Goldene Rebschere Sieger

Die Rache der Rinde

Vor acht Jahren schrieb ich an dieser Stelle zum Thema Korken: ‚Es ist alles gesagt, von allen!‘ Das galt auch für mich, weswegen ich der Rinde und ihren Alternativen seitdem keine Zeile mehr gewidmet habe. Doch dieser Tage kamen einige Erlebnisse zusammen, die mich noch mal zum Thema treiben.

Ich war in Würzburg beim internationalen Silvanerforum. Selbiges lobt alle zwei Jahre einen Preis aus. Die ‚goldene Rebschere‘ geht an diejenigen Produzenten, deren Weine sich in einer Blindverkostung gegen andere der gleichen Kategorie durchsetzen. Der Jury dieses Wettstreits durfte ich angehören und einige wirklich atemberaubende Weine verkosten. Ich hatte erst ein bisschen Bammel, denn jeder Silvaner produzierende Winzer der Welt kann ohne Vorprüfung Weine zu diesem Wettbewerb anstellen. Doch was ich vorher gehört hatte, entpuppte sich als wahr: der Preis hat einen enormen Stellenwert unter Erzeugern. Allen ist klar, dass sich da die Besten messen und deswegen stellen die Winzer ganz überwiegend nur wirklich guten Stoff an. Das Niveau war höher als bei Best-of-Gold. Neben den üblichen Verdächtigen aus Franken fanden sich unter den Teilnehmern Winzer aus Rheinhessen, Italien, der Schweiz, dem Elsass und manch exotischem Fleckchen.

Am Ende kürten wir sechs Sieger. Jeder dieser Weine hat seinen Preis verdient, ist ein großartiger Wein und doch verdanken zwei der Weine ihren Sieg vermutlich dem Verschluss, nicht ihrem Verschluss, sondern dem Korken der Konkurrenz. Aber der Reihe nach.

Die goldene Rebschere – Silvaner Deluxe

Die sechs Kategorien der goldenen Rebschere lauten ‚Jederzeit‘, ‚Herausragend‘, ‚Anders‘, ‚Souverän‘, ‚Bezaubernd‘ sowie ‚International‘. Die ersten fünf bezeichnen also Schoppen, Grand Cru, Orange&Natural, gereift sowie edelsüß. Die letzte Kategorie ist der verschämte Trostpreis, damit die Winzer aus dem Ausland fleißig weiter anstellen, obwohl sie nie was gewinnen. Die Weine dieser Kategorie treten eigentlich regulär im Hauptfeld der ersten fünf Kategorien an. Der nichtdeutsche Wein mit der höchsten Durchschnittswertung aus der regulären Verkostung erhält dann diesen Preis. Dieses Jahr war es der 2018er Sylvaner Zotzenberg Grand Cru von der Domaine Boeckel aus Mittelbergheim im Elsass. Ich durfte diesen – genau wie alle anderen Sieger – noch einmal in Ruhe zuhause verkosten: Das hat viel mehr Schmelz, da muss sich der Wahlfranke erst mal eingrooven. Dazu ist der Wein leicht laktisch, in der Nase anders fruchtig, eher Aprikose und Exotik, am Gaumen dann erst Grapefruit und dann plötzlich sehr karg. Ich hatte zugegebenermaßen einen anderen Favoriten aus dem Elsass, den Wein von Stephane Wantz aus gleicher Lage.

Sieger Wettbewerb Wein

Dass das karge Finish dem Korken geschuldet wäre, kann man wohl ausschließen, da der Wein einen Diam-Korken verwendet, wenngleich es ja sogar zu dieser aus Granulat garantiert TCA-frei zusammengebauten Variante des Korks Diskussionen gibt (die ich nicht verfolge, weswegen ich hier keinen Status Quo schildern kann). In der internationalen Kategorie herrschte aber vermutlich eh weitgehend Waffengleichheit, was den Verschluss angeht. Das süd- und westeuropäische Ausland liebt den Korken immer noch sehr.

