Wiesbadener GG Premiere 2021 #vdpgg2021

Wiesbaden 2021 – Riesling, Teil 1

Hier sind die Verkostungsnotizen zu den Rieslingen von Mosel und Mittelrhein, aus Rheinhessen sowie aus Baden und Franken, die bei der diesjährigen Vorpremiere der Grossen Gewächse des VDP in Wiesbaden gezeigt wurden.

353 Riesling GGs kamen dieses Jahr am 1. September auf den Markt. Wobei das nicht ganz richtig ist, da sich mittlerweile wohl ein Dutzend Versteigerungs-GGs darunter befinden. Die kommen erst Mitte November in den Umlauf. In Wiesbaden standen 269 Rieslinge auf dem Probentisch, am Sonntagabend gab es dazu einige Versteigerungsweine zu probieren und am Samstag vorher im Rheingau weitere GGs, die es – teils aus Versehen – nicht nach Wiesbaden geschafft hatten. Von den probierten 275 Weinen fand ich nicht ganz die Hälfte erwähnenswert. Von den 30 Weinen, denen ich in der Kurzprobe Weltklasse attestieren mochte, kamen zehn von der Mosel, sieben von der Nahe und fünf aus dem Rheingau.

2020 – Nord besser als Süd?

Daraus zu schließen, dass der Jahrgang 2020 (nur drei der Lieblinge sind aus 2019) in südlicheren Gefilden nicht ganz so gut ausgefallen ist, halte ich für legitim. Das Niveau war insgesamt aber erfreulich, weil die Schwächeren nicht wirklich schwach waren und die Durchschnittlichen auf hohem Niveau lagen. Ein Wort noch zu 2019: 54 Weine aus diesem Jahr waren in Wiesbaden zu sehen und die Mehrheit präsentierte sich auf eine Art, die ich mal so beschreiben will: Das erste Jahr Reife hat es nicht so gut gemeint mit den Weinen, vor allem nicht mit denen aus der Pfalz. Ich habe letztes Jahr kein Fazit mit einer abschließenden Jahrgangs-Einschätzung veröffentlicht. Deswegen habe ich nichts zurück zu nehmen. Ich will aber gestehen, ich hatte den Jahrgang stärker abgespeichert, als ich ihn jetzt finde.

Mosel (Saar und Ruwer)

Die üblichen Verdächtigen werden immer besser und man könnte bei Betrachtung meiner Auswahl denken, es ändere sich nichts. Aber das stimmt nicht. Die Mosel ist als ganzes gesehen immer noch etwas süßer als der Rest der Republik und die schwierigsten Exemplare sind dropsig. Aber der Mehrzahl der GGs gelingt es mittlerweile die Frucht des Gebietes in einen GG-Kontext einzuarbeiten. Stellvertretend dafür stehen die beiden wirklich tollen GGs aus der Laurentiuslay.

Vorgestellte Weine: 55; Weltklasse: 10; Hervorragend: 13
Alle beschriebenen Weine sind aus 2020

Weltklasse

Clemens Busch, Pündericher Marienburg ‚Falkenlay‘. Wenn man das Barocke mag, dann ist das hier ganz großer Sport, weil unter einem üppigen, mürben Apfel tausend Schichten Stein lagern und eine nach dem anderen im endlos langen Abgang auftreten, wie 30 Vorhänge nach der umjubelten Premiere (ich bin halt schon zur Pause gegangen, aber das ist persönlicher Vorliebe geschuldet).

Clemens Busch, Pündericher Marienburg ‚Fahrlay-Terrassen‘. Das hat Zug und Frische und dann kommt ein klarer Apfel und dann kommt feinste Phenolik, kreidig, griffig und (fast) salzig. Pur und großartig. Das spricht jeden an, der Riesling mag, nicht nur die Opulenzfraktion.

Schloss Lieser, Wehlener Sonnenuhr. Wunderbar kreidige Phenolik, die weit weniger beißt als bei vielen anderen Weinen, fast schon cremig wirkt, dazu sehr feine Säure, gefühlt null Zucker und eine leicht blumige Anmutung. Noch verschlossen und abweisend, aber das wird vermutlich mal auf leise Art ganz groß.

