist nicht immer und überall höchste Qualität garantiert.

Weine als Inspiration – für die falsche Geschichte

Eigentlich gehört eine so detaillierte Kritik gar nicht in eine Veranstaltungsankündigung, mögen sie jetzt denken. Doch da waren eben noch die Weine, die die Verbände für die Geschichte geschickt hatten. Die hätte ich exakt so ausgewählt, wenn ich eine Geschichte über die limitierten Möglichkeiten von Klassifikationssystemen hätte schreiben wollen. Und wo ich sie schon mal geschickt bekam, musste ich sie schließlich auch beschreiben.

Robert Weil, Kiedricher Riesling trocken, 2017, Rheingau. Typische Jungrieslingnase mit Apfel und Aprikose, leicht parfümiert und sehr angenehm. Am Gaumen noch sehr wandlungsfähig: zunächst fruchtig und fokussiert, schmiert der Wein mit zwei Stunden Luft etwas ins Dropsige ab, bevor er am zweiten Tag wieder strahlend wird. Sehr schöne Säure, die die opulente Frucht großartig strukturiert, trinkt sich derzeit extrem verführerisch und zeigt im langen Abgang Mineralik für Anspruchsvolle.

Was es da zu meckern gibt? Woher weiß man, dass ein Ortswein typisch ist, wenn es am Ort nur einen einzigen VDPisten und somit nur einen einzigen Kiedricher Ortswein gibt? Im Burgund ist sowas ausgeschlossen.

Martinshof, Weinviertel DAC, Ried Hausberg, St. Ulrich, 2017, Weinviertel/Österreich.In der Nase ist dieser der Welt der Natural Wines nahe stehende Veltliner deutlich mostig, zeigt einen leichten Stinker, wirkt eher oxidiert, würzig, typisch ‚Orange‘, aber auch angenehm weinig. So auch am Gaumen: feine Säure, schmelzig, hefig, stoffig, wird mit Luft wilder, leichte Phenolik, aber kaum bitter, spannend und im Abgang dann mit ganz klassischem Pfefferl. Hochinteressant!

Meckern muss ich hier nicht, im Gegenteil, I love it! Aber easy Schoppen mit lecker Pfefferl ist das nicht. Also, WIRKLICH NICHT!

von Oetinger, Erbacher Hohenrain, Riesling Großes Gewächs, 2013, Rheingau. In der Nase leicht kandiert, reif, Apfel und Aprikose, etwas Muskat und Malz, am Gaumen sehr reife Säure, schmelzig, wieder etwas Malz, viel Würze und reife Früchte, verhalten phenolisch, deutliche Flaschenreife, die dem Wein sehr gut steht, weil er immer noch ziemlich straff wirkt. Gute Länge, sehr harmonischer Gesamteindruck. Trinkreif, aber sicher noch eine ganze Weile auf diesem Niveau verbleibend.

Hier bin ich restlos glücklich. Der Winzer auch, der kommentierte: ‚Derzeit mein Lieblings-GG‘. Schönheitsfehler nur, dass er aus eigenen Beständen stammt. Geschickt hatten die Rheingauer von Oetingers Marcobrunn 2017, das wäre Babymord gewesen und hätte wenig zur Klärung des Sachverhalts beigetragen. Also war ich so frei.

Studeny, Weinviertel DAC Reserve, Nussberg, 2015, Weinviertel/Österreich. Nase: Tabak, Holz und mürber Apfel, reif an der Grenze zu überreif. Am Gaumen kraftvoll, körperreich, spürbarer Alkohol (13,5%), aber auch ausreichend Säure, dazu zarter Schmelz – ob vom Holzausbau oder längerem Hefelager wird gar nicht so ganz klar, weil diese Tabaknote auch am Gaumen deutlich hervortritt. Dazu reife Frucht und im Abgang dringend benötigte Phenolik, sonst wäre das zu pummelig, so ist es grandios – üppig, aber grandios!

Man könnte jetzt wieder vom Holz anfangen, aber ehrlich: Ich liebe diesen Wein. Um es mal derbe auszudrücken: Diese Wuchtbrumme stopft dem Kritiker das Maul (im wörtlichen wie im übertragenen Sinne)!

Viel Spaß bei der Verkostung. Allen, die sich auf den Weg machen, sei mein Neid gewiss!

Der Kollege Patrick Hemminger hat einen großartigen Artikel zum gleichen Thema geschrieben.