Die Favoriten und die Flaschenvarianz

Die Ausnahme bildet der Korken in Deutschland bei den Alltagsweinen und so ist es kaum erwähnenswert, dass hier ein schraubverschlossener Wein gewann. Spannender ist eher, dass sich im Finale gleich mehrere Weine tummelten, die ich mal als Alltags-GGs bezeichnen würde. Mit Schoppen hat der Gewinner, das 2020er Silvaner ‚Familiengewächs‘ Alte Reben von den Winzern Sommerach wenig am Hut: recht typische Nase, Apfel, Birne und etwas Heuboden, am Gaumen erst Frucht, dann schöne Säure und dann ganz viel phenolischer Grip, der einen Monsterzug entwickelt. Das beißt wie ein junges GG, doch weil der Druck nicht zu heftig ist, irgendwann wieder Frucht auftaucht und der Abgang sehr schmeichlerisch ausfällt, mag man den Stoff in großen Zügen inhalieren – nicht ohne im Hinterkopf zu haben, dass das vielleicht doch noch drei Jahre liegen kann. Die anderen Weine im Finale stellten sich ebenfalls als Kreuzung aus Gutswein und GG dar, der Sieg der Sommeracher war also kein Triumph eines Verkostungsweines. 2020 war halt kein kühles Jahr…

Familiengewächs

Aufgrund der vielen Anstellungen verkostet die Jury bei diesem Wettbewerb in Gruppen. Es gibt zwei Vorrunden und ein Finale. Beim Mittagessen oder auch bei der Abendveranstaltung tauschen sich die Juroren darüber aus, was die verschiedenen Gruppen in den noch kommenden Runden zu erwarten haben, denn jeder Sieger wird aufgrund des Modus von jedem Juror mindestens einmal gesehen. Manche Weine erreichten das Finale, ohne dass ich sie vorher im Glas hatte. Ein Wein war mir dabei von mehreren Kollegen als der absolute Top-Favorit für den Sieg in der Kategorie ‚Souverän‘ angekündigt worden. Die Verkostung erfolgte blind, aber der Jahrgang war bekannt, und es war nur ein 2001er am Start. Just dieser 2001er schwächelte dann im Finale ganz deutlich: das war einfach eine schwache Flasche. Die Varianz unter Korken führt leider dazu, dass nach 20 Jahren Flaschenlager jede Flasche anders schmeckt. Was ich nicht wusste: wir hatten bei der Abendveranstaltung des ersten Tages auf Schloss Castell genau jenen 2001er ‚Silvaner – 10. Aprilles 1659’ von Castell in der Menübegleitung. Ich habe den Wein außerhalb des Wettbewerbs auch aus einer sehr guten Flasche getrunken und verstehe, warum ihn viele als Favoriten hatten.

Das korkende Wiedersehen

Gewonnen hat in der gereiften Kategorie dann einer, der sich schlicht perfekt präsentierte: der 2011er Silvaner ‚Eigenart‘ von VDP-Neumitglied Max Müller I aus Volkach. In der Juryverkostung machte ich keine ausführlichen Notizen und diejenigen welche ich machte, wurden mit dem Stimmzettel eingesammelt. Was mir als Eindruck blieb war die Frage, ob das vielleicht der beste Silvaner war, den ich je probieren durfte. Das herauszufinden musste ich mich nur verpflichten, diesen Artikel zu schreiben, denn genau dafür bekam ich das Paket mit allen Siegern geschickt. Sie ahnen es: mein Exemplar des Weines hat gekorkt. So brutal, dass man den Wein nicht mal mit viel guten Willen hätte verkosten können.

