Das Warten hat ein Ende, ab jetzt geht es hier um Riesling. Was hat der Jahrgang 2025 für GGs hervorgebracht. Ich finde es für Sie heraus.
Wer gestern mitgelesen hat, der stellte vielleicht fest, dass ab 15.00 Uhr Funkstille war. Ich habe aber nicht früher Feierabend gemacht, sondern nur noch verkostet und in mein Spreadsheet notiert, um das Tagespensum zu schaffen. Heute Morgen habe ich dann noch jede Menge Spätburgunder nachgetragen. Hier geht es zum gestrigen Tag. Und jetzt Riesling.
Riesling
Mosel
2024
Rausch von Zilliken zeigt eine frische Nase. Hell strahlender Gaumen, angenehm trocken wirkend, saftiger Apfel und im Abgang kommt ein feiner Gerbstoff dazu. Sehr guter Start in den Tag. Dann die Fassprobe vom Lambertskirch Versteigerungs-GG von Lauer. Der war gestern Abend bei der Versteigerungsprobe schon so wahnsinnig gut. Das ist eine lange Geschichte, für die hier die Zeit fehlt. Gigantisch mit dieser feinen Phenolik und dieser wilden Aromatik. Hach!
Beim Bockstein von Van Volxem finde ich typische Rieslingfrucht in der Nase, saftig-klarer Gaumen, intensive, aber feine Frucht, reife Säure, gute Länge. Beim Pergentsknopp ist die Frucht angenehm knackig, Säure und Phenolik passend bissig und dann kommt viel aromatische und strukturelle Tiefe. Das könnte mal groß werden. Der Altenberg aus gleichem Hause ist die blumige Rieslingvariante – in der Nase und am Gaumen. Das ist hell und tanzt und macht sehr viel Spaß.
Grans-Fassian in einer schönen Reihenfolge: Laurentiuslay als Einstieg und die Nase ist typisch Moselriesling und der Gaumen auch und beides ist Moselriesling in ziemlich gut. Das muss man einfach mögen. Bei der Apotheke kommt in der Nase etwas mehr Tiefe dazu, am Gaumen wird es heller, kreidiger und fordernder. Da scheiden sich vermutlich die Geister wieder und ich gehöre zu denen, die das noch besser finden. Der Hofberg startet charmant und wird dann fordernd mit knackiger Säure und feinem schmirgeln. Mein Beuteschema. Tolle Länge!
Aprikose und blonder Tabak in der Nase, am Gaumen viel strahlende Frucht und knackige Säure, nach hinten raus feine Phenolik, beschwingt und nicht zu schwer. So geht Mosel-GG. Ich glaube an eine tolle Entwicklung beim Paulinshofberg von Fritz Haag. Bruder Thomas zaubert derweil in der Kernlage der Familie: Schloss Liesers Juffer-Sonnenuhr zeigt süße Frucht und knackige Säure, in absoluter Balance – das schwebt über den Gaumen. Sollte man noch lange reifen lassen, verlangt aber ganz dringend nach dem magischen Strohhalm. (Das ist der, durch den man das schon morgens trinken kann, ohne betrunken zu werden, literweise!)
Und dann kommt schon bald der nächste Wein, der ‚Frühstück!‘ ruft. Das Johannisbrünchen von Dr. Loosen hat eine unglaublich tiefe Frucht. Das ist auch im Abgang eine Minute lang wunderbarste Frucht, Frucht und nochmal Frucht. So schön! (Nennt mich ruhig Fruchttrinker.) Die Bernkasteler Lay von Loosen ist dann der kleine Bruder, der etwas weniger von der gleichen Frucht hat, dafür dazu etwas Malz und dunkle Würze bietet und den trinken dann diejenigen, die sich nicht als Fruchttrinker beschimpfen lassen wollen. Bei seiner Försterlay finde ich eine klassische Rieslingnase von der gelbfruchtig-würzigen Art und am Gaumen würzige Tiefe, die nach Wiedervorlage in fünf Jahren ruft. Komplex und vielversprechend.
Clemens Buschs Marienburg Rothenpfad schwappt erst ein bisschen lustlos durchs Glas und zündet auf einmal nach hinten raus den Turbo mit zupackender Phenolik und reifer Säure. Spannend. Knebels Uhlen ist hell und etwas unterm Hefeschleier liegend, aber sehr vielversprechend, weil zart und sicher bald auch elegant. Ich kann es kaum erwarten. Uhlen Blaufüsser Lay von Heymann-Löwenstein hat reife Frucht und etwas Malz und ist kein Leichtgewicht, aber sehr balanciert. Auf der schweren Seite von ausgesprochen gelungen. Der Roth Lay ist leichter, verspielter, meiner Meinung nach auch noch besser.
2023
Nik Weis zeigt spannende Sachen aus dem Vorjahr. Der Bockstein hat eine schöne, klassische Nase, fruchtig-würzigen Gaumen, reife Säure, schöne Länge. Jup, kann man so machen. Elegante Frucht und lebendige Säure im Layet. Macht Spaß! Und der beste 23er für mich ist das Goldtröpfchen: noch immer sehr unruhig, aber toller Biss, enorm viel Substanz, ohne voll oder schwer zu wirken, auf einem tollen Weg.