Schloss Lieser, Lieser Niederberg Helden. Feinwürzig, auf der dunklen Seite der Mineralik und der reifen Seite der Frucht, dort aber weder üppig noch breit; sehr reife Säure, kaum Süße und enorm vielschichtig nicht nur im Abgang. Lagentypisch, unaufgeregt, viel Potential. 

Fritz Haag, Brauneberger Juffer. Der liegt noch unter einem massiven Hefeschleier und deutet doch schon ganz viel Typizität an. Tolle frische, gelbe Frucht und ein gewisses Strahlen, wie an einem Morgen, bei dem man trotz Frühnebels deutlich spüren kann, dass Kaiserwetter kommt. 

Fritz Haag, Brauneberger Juffer-Sonnenuhr. Wir wechseln von gelb zu orange, werden etwas erdverbundener, leicht rauchig, aber kein bisschen schwächer. Wenn die Juffer der Sonnenaufgang ist, ist die Juffer-Sonnenuhr der Sonnenuntergang – an dem selben, strahlend schönen Tag. Der Tag geht, Juffer-Sonnenuhr kommt (inklusive kleinem Whisky-Touch). 

Fritz Haag, Brauneberger Juffer-Sonnenuhr ‚Im Falkenberg‘ (Versteigerung). Das ist aromatisch wieder näher an der einfachen Juffer: hellwürzig, dazu Grapefruit; wirkt knalltrocken und beißend mineralisch.

Maximin Grünhaus – von Schubert, Maximin Grünhauser Abtsberg. Bunte Frucht und blumig ohne Ende, was für eine grandiose Aromatik, will man sofort mit nach draußen nehmen und ein Glas im Sonnenschein genießen, und dann kommt ernsthafte Mineralik und viel Potential und sagt: warte doch noch ein paar Jahre. Ein ganz großes GG! 

Maximin Grünhaus – von Schubert, Maximin Grünhauser Herrenberg. Und wieder so unendlich animierend, in der Aromatik ein ganz klein bisschen einfacher, viel saftiger Apfel, aber auch das ein Wein, der jetzt schon einladend, aber auch so deutlich potentialgesegnet ist, dass ich gar nicht anders kann als ‚Kaufbefehl‘ zu brüllen.

van Volxem, Kanzemer Altenberg. Saft und Zug und Mineralik, null Firlefanz (und bei vV gibt es ja häufig Firlefanz), ganz purer, klarer, straffer Riesling mit Weltklasse-Punch.

Hervorragend

Heymann-Löwenstein, Hatzenporter Stolzenberg. Da hat die Winzerin der Mineralik die Bühne bereitet: ‚Mach doch, wenn Du die Hauptrolle spielen willst!‘ Und die Mineralik macht und spielt die Hauptrolle und dominiert den Wein und seinen kleinen Stinker in der Nase und die verhaltene, etwas spröde Frucht und die reife Säure und ziiieeeht den Wein mit Macht auf ganz hohes Niveau. Für Steinweinfans ein Fest. 

Knebel, Winninger Uhlen. Leichter Stinker, dann sehr ausgewogen, feine Frucht und Säure, etwas Rauch, körperreich aber trotzdem leise und sehnig, mit sehr viel Grip und Potential im beißend mineralischem Abgang. 

Schloss Lieser, Brauneberger Juffer-Sonnenuhr. Das ist der Sonnenuhr des Bruders (Weingut Fritz Haag) schon sehr ähnlich, aber ich finde, Thomas Haag ist es nicht ganz so gut gelungen, die Opulenz des Filetstücks zu zügeln wie seinem Bruder Oliver. Jammern auf höchstem Niveau, ein wunderbares GG. 

Heymann-Löwenstein, Hatzenporter Kirchberg. Eigentlich aus der Kategorie ‚alles drin, alles dran‘: schöne Aprikose/Apfel-Frucht, feine Säure – aber die schmirgelfeine Mineralik im Abgang hebt ihn dann doch aus der Menge heraus. 