Während bei den Gereiften also guter Kork gegen schlechten Kork gewann, um dann bei der Überprüfung selbst Korkopfer zu sein, war bei den Edelsüßen ein Schrauber der lachende Nutznießer – und ich muss nicht über Hörensagen reden. Ich hatte in der edelsüßen Vorrunde 100 Punkte im Glas. Das Finale in dieser Kategorie bestritten dann aber nur noch drei Weine. Die letzte Flasche meines Vorrunden-Lieblings, die für das Finale vorgesehen war, hatte Kork. Eine Konterflasche war nicht da. Also gewann ein trotzdem würdiger Wein, aber eben nicht ganz ohne Hilfe vom Korkteufel. Die 2015er Stettener Stein Silvaner Beerenauslese vom Weingut Höfling aus Eußenheim zeigt eine schöne Botrytis-Nase. Am Gaumen ist sie sehr würzig, mit etwas Bratapfel und viel kandierter Frucht, dabei extrem malzig, dunkel und geheimnisvoll, was ein schöner Kontrast zum üblichen Süßweinstrahlen ist, aber normalerweise gegen die Abteilung Sonnenschein den kürzeren zieht (insofern fällt dieser Sieg irgendwie in die Kategorie ausgleichende Gerechtigkeit).

Sieger Rothe

Manfred Rothes 2019er ‚Indigenius‘ dominierte die Kategorie ‚Anders‘ von der ersten Runde an, was nur möglich war, weil diese Jury extrem modern tickte: Die Nase ist etwas mostig und auch leicht flüchtig/brennend, da beißt die Maus keinen Faden ab und dass der obendrein trübe Wein so als Landwein gefüllt werden muss, kann ich nachvollziehen. Aber das heißt eben nicht, dass man damit nicht einen Weltklasse-Silvaner machen kann: Am Gaumen Hefeschmelz und eine sehr süße Frucht (da ist aber kein Zucker), Tabakwürze und ein bisschen Karamell treffen auf satten Gerbstoff, der das alles sehr gekonnt abpuffert und am Ende tanzen Gerbstoff und Schmelz, Hefe und Säure auf der Zunge, dass es eine Wonne ist. Aber reden wir nicht drum herum: man kann das auch ablehnen, bitter finden, Spuren von Bier erkennen und sich in die Zeit zurück wünschen, da sowas noch verspottet wurde (das ist ungefähr die ‚Schrauber?-Nur-für-die-Basis‘-Zeit). Kann man, sollte man aber nicht.

Finale ohne VDP – Sieger mit Stelvin

Überraschung schließlich in der Kategorie ‚Herausragend‘ – nicht weil der Sieger mit Schraubverschluss daher kam, sondern weil es kein GG eines VDP-Betriebes ins Finale schaffte. Eine verbliebene Konterflasche des von Andrea Wirsching angestellten 18er Julius-Echter-Berg GGs durfte ich als Dankeschön (die Jury-Arbeit wird nicht bezahlt) mitnehmen und im anschließenden Urlaub in Ruhe trinken. Dass dieser an sich wunderbare Wein das Finale knapp verpasste, geht in Ordnung, so gut war das Teilnehmerfeld. Der Sieger kam wieder aus Sommerach. Der 2019 Sommeracher Katzenkopf Silvaner vom Weingut Freihof ist große Kunst für Geduldige: Hier weht ein frischer Wind durch den Heuboden, Frucht ist Fehlanzeige in der Nase. Selbst mit Schwenken und Belüften will sich da gar nichts Süßes einstellen. Auch am Gaumen ist das zunächst kompromisslos karg, aber dabei kräutrig, steinig, erdig und so tief: als würde man sich Schicht um Schicht in die Erde buddeln. Und dann wird es irgendwann (nach ein paar Tagen im Kühlschrank) sehr weinig und es stellt sich das Gefühl ein: schlafender Riese, Gänsehaut. Aber einer von den schlafenden Riesen, die man im Moment gar nicht wecken will. Ein erstes Naschen ist nicht angezeigt – einfach nur geduldig sein.