8 Gedanken zu „Es könnt’ alles so einfach sein…“

  1. Mein Neid ist ebenfalls allen gewiss, die dort waren. Da ist man mal ein paar Tage im Urlaub (und dann auch noch in einem Land fast ohne eigene Weinproduktion) und man verpasst direkt sowas, zumal mein Weg von hier doch deutlich kürzer gewesen wäre als Deiner, lieber Felix. Aber gut zum Thema:

    Für mich ist das alles irgendwie der zweite oder sogar der dritte Schritt vor dem ersten. Klar kann man am deutschen Prädikatssystem zu Recht viel herumkritisieren und auch an dem Umstand, dass sich hier fast jeder Durchschnittswein mit der beeindruckend klingenden Bezeichnung „Qualitätswein“ schmücken darf und entsprechend kann man die Klassifizierung des VDP ganz toll finden, aber das Problem ist doch eigentlich ein anderes.
    Wer kennt die Situation nicht: Man geht durch einen x-beliebigen Supermarkt und es dauert nicht lange bis man wenigstens einen oder mehrere sieht: Die Gelegenheitsweintrinker, die eben finden das zum Sonntagsbraten oder einem anderen Anlass einfach Wein dazu gehört, die sonst aber vermutlich eher zu Bier greifen. Ratlos stehen sie vor dem Regal, ziehen mal die eine, mal die andere Flasche heraus, betrachten sie und stellen sie schließlich wieder zurück um sich schlussendlich für irgendeinen Wein zu entscheiden, der diesen Menschen warum auch immer als passend erscheint, aber stets die bange Befürchtung hinterlässt man könnte sich vergriffen haben.
    Mal ehrlich, man bräuchte nicht mal die ausländischen Begriffe auf den Etiketten ausländischer Weine um als Laie den Eindruck zu gewinnen, dass man den ganzen Bezeichnungsdschungel nur erfunden hat, damit Weinfreaks und Erzeuger sich vom Gelegenheitskonsumenten abheben oder sich als die größten Experten geben können, wenn sie nur genügend Begriffe gelernt haben (nicht das ich glauben würde es gäbe hier irgendeine derartige Verschwörung, ich sage nur als Gelegenheitskonsument könnte man den Eindruck bekommen).
    Mal ehrlich, selbst wenn man nur ein paar Basisinformationen haben will, die dem Gelegenheitsweintrinker vermutlich ausreichen erfordert das Kenntnisse die man nicht einfach so als gegeben voraussetzen kann. Wenn ein Rotwein trocken ist, steht das nicht auf dem Etikett, es steht was darauf, wenn er eben nicht trocken ist, eben weil man sagt das Rotwein trocken ist, ist die Regel und glaubt jeder müsse das daher unweigerlich wissen. Bei Weißwein ist es genau umgekehrt. All das ist alles andere als konsumentenfreundlich.
    Warum kann man nicht einfach generell aufs Etikett schreiben wie der Wein schmeckt? Und wenn man das täte, wieso wählt man nicht treffendere Begriffe. Auf Weinetiketten stehen die Begriffe trocken, halbtrocken, feinherb, lieblich, fruchtsüß, und edelsüß (wenn nicht einfach nur Auslese, Beerenauslese, etc. darauf steht). Braucht es das wirklich? Warum kann nicht einfach darauf stehen: trocken, halbtrocken, süß und sehr süß? Jeder wüsste was gemeint ist und all das übrige Brimborium lässt man einfach weg. (Ich weiß, ich weiß jemand wie wir möchte wissen ob er eine Auslese vor sich hat oder nicht, aber mal ehrlich so lange der Begriff nicht garantiert, dass da auch von Bortytis befallene Trauben verwendet wurden und nicht der Zuckergehalt einfach so hoch genug war um die Voraussetzung für eine Auslese zu erfüllen ist es eigentlich egal, unabhängig davon, dass man wegen mir auch deutlich erkennbar „süß“ und „Auslese“ aufs Etikett schreiben könnte.)
    Zudem könnte man weitere Angabe machen die eindeutig sind und helfen. Du hast in deinem Beitrag das Eichenholzproblem beschrieben. Es könnte einfach auf dem Etikett stehen was genau gemacht wurde falls Holz zum Einsatz kam. Beispielsweise „225-Liter-Fass, Zweitbelegung, 3 Monate gereift“ Man müsste nicht erst das Internet bemühen in der Hoffnung herauszufinden wie groß das Fass war, ob es sich um Neuholz handelte oder das Fass weingrün war und wie lange der Wein darin lag.
    Ist ja auch alles nichts Neues, diese Ganze Problematik. Man kann Jahrzehnte zurückschauen und findet immer wieder Forderungen, all das zu vereinfachen, aber stattdessen macht man alles nur komplizierter und hat nur noch weitere Qualitätsbegriffe eingeführt um die Verwirrung zu komplettieren. Mal ehrlich sowas wie Classic, Selecction, Hochgewächs, etc. hätte wirklich niemand gebaucht.
    Ob nun die Einführung des VDP-Systems hier ein Fortschritt war mag dahingestellt sein. Ich finde es gut, aber aus Sicht des Laien macht es das alles zunächst einmal nur komplizierter und ich denke hier wäre die Politik gefragt bundesweit oder noch besser europaweit ein einheitliches System zu schaffen, was einem wirklich Orientierung bietet ohne dabei zugleich zu suggerieren, bei einer Unzahl deutscher Weine handele es sich um Spitzenprodukte (Stichwort: Prädikatswein).
    Übrigens gibt es ein ähnliches Problem meiner Ansicht nach auch in Österreich trotz DAC, denn soweit ich weiß erstellt der Verband der Traditionsweingüter Österreichs ein eigenes System, dass dem des VDP gleicht, hat nun seine „Ersten Lagen“ klassifiziert und arbeitet nun an den “Grossen Lagen“.