Grans-Fassian, Leiwener Laurentiuslay. Saftige Gebirgsbachklarheit mit zurückhaltender Mineralik/Phenolik. Ein GG, das seine Spannung vor allem aus Säurezug nimmt. Das ist irgendwie Old School, aber zwischendurch ungemein erfrischend! Auch GGs dürfen mit Durstlöscherqualitäten punkten – wie dieses hier.

Nik Weis – St. Urbans-Hof, Leiwener Laurentiuslay. Noch leicht hefig, darunter intensiv-fruchtig, aber nicht süßlich, gute Spannung mit reifer Säure und feinem Grip. Kompakt, etwas verschlossen und mit viel Potential.

van Volxem, Wiltinger Gottesfuss. Das hat ähnliche Anlagen wie der Altenberg, aber nicht den tollen Punch, klingt stattdessen eher saftig aus, was braver wirkt, aber immer noch für ein tolles GG reicht. 

Reichsgraf von Kesselstatt, Wiltinger Scharzhofberg. Wunderschöne, blumige Nase, sehr reife Frucht, die aber ausreichend leise daherkommt, rauchige Mineralik, leichte Malz-Note – das spielt auf der würzigen Seite und da ziemlich brilliant. 

van Volxem, Wiltinger Scharzhofberg. Heller als Kesselstatt, bissig-griffig, was vielleicht auch vom Schwefel kommt, aber auch eine sehr feine Säure und in der Frucht strahlend. Schlanker als üblich mit sehr schönem Zug; ganz kleines Zuckerschwänzchen. 

Peter Lauer, Ayler Kupp. Startet ganz simpel auf saftigem Apfel und fächert dann kräutrig auf, mit kleinem mineralischem Bitterl. Knackig und kompakt! Macht sicher großen Spaß, wenn mit Reife noch etwas Komplexität dazu kommt. Potential ist ausreichend vorhanden. 

Peter Lauer, Ayler Schonfels. Zugänglich, sehr würzig, mit schönem Säurebiss und reifer Frucht. Könnte ich jetzt trinken. Die griffige Phenolik durch den langen Abgang deutet viel Potential an.

Peter Lauer, Biebelhausener Feils. Hübsche Aloe-Vera-Nase, sehr saftig, fruchtig, zunächst etwas etwas einfach, doch dann kommt viel Grip und hebt das Niveau deutlich über den Durchschnitt. 

Nik Weis – St. Urbans-Hof, Schodener Saarfeilser Marienberg. Auch hier onkelt zunächst ein lustiger Apfel durchs Bild, aber dann ist der Gesamteindruck doch ziemlich puristisch, steinig, bissig – das braucht Zeit und könnte dann eindrucksvoll werden. 

Baden

Nur ein Wein aus Baden stand an. Wo war Laible?

Burg Ravensburg, Sulzfelder Husarenkappe, 2019. Frucht und Süße halten sich rasch die Waage mit reifer Säure und leicht torfiger Mineralik. Im Abgang wird die immer fester und entwickelt erheblichen Grip. Das ist ein Riesling auf der üppigen Seite, als solcher aber sehr spannend.

Mittelrhein

Vorgestellte Weine: 5; Hervorragend: 2; Schwer zu greifen: 1

Hervorragend

Toni Jost – Hahnenhof, Bacharacher Im Hahn. Startet als saftiges Leckerli und gerade wenn man ‚naja…‘ in das Notebook tippen will, stellt man fest, dass der Wein mit griffiger Mineralik minutenlang am Gaumen stehen bleibt. Ist wohl doch mehr als ein Leckerli – eher ein saftiges GG mit beeindruckendem, mineralischen Finish.

Ratzenberger, Bacharacher Wolfshöhle. Dunkelwürzig, üppig, voll, extrem zahme Säureanmutung; ein bisschen Wachau und zwischendurch passt das in einem solchen Probenfeld sehr gut, wenn es gut gemacht ist. Dies ist gut gemacht. Animierendes Bitterl im Abgang. Wunderbarer Wein.

