Besser spät als nie

Ich war zu beschäftigt im Dezember, um zeitnah über berichtenswerte Weine zu bloggen. Also hole ich das hiermit nach. Die folgenden drei wollte ich unbedingt noch beschreiben.
Als ich den ersten Wein erstand, war mir weder klar, dass Christmann gute Rotweine macht, noch dass der Königsbacher Ölberg fantastische Spätburgunder hervorbringen kann. Da ich in der Zwischenzeit um diese Erkenntnisse reicher bin, war ich auf den Wein besonders gespannt.
Christmann, Königsbacher Ölberg, Spätburgunder trocken, 2005, Pfalz. In der Nase wenig Frucht (Kirsche) und deutliches Holz, etwas blutig und kräutrig aber insgesamt zurückhaltend. Am Gaumen ist der Wein wunderbar mineralisch, im Alkohol (13,5%) unauffällig, von mittlerem Körper, harmonischem, zurückhaltenden Tannin mit Aromen von Blut und Bleistift und einer verhaltenen Säure. Um grandios zu sein, ist er etwas zu dünn, ein wenig extrahierter gefiele er mir besser. Trotzdem ist das noch ein sehr feiner, eleganter Spätburgunder, der Trinkfluss und Anspruch vereint. Als Essensbegleiter besser geeignet denn zum solo trinken.

Drei Weine, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten
Trio mit vier Fäusten

Zu Weinen von Zillinger bin ich gekommen, weil er bei Mövenpick im Sortiment vertreten ist, und mir die Weine bei Proben gefielen. Als ich sie kaufte und auch als ich diesen hier trank, war mir nicht klar, dass Herbert Zillinger so eine Art österreichischer Mini-Kühn ist. Das entnahm ich erst diesem Gastbeitrag bei Dirk Würtz, der einige Tage nach meiner Begegnung mit den ‚Alten Reben‘ erschien.
Zillinger, Grüner Veltliner ‚Alte Reben‘, 2006, Niederösterreich. Die Nase ist etwas muffig, dazu kommen aber auch angenehme Aromen von Birne, Honigmelone und Rosmarin. Am Gaumen ist der Wein ölig, ziemlich massiv, würzig, auch pfeffrig, mit wenig Frucht, sehr trocken wenngleich mit leicht alkoholischer Süße (bei 14%) dazu sehr mineralisch und mit einem leichten Bitterl ausgestattet. Ich mag diesen auf Mineralik und Würze getrimmten Veltlinertypus alle paar Monate als willkommene Abwechslung zu meinen deutschen Rieslingen und Weißburgundern. Der Abgang des ‚Alte Reben‘ ist sehr lang und würzig, nach einer Weile wird mir der eigentlich hervorragende Wein ein wenig zu mastig, da kann ich keine ganze Flasche von trinken – auch nicht über zwei Tage.
Keinerlei Überraschung hielt der letzte Wein parat – ich kenne Vorgängerjahrgänge aus der Gastronomie. Ich kaufte ihn als Füllwein, um einen Zwölferkarton vollzumachen und trank ihn ohne allzu große Erwartungen.
Max Ferd. Richter, Weissburgunder ‚Pinot Blanc‘, 2009, Mosel. In der Nase Birne, Mandarine und Stachelbeere sowie ein leichter Jogurt-Ton, der aber nicht zu käsig riecht, so dass ich die Nase immer noch harmonisch fand. Am Gaumen etwas cremig, ziemlich voll und wuchtig mit Birne, Apfel und Pistazie, vernünftig eingebundenen 13% Alkohol und einem leichten Bitterton, der aber ganz animierend wirkt. Der Abgang ist lang bis sehr lang und der Wein sehr gut, wenngleich ob der sehr milden Säure ein wenig spannungslos – ein Wein für Gäste, bei denen man nicht sicher ist, ob sie zu extreme Weine nicht überfordern.

