Wein und Wahnsinn Podcast

Blindflug 89: Wein und Wahnsinn

Wie viel Blödsinn muss man sich anhören und ab wann wird der Zwischenruf zur Notwehr? Die Frage stellt man sich häufiger bei öffentlichen Vorträgen, aber vielleicht nirgendwo so oft wie bei Weinpräsentationen.

Wir haben zwei wunderbare Weine im Glas von ökologisch arbeitenden Winzern, die viel Wert auf Handarbeit und schonenden Umgang mit Ressourcen legen. Wir lieben solche Weine und wir lieben auch die Geschichten, die solche Weine erzählen. Manch andere Weine erzählen allerdings Geschichten, die ins Reich der Fabeln gehören. Und immer häufiger hören wir Geschichten, die der intellektuellen Entwicklung der Menschheit nicht unbedingt förderlich sind. Wir haben Redebedarf.

Barth Riesling 2017 – Star der Versteigerung

Barth Riesling Brut 2017 VDP Auktion Reserve

Felix hat vom VDP Rheingau eine Kiste mit Weinen der Kategorie VDP.Auktion.Reserve bekommen, konnte aufgrund seiner Corona-Erkrankung vor der Versteigerung aber nichts mehr damit anfangen. Nun ist der Drops gelutscht, aber ein Wein hat immer noch Nachrichtenwert: der 2017 Riesling brut vom Weingut Barth hat auf der Auktion mit einem Bruttopreis von rund 70 Euro einen unglaublichen Erfolg eingefahren. Da die Bieter den Wein vorher probiert hatten, verdankt er sein Fabel-Ergebnis nicht irgendwelchen Kritiker-Elogen oder Marketingmätzchen – da waren einfach eine Menge Leute baff, wie gut der Stoff ist und wollten den um fast jeden Preis haben. Sascha erfreut sich an diesem unglaublich frischen, bunten Obstsalat mit Rescher Säure und tollem Zug, Felix ist ebenfalls begeistert.

Domaine Belle – Hermitage für Insider

Domaine Belle Hermitage Rouge

Sascha hatte vor Jahren mal ein paar sehr gereifte Weine ersteigert und sich vorgenommen: das muss ich mal in jünger besorgen. Jetzt bot sich die Gelegenheit und so schenkt er Felix seine neueste Beute ein. Domaine Belle Hermitage rouge 2015 gefällt Felix blind ausnehmend gut, auch wenn er den Wein zehn Jahre zu alt schätzt. Viel feiner Kakao, unaufdringliche Frucht und sehr feines Holz. 14 Prozent Alkohol sind für die Herkunft eherunauffällig und werden zusätzlich im Wein perfekt versteckt. Das hat Klasse, verlockt aber auch zu großen Schlucken.

Viel Spaß bei einer neuen Episode unseres Podcasts.

Hier geht es zur Episodenübersicht.

Wenn Du diesen Podcast und Felix‘ weitere Arbeit unterstützen willst, werde Mitglied der Community bei Steady.

Blindflug gibt es auch auf Spotify…

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von open.spotify.com zu laden.

Inhalt laden

‚Alexa, spiele Blindflug Weinpodcast‘ und ihr hört uns über Amazon.

Und natürlich gibt es uns auch auf YouTube.

20 Gedanken zu „Blindflug 89: Wein und Wahnsinn“

  1. Ich versuche mich auch mal an einer wissenschaftlich nicht belegten Hypothese: Kann es sein, dass nicht ganz zufällig der Höhenflug des Terroirbegriffes mit der stärkeren Digitalisierung des Weinhandels zu tun hat. Gab es früher häufiger einen menschlichen Mittler – also den Winzer selbst oder den Weinhändler vor Ort-, der das Geschmackserlebnis eines angebotenen Weins dargestellt hat (und in diesem Zusammenhang ist ein „echt lecker“ eine valide Aussage), so braucht es in den letzten 15 Jahren zunehmend mehr geschriebene „Expertise“, denn daraus besteht halt eine Webseite hauptsächlich. Und da kommt ein neues Begriffsset und gut klingende Geschichten doch gerade recht. „Gelbschiefer aus den kleinen Krötenpfuhle – mit der linken Hand gepflückt, weil das die Herzenshand ist“ mag am Ende auch nur ein Ortswein Riesling sein, aber natürlich lädt erstere Bezeichnung den Betrachter zu ganz anderen Gedankenreisen (und einem Klick auf „jetzt kaufen“) ein.
    Das mag an manchen Ecken von „poetischer Freiheit“ in wissenschaftlich falsifizierbare Begründungsketten rüberwechseln, was man dann widerlegen und natürlich auch kritisieren kann (und fürderhin nicht mehr wiederholen sollte, da bin ich ja dabei), aber am Bedarf nach „Beschreibungen des schwer Beschreibbaren“ wird das nichts ändern.
    BTW: Auch beim Vergleichsthema Steaks ist ja inzwischen die Hitze der verwendeten Garmethode zu so einem Pseudo-Qualitätsmerkmal geworden und Steakhäuser konkurrieren mit Gradzahlen um den „heißesten“ Steakgrill. 800 Grad scheint notwendig für die „Königsklasse“. Klingt anders als „Pfanne auf dem E-Herd“, aber ob es am Ende im Ergebnis was hilft?