Schwer zu greifen

Lanius-Knab, Oberweseler Oelsberg. Das ist erst saftig, dann viel süße Frucht (ist das Zucker?) und dann sehr viel sehr fester Stein. Wenn diese Süße nicht zunimmt, sondern sich integriert reift das zu einem wunderbaren Oelsberg wie dem 2007er, sonst wird es Limo mit Kreide.

Franken

Die Ausbeute ist schwächer als bei den Silvanern. Häufig fand ich Weine zwar sehr schön, aber auch ein bisschen simpel. Die 2019er wirkten teilweise trinkreif.

Vorgestellte Weine: 17; Weltklasse: 1, Hervorragend: 4

Weltklasse

Rainer Sauer, Escherndorfer Am Lumpen 1655, 2020. Kompakter Mix aus Frucht und Säure, aber auf leisen Sohlen unterwegs. Wird dann immer heller, feiner, wird kreidig und fängt an zu singen. Unheimlich lang, ganz viel Potential.

Hervorragend

Paul Weltner, Rödelseeer Hoheleite, 2020. Sehr zitrisch, zackige Säure, von etwas Schmelz gepuffert, dann kommt der Keuper mit seiner Hochsommer-Phenolik und zum Abgang wird es wieder fruchtig.

Bürgerspital zum Hl. Geist, Würzburger Stein-Berg, 2020. In der Nase Wachs und Kräuter, mit viel Schwenken ein bisschen Frucht, am Gaumen saftig, viel Apfel, dann wird es sehr erdig, fest, mineralisch und spröde. Wahnsinnig viel Potential schlummert im festen Abgang.

Störrlein Krenig, Randersacker Hohenroth, 2019. Unter einer an sich einfachen Riesling-Anmutung schlummert sehr viel feine Kreide. Erinnert an eine halb geöffnete Muschel, in der man aber schon eine Perle blitzen sieht. Geduld wird garantiert belohnt mit einem steinigen GG, das auch Fruchtfans nicht vor den Kopf schlägt. Ausgesprochen gut.

Hans Wirsching, Iphöfer Kammer, 2019. Leicht gemüsige Nase, am Gaumen zunächst sehr unruhig, dann übernimmt ein Mix aus reifer Frucht und Rauch und die Phenolik schwenkt ein. Die ist fest und trägt wahnsinnig lang. Da schlummert viel Potential für einen eher kräftigen Wein.

Rheinhessen

Sehr gut, aber einfach zu probieren, oft einladend und schon offen wie ein Scheunentor – so präsentierte sich Rheinhessen. Das ist in der Breite sehr gut, die Spitze ist dafür etwas kleiner.

Vorgestellte Weine: 35; Weltklasse: 4, Hervorragend: 15; Schwer zu greifen: 1
Alle beschriebenen Weine sind aus 2020

Weltklasse

Kühling-Gillot, Niersteiner Pettenthal. Das ist die Faust im Samthandschuh. kommt fröhlich apfelig angewackelt und entwickelt dann phenolischen Grip und mineralischen Druck, bis man denkt, man hätte den Mund voller Steine – dabei so spektakulär, dass es einem erstaunlich normal erscheint, sich über einen Mund voller Steine zu freuen. Tiefes Potential, großer Wein!

Wittmann, Westhofener Brunnenhäuschen. Ganz viel Biss, aber auch ein bisschen cremig, süße Frucht, Fenchel- und anderes Kraut, tolle Struktur mit nicht zu viel Druck. Enorm balanciert.

Gutzler, Westhofener Morstein. Auf eine extrem druckvolle Art sehr gut: ausgereifte, aber sehr präzise Frucht, tolle Säure, feine Phenolik und davon gar nicht so wenig. Der Riesling zeigt eine wunderbare Strukur, ist schon sehr offen und wirkt doch noch maximal entwicklungsfähig. Gutzler vor Wittmann im Morstein, ich hab mich so erschrocken, dass ich mich umhören musste: ist keine Einzelmeinung…

Battenfeld-Spanier, Mölsheimer Zellerweg am Schwarzen Herrgott. Das startet wieder recht fröhlich, bevor dann die sehr typischen dunklen, rauchigen Noten übernehmen, klingt aber schon jetzt sehr harmonisch aus (offen wie ein…). Hat aber auch diesen festen Kern, den man mit den Zähnen aufknacken möchte und der einen nicht loslässt.