Der Wein kann reifen und muss reifen und er wird unterm Schrauber reifen. Früher gab es immer das Argument, es mangele an Langzeitstudien, wie Wein unter Schrauber reift. Das darf man jetzt getrost als erledigt betrachten. Der 2004er Silvaner von Brügel im Finale des Wettbewerbes war perfekt unterm Schrauber gereift. Eine Flasche davon öffneten wir blind im vorletzten Podcast. Der legte mit Luft noch ein bisschen zu. Den Vogel schoss im gleichen Podcast eine grandiose (verschraubte) Erste Lage von Wirsching aus 2004 ab: die zischte beim Öffnen noch mit ein bisschen Gärkohlensäure, benötigte 15 Minuten Luft und war dann einerseits taufrisch, andererseits auch in Würde gereift. Zumindest für den Silvaner als Rebsorte mit einem typischen Genusshorizont von unter 30 Jahren hat sich der Schrauber bewährt. Als wäre sie beleidigt, hat die Rinde beim wichtigsten Wettbewerb der Rebsorte noch einmal Verwüstungen hinterlassen. Hoffentlich zum letzten Mal.

Internationaler Preis des Silvaner Forums 2021

Die Besten des Wettbewerbs: 

Kategorie „Jederzeit“ 

Der Sieger: 

2020 Silvaner – Familiengewächs, Alte Reben WINZER SOMMERACH – Die Genossenschaft

Die drei Nominierten: 

2020 Volkacher Ratsherr Silvaner Kabinett Weingut Manfred Braun, Nordheim am Main

2020 Silvaner – Flurwerk
Bio-Weingut Laudens Bach, Frickenhausen 

2020 Silvaner – Edition Karl Winzerhof Burrlein, Mainstockheim 

Kategorie „Herausragend“ 

Der Sieger: 

2019 Sommeracher Katzenkopf Silvaner Weingut Freihof, Sommerach 

Die drei Nominierten: 

2020 Volkacher Ratsherr Silvaner Spätlese – 7 Viertel Weinbau Bernhard u. Birgit Meusert, Fahr am Main 

2020 Escherndorfer Lump Silvaner Spätlese Winzerhof Kieselsmühle, Dettelbach 

2019 Stadecker Lenchen Silvaner – Selection Rheinhessen Weingut Posthof Doll & Göth, Stadecken-Elsheim  

Kategorie „Anders“ 

Der Sieger: 

2019 Silvaner – INDIGENIUS WEIN-ROTHE, Nordheim 

Die drei Nominierten: 

2015 Silvaner – 180 ° Kehrtwende Weingut Galena, Sommerach 

2018 Silvaner – Amphore – Keuper-Connection
Weingüter Hillabrand, Hüttenheim / Ilmbacher Hof, Iphofen / Max Martin, Ziegelanger 

2020 Grosswallstadter Silvaner AR Weingut Giegerich, Großwallstadt 

Kategorie „Souverän“ 

Der Sieger: 

2011 Silvaner – EIGENART Weingut Max Müller I, Volkach

Die drei Nominierten: 

2004 Silvaner Spätlese Weingut Brügel, Castell-Greuth 

2001 Silvaner – 10. Aprilles 1659 Domäne Castell, Castell 

2011 Greuther Bastel Silvaner Spätlese Weingut Brügel, Castell-Greuth

Kategorie „Bezaubernd“ 

Der Sieger: 

2015 Stettener Stein Silvaner Beerenauslese Weingut Höfling, Eußenheim 

Die drei Nominierten: 

2019 Escherndorfer Lump Silvaner Trockenbeerenauslese Weingut Horst Sauer, Escherndorf 

2016 Casteller Kugelspiel Silvaner Eiswein Fürstlich Castell’sches Domänenamt, Castell 

2018 Iphöfer Julius-Echter-Berg Silvaner Beerenauslese Weingut Hans Wirsching, Iphofen 

Kategorie „International“ 

Der Sieger: 

2018 Sylvaner Zotzenberg Grand Cru Domaine Boeckel, Mittelbergheim, Elsass

13 Gedanken zu „Die Rache der Rinde“

  1. Die Differenzierung verstehe ich nicht. Was ist denn die Spitze im VDP Franken? In den beiden obersten Kategorien bei Eichelmann und Vinum stehen ausschließlich VDPisten, so dass man diese Weingüter wohl zumindest auch der Spitze im VDP zurechnen kann. Trotzdem füllt keines dieser Weingüter seine GGs in Bocksbeutel ab. Außerdem ging es eigentlich um die schöne Vorstellung, dass fränkischer Silvaner zum Kultwein im Premiumbereich wird, und die Frage, ob der Bocksbeutel dabei hilfreich ist.

