Grosses Gelage (6)

Trittenheimer Apotheke, Riesling Auslese trocken – 1. Lage, 2007, Weingut Josef Rosch, Leiwen/Mosel. Die Flasche ist der Neugier geopfert, denn aus eigener Erfahrung mit älteren Jahrgängen möchte ich behaupten, dass der Wein frühestens in zwei Jahren zeigt, wie gut er wirklich ist.

Trittenheimer Apotheke - 1. Lage
1. Lage ohne VDP: Roschs Trittenheimer Apotheke Auslese trocken

Jetzt ist die Nase noch etwas eindimensional: Aprikose und etwas Aloe Vera. Am Gaumen ist der Wein schon jetzt ein Brecher: straffe Säure, sehr deutliche Mineralik, etwas Karamell, etwas Rauch, dazu Apfel. Das ist ein Kau-Wein, Riesling in 16:9 und TechniColor, von dem ein (gut gefülltes) Glas reicht, aber dafür füllt Rosch ihn auch in eine Halbliterflasche. Sehr mineralischer und unendlich langer Abgang. Der Alkohol ist so gut integriert, wie das bei 13,5% geht. Es zeigt sich für mich Potential wie beim 2005er, den ich dieses Jahr schon bei 95 Punkten sah.

Zum Abschluss der Mini-Serie über die diversen Ersten und Grossen Gewächse geht es jetzt also noch um die Renegaten, jene Winzer wie Werner Rosch vom Weingut Josef Rosch, die eine Erste Lage oder Grosses Gewächs vermarkten, ohne im VDP etc. zu sein. Holger Koch aus Baden scheint auch zu diesen zu gehören (die Weinliste weckt in mir den Eindruck, die Etiketten kenne ich nicht) und geneigte Leser, die andere kennen, können diese ja vielleicht per Kommentar ergänzen.

GG und Großes Gewächs ist nicht schutzwürdig

Es ist ein weit verbreiteter Glaube, nur Winzer, die dem VDP angehören, besäßen das Recht, ein Großes Gewächs zu füllen und zu vermarkten. Befeuert wird diese Annahme vielleicht von der Aussage de VDP: ‚Die Begriffe „Erste.Lage“ und „Grosses Gewächs“ sind Eigenmarken des VDP‘, welche man auf der Webseite des VDP findet.

Aus den Online-Datenbanken der EU ist ersichtlich, dass der VDP am 21. Februar 2003 versucht hat, den Begriff ‚Grosses Gewächs‘ beim Europäischen Amt für die Eintragung von Marken und Geschmacksmustern als Gemeinschaftsmarke einzutragen und dieses Ansinnen gescheitert ist. Nachdem das Amt die Marke am 25. März 2004 nicht eintragen wollte, da keine ausreichende Unterscheidbarkeit gegeben sei, legte der VDP zunächst Beschwerde ein. Als diese kein positives Ergebnis brachte, zog der VDP am 24. Januar 2007 den Antrag auf Eintragung der Gemeinschaftsmarke zurück. Über diesen Vorgang habe ich weder einen Zeitungsartikel noch  einen Hinweis auf einer Webseite oder in einem Blog gefunden. Das Urteil der Beschwerdekammer vom Februar 2006 ist bei der EU als PDF hinterlegt. Bisher ist es dem VDP ganz gut gelungen, das Thema aus der öffentlichen Diskussion heraus zu halten und vermutlich wird auch dieser Blogpost nichts daran ändern.

Ebenfalls gescheitert ist der Versuch des VDP, die ‚Erste Lage‘ als Gemeinschaftsmarke eintragen zu lassen. Gehören tut dem VDP die Marke ‚VDP Erste Lage‘ und ‚VDP Grosses Gewächs‘,   dem Bernkasteler Ring gehört die Marke ‚Großes Gewächs Bernkasteler Ring‘. Gegen die Eintragung der Abkürzung ‚GG‘ auf nationaler Ebene läuft das Widerspruchsverfahren.

Ich bin kein Jurist und will daher keine voreiligen Schlussfolgerungen ziehen. Ganz allgemein könnte ich mir aber vorstellen, dass die Tatsache, dass die EU die Begriffe ‚Grosses Gewächs‘ und ‚Erste Lage‘ nicht schützen mag, bedeuten könnte, dass jeder sie benutzen kann.

Holger Koch und Werner Rosch tun es schon.

Grosses Gelage (5)

Oberrotweiler Henkenberg***, Grauburgunder, Grosse Gewächs, Baden, 2006, Weingut Salwey. In der Nase bietet der Wein am ersten Tag wenig: etwas muffig, laktisch, kaum Frucht. Am zweiten Tag bessert sich das Bild deutlich: Aprikose und Karotte, Rauch und Vanille vom Holz paaren sich aber immer noch mit einer Joghurtnote. Am Gaumen saftig und süß mit cremiger Textur, erinnert ein bisschen an Sahnetrüffel, leichtes Vanille-Aroma im recht langen Abgang. Letzten Endes empfinde ich den Wein nicht als übermäßig komplex und definitiv eher als Essensbegleiter denn als Solisten. Mir war er 88-89 Punkte wert. Ich würde ihn in den nächsten drei Jahren mehrere Stunden vor Genuss dekantieren, halten wird er vermutlich noch ein Jahrzehnt oder mehr. Grosses Gelage (5) weiterlesen

Großes Gelage (3)

Graacher Domprobst Riesling ** Großes Gewächs, Mosel, 2005, Kees-Kieren. Mit 13,5% Alkohol ist dieser Riesling jahrgangsbedingt ein richtig fetter Brummer. In der Nase Pfirsich, Maracuja, Honigmelone, Mango und überreife Ananas gepaart mit einer leicht karamelligen Note. Am Gaumen dann sehr viel mehr Sahnekaramell, Schiefermineralik, Großes Gelage (3) weiterlesen

Großes Gelage (2)

Monzinger Halenberg, Riesling Grosses Gewächs, Nahe, 2007, Emrich Schönleber. Dieses GG ist ein Wein für all die (teils fanatischen) GG-Kritiker in der Deutschen Wein(foren&blog)szene; diejenigen, die meckern, GGs seien selten typisch, meist zu mastig, alkoholisch und qualitativ oft nur auf Niveau von guten Spätlesen.