Rheingau
2024
Kesselers Berg Roseneck ist aus einem Guss und sehr beeindruckend: viel Stoff und kein Gramm Fett, viel Frucht, aber nicht plüschig, die kräftige Säure schon gut eingebunden und doch noch so viel Potenzial, auch dank dieses festen Kerns. Allendorfs Wein aus gleicher Lage hat eine bonbonbunte Gummibärchennase, die auch am Gaumen Spuren hinterlässt. Dann wird es seriös und vielversprechend. Braucht Zeit. Kleiner dunkelwürziger Ton in der Nase des Doosberg von August Eser, der eine falsche Fährte legt, denn am gebirgsbachklaren, saftigen Gaumen strahlt der Wein hell und bleibt es durch den langen, angenehm schmirgelnden Abgang auch. Extrem vielversprechend. Viel Potenzial auch bei beiden GGs von Prinz: der Schönhell ist verschlossen, gehört aber schon erkennbar in die Kategorie ‚Null Firlefanz‘ und wird seinen Weg gehen. Die Jungfer startet mit eher süßer Nase und punktet dann mit großer Klarheit am Gaumen. Faszinierender Säuregrip beim Steinberg Goldener Becher von Kloster Eberbach, pures Potenzial, das jetzt schon fasziniert, auch wenn man den Wein noch nicht trinken mag.
Sehr sortentypische Nase von der fruchtigen Art zum Start. Am Gaumen dunkel, erdig, steinig, dabei bissig, enorm tief – das hat diesen Groove, den im Rheingau eigentlich nur der Marcobrunn hat. Aber man lernt nie aus, es ist der Hassel von Barth, der vor zwei Tagen auch schon so toll war, aber heller wirkte. Ist Wurst, ist das beste GG, das der Winzer bisher gemacht hat, behaupte ich spontan (ich kenne die meisten seiner GGs). Prinz‘ Nussbrunnen ist wunderbar würzig, aber danach chancenlos, was schade ist, weil sicher sehr sehr gut. Ganz stark finde ich den Wisselbrunnen von August Eser: Malzig-warme Nase, intensives Frucht-Säure-Spiel, ausreichend trocken, nach hinten raus deutet sich unendliches Potenzial an.
Und dann tanzt der Papst im Kettenhemd. Noch etwas von Hefe geprägt, darunter hell, strahlend, und vielschichtig, der Abgang ist endlos und so tief und ich verstehe, wenn der Winzer selbstbewusst sagt: das wird mal ein Gigant, also nicht der übliche Gigant, sondern ein Jahrhundertwein. Den Gräfenberg von Weil kann man anbeten, wenn man das erste Gebot übertreten mag.
2023
Wegelers Rothenberg mit fruchtigem Start und dann wird der Wein sehr griffig, tolle Säure, sehr gute Spannung. Ganz wunderbar. Bei Schloss Johannisberg denke ich: Sehr blumige Nase, sehr heller Gaumen, sehr stimmiges Riesling-GG. Malzig-würzige Nase bei Allendorfs Jesuitengarten, aber federleichter Gaumen mit Klarheit und Strahlen. Die Frucht erinnert an Litschi und das ist ein hübscher exotischer Kick. Der St. Nikolaus von Kühn ist ein embryonales GG, fest gepuckt liegt es da und brabbelt mit bezauberndem Lächeln und etwas Babyspeck, und Papa ist sich doch sicher: du wirst rank und schlank und 100-Meter-Olympiasieger. Könnte passieren, denn da steckt so eine sehnige Struktur drin. Mag ich sehr. Auch bei Kühns Doosberg steckt da Substanz drunter und ein frisches Lächeln drüber. Erscheint mir etwas süßer und haut mich nicht so um, ist aber auch sehr gut.
Wisselbrunnen von Georg-Müller-Stiftung hat eine süßwürzige Nase. Sehr straffer und klarer Gaumen, tolle Gebirgsbachtextur mit wunderbarer Säure und dann griffiger Phenolik. Umwerfend. Diefenhardts Im Rothenberg fand ich am Samstag brav, heute präsentiert er sich mir ganz anders: Intensiv zitrusfruchtig, zupackende Säure, viel Substanz, sehr griffiger, feiner Gerbstoff. Im positiven Sinne Bombe! Und so machen wir auch weiter und kommen zu einem sehr schönen Abschluss. Domdechant Werners Hölle ist stark! Intensiv fruchtig, extrem griffig, steht unter einer inneren Spannung, dass die Funken sprühen. Nein, das ist nicht drahtig, aber in der Pfaälz wäre das schließlich ein Leichtgewicht. Einfach ein geiler Riesling (es gibt Weine, bei denen man um dieses Wort nicht herum kommt).
Da die Zeit ein wenig knapp wird, werde ich mich jetzt eine Weile auf das Verkosten konzentrieren und nach der Abendveranstaltung hier die Notizen ergänzen.
Hallo Felix,
wie jedes Jahr für Danke für die unterhaltsamen und aufschlussreichen Notizen.
Der Rheingau zeigt 2024, bringt aber 2023 in den Verkauf? Oder wurde auch hieran etwas geändert?
Viele Grüße
Mark
Die Winzer bringen 2023 in den Verkauf, können hier aber 24 zeigen, was viele tun. Manche haben mit dem späteren Verkaufsstart aber auch ihre Fülltermine nach hinten verlagert und die zeigen hier dann 23er.