    1. Okay, sorry. Ich dachte Weltner, BüSpi, Wirsching, Castell… würden Bocksbeutel für Ihre GGs verwenden. Aber dann hat sich das in den letzten Tagen geändert.
      Ich habe Dir Doch aber jetzt schon uneingeschränkt recht gegeben.

  2. Sorry, zu viele Zahlen. Seit 2000 sind es natürlich nur fünf neue Betriebe im VDP Franken, aber die Quote bleibt bei 0 % Bocksbeutel im Bereich der GGs.

  3. Lieber Felix, die Berichte über Franken und Silvaner finde ich wirklich interessant. Früher habe ich nur Horst Sauer regelmäßig gekauft, aber mittlerweile ist mein Spektrum stark erweitert. Zuletzt hat mir der Silvaner L 2019 von Rainer Sauer sehr geschmeckt.

    Ein echtes Problem habe ich allerdings mit dem Bocksbeutel. Das Format ist im Keller, im Kühlschrank und am Tisch einfach unpraktisch. Eigentlich hätte ich gerne den Katzenkopf von Freihof zum Weglegen gekauft, aber wegen des Formats wird es jetzt wohl der Eigenart von Müller I.

    In der Spitze scheint das auch immer mehr Konsens zu werden, aber darunter wird die Tradition häufig hochgehalten. Ob das noch viel bringt, wage ich zu bezweifeln. Vielleicht sterben die Konsumenten langsam aus, die einen Bocksbeutel benötigen, um zu wissen, woher der Wein kommt, und jüngere denken eher an Mateus oder daran, dass er den Klimaschrank verstopft. Es wäre schön, wenn man wenigstens zwischen den Formaten wählen könnte. Viele Grüße Tobias

    1. Den Konsens in der Spitze sehe ich nicht. Sauer (x2), May, Wirsching, Spitäler (x2), Castel haben alle den Bocksbeutel im Einsatz. Gut, die GGs werden teils (aber wirklich nur teils) in der GG-Schlegelflasche gefüllt. Dazu mal eine technische Frage: welchen Schrank verwendest Du, dass die Schlegelflasche gegenüber dem Bocksbeutel das kleinere Problem ist? Wenn ich wählen müsste, alles in der Schlegelflasche oder alles im Bocksbeutel, ich würde letzteres wählen, denn der ist wenigstens immer gleich groß, während es ein Dutzend verschiedene Schlegelgrößen gibt. Die Schlegelflasche ist die größte Katastrophe und auch die einzige Flasche, die mir schon mehr als einmal auf Schlittenfahrt mit finalem Klirr gegangen ist.
      Ich habe einen Liebherr Grand Cru, bei dem ist das unterste Fach verkürzt, weil da das Klimagerät sitzt. Ist wie gemacht für Bocksbeutel. Du siehst, mehr Dissens als in dieser Frage geht nicht 😉

      1. Ja, da liegen die Meinungen offensichtlich weit auseinander. Welches Format grundsätzlich besser ist, weiß ich auch nicht, aber die Schlegelflasche ist eben der Standard und im Liebherr Vinothek stören Bocksbeutel neben Schlegelflaschen schon. Außerdem habe zumindest ich weder eine Kühlmanschette noch einen Weinkühler für Bocksbeutel – letztere dürften auch schlechter kühl halten. Außerdem habe ich viele der stapelbaren Kunststoffboxen mit den seitlichen Öffnungen, durch die man zwar Schlegelflaschen gut einlegen und entnehmen kann, aber keine Bocksbeutel. Bei gemischten Bestellungen gerät die Verpackung deutlich aufwändiger, wenn ein oder zwei Bocksbeutel dabei sind. Ich habe zum Beispiel das Best of Gold Paket bestellt und die Verpackung war wegen der Bocksbeutel ziemlich eigenwillig und unpraktisch. Als kleine Minderheit neben der Mehrheit der Schlegelflaschen ist der Bocksbeutel daher zumindest für mich bei der Lagerung und dem Gebrauch unpraktisch. Mit der Spitze meinte ich nur die GGs bzw. Großen Lagen. Nach einer überschlägigen Prüfung würde ich schätzen, dass davon die letzten Jahrgänge zu 70 % plus x nur in Schlegelflaschen verfügbar sind – bei den besonders hoch bewerteten Produzenten dürften es noch mehr sein, was aber natürlich schon wieder relativ ist.