Hervorragend

Kruger-Rumpf, Binger Scharlachberg. Viel Schmelz, extremer Druck, saftiger Apfel und noch mehr Druck. Eindrucksvoll, darf aber kein bisschen üppiger werden in der Reife, oder einfach jung trinken, jetzt zum Beispiel…

Wagner-Stempel, Binger Scharlachberg. Kann man 1:1 vom Kruger-Rumpf übertragen, hier aber etwas malziger und der Apfel ist etwas mürbe, was kein bisschen schwächer wirkt.

Wagner-Stempel, Siefersheimer Heerkretz. Offen wie ein… Viel reife Frucht, die sogar etwas ins Kandierte geht; straffe, sehr reife Säure, viel Power, im Abgang taucht Phenolik auf, definitiv auf der ausladenden Seite, aber extrem gut

Wagner-Stempel, Siefersheimer Höllberg. Das ist so charmant, dass man sofort eine ganze Flasche trinken möchte. Dabei berauscht man sich dann nicht nur am Alkohol, sondern auch an diesem wunderbaren Wechsel vom fruchtigen Antrunk zum rauchigen Nachhall, der mit seinem leichten Schmirgeln und minimalen Bittertönchen sofort nach einem kleinen Reparaturfrüchtchen aus dem Antrunk ruft… Das kann bestimmt prima reifen, aber leider bleiben keine Flaschen über, das zu überprüfen.

Rappenhof, Niersteiner Pettenthal. Das ist die etwas bravere Interpretation der Lage (verglichen mit Kühling-Gillot) mit der Betonung auf etwas: leichter Stinker in der Nase, kleiner Säureüberfall am Gaumen, feines mineralisches Bitterl, aber im langen Abgang findet sich das zu einer gewissen Noblesse zusammen – aller Ehren wert.

St. Antony, Niersteiner Pettenthal. Die vollste Frucht aller Pettenthals (Pettenthäler?), sehr saftig, aber auch hier greifen Säure und Mineralik Hand in Hand nach der Frucht und legen Sie in Ketten, auf dass es nicht zu bunt und simpel wird. Tolles Finish. 2020 ist ein Pettenthal-Jahr!

Gunderloch, Niersteiner Pettenthal. Extrem saftig, gelbfruchtig, darunter und im Abgang kreidige Phenolik, typisches, strahlendes Pettenthal mit Good Vibrations.

Gunderloch, Nackenheimer Rothenberg. Das hat viel Typizität, ist straff aber mächtig, druck- und geheimnisvoll und sehr sehr ‚rotbraun‘ wie die Lage (Malz, Rauch, Torf)

Versteigerungs GG Gunderloch

Gunderloch, Nackenheimer Fenchelberg, Versteigerung. (Die Senke zwischen den GG-Parzellen von Rothenberg und Pettenthal) ist mehr Rothenberg als Pettenthal, typisch malzig, aber üppiger und süßer (4 Gramm Restzucker). Das wird gereift ein dicker Brummer von höchster Ausdruckskraft, den man auch als Essenz des Rothenberg bezeichnen könnte.

Schätzel, Niersteiner Ölberg. Wild und unruhig, aber ganz viel Biss, Grip und Zug. Wer Schätzel nicht kennt und eine Einstiegsdroge in seine GG-Welt sucht, der sollte sich vielleicht mal diesen Wein gönnen, auch wenn es noch ein paar Jahre dauert, bis man ihn trinken sollte.

Wittmann, Westhofener Aulerde. Eher fruchtig mit viel Süße-Säure-Spiel und einer dezenten Mineralik. Das ist irgendwie Old School, aber sehr erfrischend!