    1. Alles richtig und auch wieder nicht, wenn wenn ich 225-Liter-Fass Zweitbelegung, 6 Monate drauf schreibe, habe ich endgültig 98% der Weintrinker verloren. Die Leute denken ja, sie sollten das verstehen, was sie da lesen. Die Wurzel des von Dir geschilderten Übels ist IMHO einfach die Tatsache, dass wir Deutschen süßen Wein mögen und entsprechende Mengen kaufen und produzieren. Für einen – mal als Beispiel – Italiener ist das ganz einfach. Wein ist trocken. Die wenigen Süßweine, die es gibt, sind allesamt Spezialitäten, ziemlich berühmt und schnell anhand des Namens identifiziert: Asti Spumante, Moscato d’Asti, Lambrusco, Passito. Wo es zweifelhaft ist, steht es drauf: bei Schaumwein. Die Schummelei beim Primitivo vernachlässigen wir mal. Wir sind eben das Land mit der fifty-fifty Aufteilung, sowohl was Konsum angeht als auch Produktion. Da müsste tatsächlich die Zuckerampel der Elsässer her. Die passt aber nicht zu den hochpreisigen Weinen, wenn man den Imagaberatern glauben mag.

      1. Passt gerade, habe einen Sagrantino di Montefalco Passito auf wo ich das lese… 🙂

        Aber zum Thema: Also das mit dem Zweitbelegung und so, war nur ein Denkanstoß, ich bin mir aber nicht sicher ob das die Weintrinker vergrault. Du sagst zu recht, die Leute sollten verstehen, was sie da lesen, aber wenn ich daran denke was auf diversen Weinetiketten alles so zu lesen ist und der Normalkonsument unter Garantie auch nicht versteht, dann muss ich sagen wäre 6 Monate 225-Liter-Fass Zweitbelegung wenigstens präzise. Aber gut, selbst ohne sowas könnte man zumindest eindeutig angeben ob der Wein nun trocken, halbtrocken oder süß ist und zwar auf jeder deutschen Flasche, ich denke das ist wirklich nicht zu viel verlangt und da spielt es auch keine Rolle ob für Italiener der Normalzustand ist, dass Wein trocken ist (unabhängig davon, dass eine entsprechende Bezeichnung italienischem Wein dennoch nicht schaden würde).

        Die Idee mit der Zuckerampel ist zugegeben nicht schlecht, vernachlässigt aber den Umstand das Wein Süße ja nicht nur wegen des Zuckers süß schmecken kann (oder haben die Elsässer das berücksichtigt?). Im Übrigen denke ich, dass die Zuckerampel für hochpreisige Weine ohnehin sinnlos wäre (klar müsste dann da auch rauf, der Einheitlichkeit wegen) aber, denn sind wir ehrlich, wer nicht einfach nur ein Snob ist, kauft solche Weine, weil er ein Weinenthusiast ist und der weiß ohnehin, was das für ein Wein ist und ob er süß ist oder nicht. Die Gelegenheitsgenießer vom Supermarkt trinken solchen Wein ohnehin nicht, weil zu teuer.

        Ich finde das mit den Präferenzen der Deutschen für Wein aber recht spannend. In den letzten Jahren hat man den Eindruck es sei zu einem Qualitätsmerkmal geworden, dass guter Wein trocken ist. Leute die null Ahnung von Wein haben bestellen in Lokalen wie von selbst einen trockenen Wein und viele Speiselokale haben auch nur noch trockene bis halbtrockene Weine auf ihrer Karte. So gesehen könnte man also meinen die Zeiten von Deutschland als „Süßweintrinkerland“ seien vorbei.
        Andererseits habe ich in meinem Bekanntenkreis aber fast nur Menschen, die gerne süßen Wein trinken und trockenen selten bis gar nicht, die aber allesamt solche sind, die für eine Flasche Wein nicht mehr als 10 Euro ausgeben würden, also (außer bei mir) vermutlich noch nie eine echte TBA oder einen ähnlich hochwertigen Süßwein getrunken haben. Zugegeben, ein paar davon habe ich mittlerweile mit hochwertigerem Port und Madeira (ich weiß,beides nicht deine Paradedisziplinen) davon überzeugen können wenigstens für solche Weine etwas tiefer in die Tasche zu greifen, aber den meisten reicht einfach die billigsüße Variante mit Süßreserve.
        Kurz ich bin mir unsicher ob man wirklich sagen kann die Deutschen bevorzugen trockenen/süßen Wein. Vielleicht ist es aber auch tatsächlich einfach fifty-fifty.