        1. aber die Schlegelflasche ist eben der Standard
          Die Schlegelflasche ist nicht der Standard. Der Standard ist Bordeaux und die häufigste Ausnahme Burgund. Schlegel ist nicht mal 1% der Weltweinproduktion.
          im Liebherr Vinothek stören Bocksbeutel
          Im Grand Cru nicht, und nu?
          Außerdem habe zumindest ich weder eine Kühlmanschette
          Ich schon. Ist übrigens eine Kühlmanschette, mit der ich einen Teil meiner Karaffen kühlen kann.
          noch einen Weinkühler für Bocksbeutel
          Echt? Du benutzt Weinkühler? Oje.
          letztere dürften auch schlechter kühl halten
          Wieso?
          Außerdem habe ich viele der stapelbaren Kunststoffboxen mit den seitlichen Öffnungen
          …und ich keine einzige. Machst Du ernsthaft dem Bocksbeutel den Vorwurf, dass Du Dir ein nicht passendes Lagersystem gekauft hast? Schlegel-(Doppel)magnums und Bag in Box gehen übrigens auch schlecht in Deine Boxen. Was sind Doppelmagnums dann? Alberne Flaschenformen?
          Ich habe zum Beispiel das Best of Gold Paket bestellt und die Verpackung war wegen der Bocksbeutel ziemlich eigenwillig und unpraktisch.
          Ich hab das auch bekommen und fand es genial und irre praktisch.
          Wenn man drei GGs verschickt, wiegt das zertifizierte Postpaket der Schlegelflaschen 5070 Gramm, da kostet die Schlegelflasche 2,50 Euro Extraporto gegenüber dem Bocksbeutel. Habe ich schon ganz oft erleben müssen. Finde ich total relevant. Du auch?
          Als kleine Minderheit neben der Mehrheit der Schlegelflaschen ist der Bocksbeutel daher zumindest für mich bei der Lagerung und dem Gebrauch unpraktisch.
          Gerade weil er eine Minderheit ist und das siebte Fach meines Schranks, das keine Schlegelflaschen mag, so liebevoll ausfüllt ist er für mich total praktisch.
          Mit der Spitze meinte ich nur die GGs bzw. Großen Lagen
          Wer die Spitze so definiert hat seine Frankenkenntnisse zumindest nicht von mir…
          ich schätze, dass davon die letzten Jahrgänge zu 70 % plus x nur in Schlegelflaschen verfügbar sind
          Das ist eine grobe Fehleinschätzung. Aber Du meinst wahrscheinlich gar nicht Große Lagen, sondern nur trockene Große Lagen, vulgo GGs. Ja, unter diesen 50 Weinen gibt es ein paar mehr Schlegel, weil Rainer und Horst Sauer und das JuSpi dort Schlegel nutzen, das ist aber nicht ansatzweise 70% plus x, weil die Rucks und Arnolds und Co noch recht häufig mit Bocksbeutel unterwegs sind. Das passt tatsächlich nur, wenn man den kleinen Kunstgriff mit den ‘bestbewerteten’ nimmt. Also weil im Kontext May, Weltner, Luckert, Knoll, Büspi, Juspi, Wirsching, Sauer, Sauer, Castell dann ungefähr 18 zu 8 rauskommt (weit mehr als 70% plus x?) ist der Bocksbeutel unter Spitzenproduzenten verpönt? Mengenmäßig schießt Wirsching die anderen privaten übrigens im Alleingang ab und macht zu 100% Bocksbeutel. Also der ist lange nicht so verdrängt, wie Du hier behauptest.
          Obendrein füllen alle Ihre Großen Lagen edelsüß in Bocksbeutel, teils sogar in Halbflaschen und mit Schraubverschluss.