Ich habe den Halenberg eher verkostet als getrunken, über 8 Tage immer mal wieder ein halbes oder ganzes Glas genossen, denn so jung wie er ist, hält er sich im Kühlschrank mehr als eine Woche und präsentiert jedes mal ein anderes Gesicht. Selbst im schwächsten Moment (der erste und der letzte Schluck) stemmt er für mich die 90 Punkte, das schönste Glas am vierten Tag waren auf meiner Skala ganz selten erreichte 96 Punkte.

4. Tag: In der Nase immer noch etwas hefig, mit einerseits Zitrusaroma von Grapefruit, andererseits cremigen Noten von Banane und Vanille, dazu etwas blumig. Am Gaumen eine feine Säure, ein ganz zarter Wein, dessen 13% Alkohol nicht spürbar in Erscheinung treten. Sehr tiefgründig, eher verspielt als wuchtig; ungemein mineralisch und sehr lang im Abgang

8. Tag: etwas saftiger als vorher aber immer noch eher zart. Im Abgang ein paar Gerbstoffe.

Ich glaube, in seinen besten Reifephasen wird er mitspielen, in der Liga der großen trockenen Weißweine der Welt.

Anlass für diesen Griff ins GG-Regal war der zweite Teil meiner Übersicht.  Während die Ersten Gewächse im Rheingau, wie in Teil 1 beschrieben, gesetzlich geregelt sind, was eine gewisse Eindeutigkeit bedingt, sind in den anderen Deutschen Anbaugebieten privatwirtschaftlich organisierte Verbände am Werk. An der Nahe sind die Regeln noch einigermaßen übersichtlich. Von nun an gilt es allerdings zwischen Lage und Wein zu unterscheiden. Ich beziehe mich jeweils zunächst auf die trockene Variante und beschreibe am Schluss, was es mit den süßen Varianten auf sich hat. Zusammenfassend will ich behaupten, dass an der Nahe GGs etwas wirklich gutes sind, denn die besten Winzer von der Nahe sind alle im VDP und alle VDP-Nahe-Winzer sind gut. Andere Regionalverbände haben Mitglieder, die eigentlich längst ausgestoßen gehören, weil sie seit langem keinen sehr guten Wein mehr produzieren. Einen Ausschluss sieht die Satzung des VDP jedoch nicht vor. Aber das ist nur meine persönliche Einschätzung. Hier also ein paar Fakten:

Die als große oder erste Gewächse und Lagen klassifizierten Weine Deutschlands gemäß ihren jeweiligen Spezifikationen nach Anbaugebiet − Teil 2: Nahe

 

Monzinger Halenberg GG 2007
Monzinger Halenberg GG

Name: Grosses Gewächs

Rebsorten: Riesling

Träger: Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP), keine gesetzliche Regelung, (teilweise) markenrechtlicher Bezeichnungsschutz

Mindestpreis: 15€

Kriterien: besondere Lage gemäß VDP-Klassifizierung; Ertragsbegrenzung auf 50 hl/ha; Mostgewicht mindestens im Spätlesebereich; sensorische Prüfung durch eine Kommission, maximaler Zuckergehalt 9 Gramm

Vertrieb: Vermarktung als Qualitätswein ab dem 1. September des Folgejahres ; Verwendung einer speziellen Rieslingflasche mit eingeprägter „Trauben-1“; Verwendung der Bezeichnung „GG“ (Abkürzung) auf dem Vorderetikett, keine Prädikatsangabe, gesetzliche Angaben (Alk, AP-Nr. etc) auf dem Rückenetikett, Kapsel mit VDP-Adler

Lagenverbrauch: Eingeschränkt, „Zweitwein“ möglich

Die Güter an der Nahe haben den „Lagenverbrauch“ erfunden, der ab 2015 von allen VDP-Winzern in Deutschland eingehalten wird. Er besagt, dass aus einer Ersten Lage genau ein trockener Wein vermarktet wird: das Grosse Gewächs. Trauben, die nicht in das GG fließen, wandern entweder in den „Ortswein“ oder in die diversen Süssweine, die mit Angabe des Prädikats und des Erste-Lage-Logos noch möglich sind. Es gibt dann also aus der Lage Monzinger Halenberg ein trockenes GG und restsüße Spät-, Aus-, (Trocken-)Beerenauslesen. Außerdem können Trauben aus der Lage in den Gutsriesling und Ortsriesling etc. wandern (bei Emrich-Schönleber etwa der ‚Monzinger Riesling’, der ‚Mineral’ oder der ‚Lenz’) . Heute produzieren die Güter an der Nahe noch einen trockenen Lagenriesling ohne Prädikat (Monzinger Halenberg Riesling trocken), der aber mindestens Spätlesequalität hat. Ab 2015 spätestens gibt es den nicht mehr.

Die VDP-Kollegen von der Mosel setzen einen drauf und produzieren auch restsüsse Kabinette aus ersten Lagen. Aber das ist nur ein Ausschnitt aus dem Chaos, welches an der Mosel herrscht. Damit beschäftigt sich demnächst Teil drei.