Gutzler, Wormser Liebfrauenstift Kirchenstück. In einem süßfruchtigen Old-School-Flight mit den über und unter stehenden sowie zwei ordentlichen Groebe-GGs und Wittmanns Kirchspiel war dieser hier der mit der knalligsten Säure, bei etwas zurückhaltenderer Frucht. Der entsprechend kräftigere Zug brachte den Wein zum Leuchten.

Battenfeld-Spanier, Nieder-Flörsheimer Frauenberg. Auch zunächst buntfruchtig. Hat aber jetzt schon einen schönen Würzton, der sich durch den Abgang zieht. Könnte sich sehr schön entlang dieser Würze entwickeln.

Wittmann, Westhofener Morstein. So viel Saftigkeit ist selten heute, dabei etwas leiser als Gutzlers Morstein, aber auch etwas belegt. Struktur und Tiefgang sind großartig, aber mir fehlt das Strahlen, das den Gutzler auszeichnet.

Bischel, Siefersheimer Heerkretz. Malzig-würzige Nase, krasse Säure und leicht rauchige Mineralik, ein Halenberg aus Siefersheim? Auf jeden Fall ein wunderbar strukturierter Riesling mit viel Potential.

Schwer zu greifen

Kühling-Gillot, Niersteiner Ölberg. Das ist extrem ölig, so ölig, wie ich das noch gar nicht in dieser Verkostung hatte. Wirkt dazu extrem alkoholisch (was er wahrscheinlich nicht ist, Analysewerte sind nicht da). Dann hat das viel Druck, aber die Grundkomponenten verführerische Frucht, griffige Phenolik sind auch in XL vorhanden. Sehr beeindruckend, aber es stellt sich die Frage: Ist das ein Verkostungswein, dessen man nach einem halben Glas überdrüssig wird?

Versteigerungsweine (Ein Schluck)

Keller, Pettenthal. Trotz 8,2 Gramm Säure eher cremig, druckvoll und furztrocken, dunkelwürzig – nicht unbedingt meine erste Assoziation beim Pettenthal, aber ein wunderbarer Wein.

Wittmann La Borne

Wagner-Stempel, EMT. Riecht staubig/kreidig, enorm fest, trocken, vielschichtig, wahnsinnig lang und steinig, staubtrocken und ultrapuristisch. Das ist zwar wahnsinnig toll, aber davon in der Reife mehr als ein Glas zu trinken, stelle ich mir schwierig vor.

Wittmann, La Borne. Gelbfruchtig, kalkig, feinnervige Säure, sehr fest, aber auch schwer, weil auch hier der feste Kern andeutet, dass das in die Opulenz reifen könnte.

Hier geht es zu Teil 1: Alles außer Riesling
Und Hier zu Teil 3: Riesling aus den anderen Gebieten

4 Gedanken zu „Wiesbaden 2021 – Riesling, Teil 1“

  1. Hallo Herr Bodmann,
    Toller Betrag! Mir ist allerdings aufgefallen, dass kein einziger Loosen an der Mosel erwähnt wurde.
    Waren die dieses Jahr nicht dabei oder im Gegensatz zu 2019 nicht erwähnenswert?

    1. Loosen hat vier GGs vorgestellt, von denen ich drei (Würzgarten, Himmelreich, Wehlener Sonnenuhr) anständig fand, während es das Treppchen auf die kleine Liste der Weine geschafft hat, denen ich das GG-Niveau absprechen würde. Das muss aber unter uns bleiben 😉

  2. Ich weiß, dass man auf Blogs keine Kommentare mehr schreibt 😉 . Ich wollte trotzdem an dieser Stelle mal Dankeschön sagen für deine umfangreiche GG-Pretest-Dokumentation, die ich immer sehr gern lese (zusammen mir der von Christoph Raffelt). Besonders interessant finde ich, ob du einen bestimmten Regions- oder besser noch Gutsstil festgestellt hast. Schließlich kaufe ich privat nicht unbedingt ganze GG-Kollektionen, sondern erfreue mich im Alltag eher an Lagen- oder Ortsweinen derselben Weingüter 😉 . Merci also nochmals & Grüße aus Franken!

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