Der beste Weißburgunder der Welt

Ich plagiiere! Die Überschrift dieses Artikels stand so auch vor einigen Jahren in der Zeitschrift Weinwelt und ich fand sie ziemlich doof. Die besten Weine der Welt zu suchen, ist ein aussichtsloses Unterfangen, sie zu küren Anmaßung. Doch ich kam ins Grübeln: Dem Weißburgunder wird nur in Deutschland ein so großer Stellenwert eingeräumt, dass er als GG zugelassen ist, in eigenen Wettbewerben prämiert wird und preislich an die trockenen Spitzen unserer Hauptrebsorte, des Rieslings, heranreicht. Dort wo er als Pinot Blanc oder Bianco wächst, steht er meist im Schatten des Chardonnay und wird bestenfalls als anspruchsvoller Tischwein gekeltert. Der beste Weißburgunder der Welt weiterlesen

Schwere Jungs

Mein Geschmackssinn gibt mir Rätsel auf. Das ist wohl der Grund, warum ich ein Weinblog schreibe. So bin ich angehalten, kontinuierlich Notizen zu machen und dabei über das getrunkene und geschmeckte zu reflektieren. Allzu groß ist der Erkenntnisgewinn bisher nicht. Eines allerdings kann ich festhalten: Ich bin zutiefst ungerecht. Manchmal begegne ich Weinen, denen ich eine gewisse Klasse attestieren muss, und sie können mich trotzdem nicht überzeugen und manchmal trinke ich mit Begeisterung einen Wein, den man – vermutlich nicht ganz zu Unrecht – mit einem Satz pauschal verunglimpfen könnte, und komme aus dem Schwärmen nicht heraus.

Es wäre wünschenswert, wenn ich dabei ein Muster an den Tag legte, dann könnte ich von Vorlieben sprechen. Aber leider ist es nicht so einfach. Selbst innerhalb eng gefasster Parameter ist die Varianz meiner Wahrnehmung beträchtlich. Tagesform taugt als Erklärungsansatz nur bedingt, da ich die meisten Weine, zu denen ich mich hier äußere, über mehrere Tage trinke. Von Etiketten bin ich nur selten beeindruckt (manchmal bestimmt), denn im vorliegenden Fall müsste das Urteil sonst andersherum ausfallen. Konkret hatte ich dieser Tage wieder zwei fette Brummer im Glas, von denen ich den einen im Endeffekt etwas ermüdend fand, während das vermutlich plumpere Exemplar mich restlos überzeugt hat.

Joachim Heger, ‚Vitus‘ Weissburgunder, 2009, Baden. Der Wein stammt vom Weinhaus, nicht dem Weingut Dr. Heger, ist aber trotzdem eine Erzeugerabfüllung. Ich dachte immer, nur die unter dem ‚Dr. Heger‘ Etikett produzierten Weine kämen aus eigenen Trauben und das ‚Weinhaus‘-Label wäre für zugekauftes Material reserviert, aber dem ist offenbar nicht so. Ich hatte den Wein nach einer Probe gekauft und wusste, was mich erwartet. In der Nase sehr viel frisches Holz, etwas Birne und Mandarine, sehr cremig, buttrig aber auch leicht ranzig und ordinär, wie Weissburgunder manchmal ist. Am Gaumen ist der Wein ebenfalls ausgesprochen cremig, mit Orange und Haselnuss, sehr viel Holz und Rauch, etwas Mineralik und feiner Säure. Der Weissburgunder ist so üppig, dass er 14,5% Alkohol wacker verdaut, wenngleich eine alkoholische Süße den Abgang prägt, ohne jedoch den Vitus brandig erscheinen zu lassen. Der Ausklang ist sehr lang, der Wein ungemein schmelzig. Er trinkt sich gut zum Essen (nimmt es mit den Kapern in Königsberger Klopsen spielend auf) und macht auch solo anschließend eine gute Figur.