          Sorry, schreib doch einfach, dass Du ihn nicht magst. Alle Deine ‘Argumente’ waren entweder Mutmaßungen, die weitgehend falsch sind oder Konstruktionen, die man gemeinhin ‘von sich auf andere schließen’ nennt. Da ich aber eben ganz anders bin als Du, fällt es mir im Traum nicht ein, Deine Schlüsse für schlüssig zu halten. Ich gönne Dir Deine Abneigung von Herzen, aber bezeichne sie doch als das, was sie ist: eine Emotion, vielleicht gestützt durch Deine hochindviduelle Ausstattungssituation.

          1. Habe etwas fürs Zählen gebraucht, aber, ehrlich jetzt? Jenseits irgendwelcher Befindlichkeiten ist nüchtern betrachtet doch eindeutig, dass der Bocksbeutel im Verschwinden begriffen ist – zumindest im Premiumbereich. Okay, von den VDP Mitgliedern bieten nur 64 % ihre GGs nicht mehr im Bocksbeutel an, aber seit 2000 wurden sechs Betriebe aufgenommen und bei denen beträgt die Quote 100 %. Außerhalb des VDP sieht es nicht anders aus. Bei den nach Eichelmann mit 5 Sternen bewerteten Weingütern beträgt der Anteil der trockenen Premiumweine im Bocksbeutel 0 % – nimmt man die Güter mit 4,5 Sternen dazu, bleibt er bei 0 %. Jetzt will man nicht so sein und berücksichtigt auch die Betriebe mit 4 Sternen, das sind dann insgesamt 18 und die Quote für den Bocksbeutel steigt auf ganze 11 %. Natürlich gibt es Rankings, in denen das nicht ganz so drastisch rüberkommen mag, aber die Tendenz ist immer die Gleiche. Bei Vinum findet sich in den beiden besten Kategorien ebenfalls kein Weingut mit Bocksbeutel und bei allen 14 genannten Toperzeugern beträgt die Quote im Premiumbereich auch nur 22 %. Selbst das Juliusspital ist bei den GGs umgestiegen und nach meinem Eindruck liegt gerade bei Betrieben, die in den letzten Jahren für Furore sorgten, die Quote für den Bocksbeutel auch insgesamt bei 0 %. Sogar ein ausgewiesen fränkischer Winzer wie Nico Scholtens hat dem Bocksbeutel den Rücken zugekehrt. Vor 20 Jahren hätte das noch völlig anders ausgesehen und einen Umstieg hin zum Bocksbeutel konnte ich nirgends feststellen.
            Für Franken finden sich zwar keine entsprechenden Zahlen, aber in dem Bereich von Baden, der auch in Bocksbeutel abfüllen darf, ist der Bocksbeutel teilweise von 90 % auf 5 % zurückgegangen. Für Franken findet sich nur ein Rückgang von 34 % in 2013 auf 26 % in 2019, was allerdings in zweifacher Hinsicht bemerkenswert ist. Erstens waren die Mostgewichte in den besagten Jahren bekanntlich hoch und damit viele Weine für eine Abfüllung in Bocksbeutel geeignet und zweitens wurde 2016 der neue Bocksbeutel PS eingeführt. Diese Neugestaltung sollte den Abstieg des Bocksbeutels bremsen, ist aber so elegant geraten, dass der VDP sie großzügig dem Rest der Winzerschaft überlässt und sie mir praktisch nur im Supermarkt über den Weg läuft. Den Trend konnte sie also nicht brechen.
            Das mag zum Teil an so ignoranten Konsumenten wie mir liegen, die sich einfach keinen bocksbeutelgeeigneten Klimaschrank oder eine passende Kühlmanschette anschaffen wollen – von so zurückgebliebenen Gerätschaften wie Weinkühlern ganz zu schweigen. Es mag dafür aber auch objektive Gründe geben. Der Versandhandel nimmt zu und selbst der Präsident der fränkischen Weinbauern räumte gegenüber dem Bayerischen Rundfunk ein, dass der Bocksbeutel mehr Platz benötigt als andere Formate. Gemischte Sendung stellen offensichtlich höhere Anforderungen an die Verpackung als, wenn es nur um Schlegel-, Burgunder- oder Bordeauxflaschen geht.
            Googelt man „Bocksbeutel lagern“, so findet man zuerst den tollen Tipp von Vinum, sich für Bocksbeutel eine Kiste mit Sand in den Keller zu stellen. Danach kommt man zu einem Forum, in dem die schlechte Stapelbarkeit beklagt wird, und in der Tat, mir ist es mit viel Übung tatsächlich gelungen, Schlegel-, Burgunder- oder Bordeauxflaschen gemischt zu stapeln, aber Bocksbeutel bekomme ich immer noch nicht dazwischen. Daher ist es zwar richtig, dass die Schlegelflasche nur für deutsche GGs den Standard darstellt, aber das ändert nichts daran, dass die Form des Bocksbeutels im Vergleich zu den gängigen Formaten besondere Schwierigkeiten bereiten kann. Bei den Treffern kommt dann auch dein Beitrag aus 2014, in dem es hieß:

            „Ich finde Bocksbeutel doof, jene altdeutsche Flaschenart, in der traditionsbewusste Franken ihren Wein füllen. Bocksbeutel kann man nicht stapeln, Bocksbeutel nehmen in der Kühlschranktür den Platz von zwei Flaschen ein, Bocksbeutel kreiseln wie beim Flaschendrehen, will man sie liegend lagern und Bocksbeutel dienen viel zu vielen Winzern als Ausrede weiter auf Korken zu setzen (dabei gibt es ihn mit Schraubgewinde und Glasverschluss).“

            Danach hast du zwar schon damals geschrieben, wie sehr du den Bocksbeutel trotzdem schätzt, aber nicht, weil er praktisch ist, sondern individuell und traditionell. Beides sind natürlich Kriterien, wobei auch Kork als Verschluss gerne mit der Tradition verteidigt wird, es ändert aber nichts daran, dass die Mehrheit der Konsumenten und der Produzenten ihre Entscheidung gegen den Bocksbeutel wohl aus weniger emotionalen Gründen trifft. Mir war diese Flaschenform egal, solange ich sie nur sporadisch gekauft habe, jetzt finde ich sie einfach unpraktisch, ganz ohne Emotionen und nicht wegen einer mangelhaften Ausstattung, die ich sicher mit mindestens 99,9 % der Weintrinkerinnen und Weintrinker ohne passenden Klimaschrank und Kühlmanschette teile. Willkommen in der Blase.

            1. Also erst wolltest Du über alle Weine der besten Betriebe im VDP sprechen, dann nur über GGs und als bei May, Weltner, Luckert, Knoll, Büspi, Juspi, Wirsching, Sauer, Sauer, Castell Deine weit mehr als xy Prozent immer noch nicht hinkamen sind es jetzt wieder Vinum und Eichelmann? Ab da habe ich die Lektüre abgebrochen und beschlossen: Passt schon, Du hast bestimmt recht.

  4. Hi Felix,

    Habe grade bei dem Freihof Silvaner zugeschlagen.
    Deine Beschreibung verspricht großes und das für den Kurs? Wahnsinn!

    Was wäre deine Vermutung für eine erste Trinkreife?

    Viele Grüße und ein frohes Fest

  5. Hi Felix, danke für Deine Eindrücke. 🙂

    War denn da niemand, der die kontaminierten Weine aussortiert hätte, bevor sie der Jury vorgestellt wurden?

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