        (Habe mich übrigens vor dem Abschicken dieses Kommentars gerade noch einmal in den Keller begeben und als einzigen elsässer Wein einen Trimbacher Gewürztraminer von 2014 gefunden aber da ist keine Ampel darauf zu finden. Gibts die erst seit kurzem oder ist die Verwendung freiwillig?)

          1. Ah stimmt, deren andere Süßeeinteilung hatte ich nicht bedacht, danke für den Hinweis!

            Und danke für den Link! Diese Zuckerampel sehe ich jetzt zum ersten Mal, habe aber bisher auch eher weniger elsässer Wein getrunken. Mal ehrlich, das Ding ist so dezent und unauffällig, dass ich mir wirklich kaum vorstellen kann, dass sich daran wirklich jemand stören würde, aber gut sei’s drum.

  2. In der Tat ist es für den Laien schon recht verwirrend wenn ein Gutswein 20€ oder mehr kostet. In der Regel, kann einem dennoch durch den relativ hohen Preis bewusst werden, dass es sich nicht um einen einfachen Wein handeln könnte. Falls vorhanden würde dies ein Fachhändler sicherlich erklären. Wie auch immer, es bleibt wie es ist, verwirrend.

    Kennzeichnungen gibt es ja durchaus, wie Reserve oder Alte Reben usw. Auch das Prädikatssystem könnte herangezogen werden.

    Was es nicht einfacher macht wenn alle irgendein anderes System nutzen. Zum Beispiel bei „Von Winning“s Sauvignon Blanc. Da gibts „Sauvignon Blanc I“ und „..II“ und „..500“. bei Molitor und anderen die Sterne **** und wo anderes RR, andersfarbige Kapseln usw.. genau da blickt am Ende der Kunde ohne sich schlau zu machen nicht durch. Ja ich weiß Moli und Ruprecht sind nicht VDP, gibt aber bestimmt andere VDPler dies es ähnlich handhaben.

    Mir persönlich ist es egal denn ich als Enthusiast lese mich da durch, lerne und frage nach was ich nicht weiß. Von Ottonormalo kann man dies aber nicht erwarten, oder doch?

    1. Ich denke, mehr als Rebsorte und Geschmacksrichtung kann ein Weinetikett kaum verraten. Bezeichnungen wie ‚Alte Reben‘ oder irgendwelche Sterne können einen Anflug von Wertigkeit vermitteln, aber wie schmeckt Wertigkeit? Bei den süßen Weinen kann man mit den Prädikate ziemlich viel vermitteln, aber nur an Leute, die sich ein bisschen auskennen. Ottonormalo trinkt im Zweifelsfall keinen teuren Wein. Die eine große Frage ist ja: würde er es tun, wenn das Etikett zweifelsfrei Auskunft über die Klasse gibt? Ich glaube eher ja.

      1. Kennzeichnunssysteme sind genau das: eine Klassifizierung die versucht eine äußerst komplexe Materie (Wein) in irgendein Schema reinzupassen. Für 80 % der Weine mag es halbwegs gut funktionieren, die restlichen 20 % (und das sind oft genau die spannenden Exemplare) fallen durch den Raster. Man reagiert mit der Zeit auf die Veränderungen (siehe zum Beispiel die ursprünglich als Landwein verkauften Supertoskaner), aber vollständig und gerecht kann so ein System nie sein.

        Wenn vor mir Weine stehen die ich nicht kenne und ich blind etwas aussuchen soll, dann hilft mir natürlich die Kennzeichnung zusammen mit meiner persönlichen Erfahrung, Fehlgriffe zu vermeiden.

        Ein System der „zweifelsfrei Auskunft über die Klasse gibt“ kann es über breites Spektrum meiner Meinung nach schon prinzipiell nicht geben… und ob der Wein dann auch schmeckt ist eine ganz andere Frage. Insbesondere bei den teureren und komplexeren Weinen ist es sowieso schwierig.

        Wenn man sich auf eine relativ enge Spanne beschränkt (bis sagen wir 10 € wo denke ich bei den meisten Normalverbrauchern die Schmerzgrenze liegt) kann es allerdings funktionieren. Hier reden wir ja über die 80 % aller Weine. Es könnte Konsumenten helfen, keine Angst zu haben den Duschnittspreis (2,50 €) zu verdoppeln oder verdreifachen – mit einer potentiell enormen Steigerung des Trinkvergnügens…

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