Empfindlichere Weinfreunde nennen sowas vielleicht ein alkoholisches Holzmonster, ich nenne das einen Klassewein.

Hochheimer Hölle EG 2005Künstler, Hochheimer Hölle, Riesling Erstes Gewächs, 2005, Rheingau. Fünf Jahre Vorfreude ergossen sich ins Glas, denn ebenso lange reifte der Wein in meinem Keller. Dass Künstler keine schlanken EGs macht, war mir wohl bekannt. In der Nase überreife Aprikose und Bratapfel, Muskat, etwas Malz und eine leichte Reifenote. Am Gaumen ist der Riesling ziemlich fett. Nicht, weil er besonders viel Restsüße mit sich rumschleppt, sondern eher, weil 13,5% Alkohol, viel Frucht und etwas Zucker nicht ausreichend von Säure und Mineralik abgepuffert werden. Dabei ist er durchaus mineralisch und tief, vor allem aber von überreifer Frucht (wiederum mürber Apfel und Dörraprikose) geprägt. Das beeindruckt beim ersten Glas und ermüdet beim zweiten. Damit will ich nicht sagen, dass der Wein ein Blender wäre; er ist grandios – aber eben so raumgreifend, dass es irgendwann anstrengend wird, selbst wenn man die Flasche über drei Tage streckt. Vielleicht eher ein Wein für kühle Herbstabende oder eine größere Runde.

Es bleibt in der Familie

Die beiden ersten ernsthafte Flaschen meiner Weinkarriere waren ein Geschenk meines Vaters: ein Achat von Laible und eine trockene ‚S‘-Klasse vom Karthäuserhof. Eine würdigere Inauguration in die Rieslingwelt Es bleibt in der Familie weiterlesen

Übung macht den Meister

Als ich im Jahr 2007 das erste Mal das Weingut Günther Steinmetz besuchte, um die Weine des Hauses zu probieren und zu kaufen, eröffnete Winzer Stefan Steinmetz den Reigen mit einem Weiß- und einem Grauburgunder, die ich als schauerlich bezeichnen möchte. 14% Alkohol bei 10 Gramm Restzucker (beides Pi mal Daumen aus dem Gedächtnis geholt) führten zu einem schnellen Urteil: plump. Das Charmanteste an den beiden Burgundern war die Offenheit, mit der Hausherr Steinmetz sie präsentierte: Das sei noch nicht der Weisheit letzter Schluss und er suche noch nach dem optimalen Zugang zu diesen Reben, ließ er mich beim Einschenken wissen.

In den Folgejahren war eine Verbesserung zu erkennen und ein paar Flaschen wurden Teil meiner jährlichen Bestellung, wenngleich ich einräume, dass sie eher als Koch- und Schorleweine dienten. Der Durchbruch ist für mich der Jahrgang 2009. Dieser Tage habe ich mit großem Vergnügen eine Weißburgunder Spätlese mit erfreulich leichten 12% Alkohol getrunken. Um einen Kontext herzustellen: Kein Weltklassewein aber für 6,50€ ab Hof eine herausragende Leistung und mit hohen Ansprüchen vereinbar. Es macht einfach Spaß, Stammkunde bei Winzern zu sein, die offen über Ihre Arbeit (und Schwächen) reden. Man kann sich mitfreuen, wenn ihnen ein großer Wurf gelingt.

Günther Steinmetz, Weißburgunder Spätlese, 2009, Mosel. In der Nase ist der Wein ein bisschen hefig und nussig, dazu Mandarine, Mirabelle und Quitte. Am Gaumen überzeugt er mit einer leichten Art, präsenter Säure und schöner Mineralik. Ein dezentes Zuckerschwänzchen (‚dienende Restsüße‘) sorgt für ein schönes Volumen und der Wein wirkt recht druckvoll. Der Abgang ist sehr lang und mineralisch. Reicht fast an meinen Lieblingsweißburgunder vom anderen Flussufer heran.