    cheers, Jan Hendrik

    1. Ja, das die ‚Aufmerksamkeitsökonomie‘ viel verändert hat, glaube ich auch. Die 800 Grad Beefer sind ein bisschen was anderes, weil sie schon richtig krasse Krusten hinkriegen, die in der Pfanne nur gehen, wenn das Fleisch gleichzeitig well done wird, aber ob man die wirklich braucht, darüber lässt sich vermutlich lange diskutieren. Da glaube ich dann eher, dass es wie beim Schaumwein ist, wo die schweigende Mehrheit es ja eigentlich gerne ein bisschen weniger sauer (verkohlt) mag, als beim typischen Champagner (Beefer) 😉

  2. Felix oh Felix: wer will schon das Risiko eingehen la Tache ohne Esoterischen Blödsinn zu machen? Nie getrunken aber schon gelesen.

  3. Hallo Felix, ich habe vor einiger Zeit mir noch einmal Eure erste Folge angehört und dann die zweite und schwups bin ich jetzt bei Folge 39 gelandet und entdecke dabei immer wieder Neues unter Interessantes. In der Folge 37 und 38 (Charity Dinner im Parkstern, die 1000 EUR Wette) geht es ja unter anderem darum, ob und wie sehr man sich von Empfehlungen leiten lässt. These ist da u.a. gewesen, dass sich viele Weinenthusiasten für autark halten und glauben, dass sie sich wenig beeinflussen lassen durch Weinkritik. Ich kann für meinen Teil sagen: ich lasse mich viel und auch gerne beeinflussen. Bei Dir und auch Deinem Kollegen Christoph Raffelt weiß ich, dass wenn es Dir/Euch richtig gut gefällt, gefällt es mir in aller Regel auch sehr gut. Und ich bin darüber auf viele wirklich tolle Weine gestoßen, zB den Pinot Tradition von Schmitts Kinder (Folge 6, gibt es als ebenso guter Jahrgang 17 noch zu kaufen). Apropos gibt es noch zu kaufen: entgegen der derzeit auch in der Weinwelt allgegenwärtigen Inflation gibt es Gegenbewegungen: so kosten die aktuellen Jahrgänge des Chardonnay Bürgerspital (Folge 3) statt seinerzeit knapp 30 jetzt nur noch knapp 20 EUR. Und ich habe mir nach erneutem Hören der Folge 15 (Erbe der Heuschrecke) die Jahrgänge 15 und 16 des Bolgheri Superiore von Campo alle Comete für Anfang 40 statt 60 EUR bestellt. Bin sehr gespannt! An dieser Stelle für alle 89 Folgen ein großes Dankeschön und ich hoffe, dass ihr das noch lange macht!!

    1. Es freut mich, dass die Folgen auch ein zweites Hören wert sind. Ja, Weine die preislich nach unten korrigiert werden, müssen wir auch mal behandeln. Danke für die Beispiele, die werden garantiert da auch auftauchen.

    2. …die Preisreduktion beim BüSpi-Chardo hat -soweit ich das richtig interpretiere- damit zu tun, daß der Wein nun nicht mehr im kleinen Holz ausgebaut wird, als „R“ gibt es ihn anscheinend nicht mehr…

  4. Mir ist nicht ganz klar, wieso das Thema Hefen im Weinberg (siehe auch hier Projekt Virgo von Gunderloch) den Terroirgedanken(Terroir ist in der Definition von Heymann-Löwenstein oder auch in der verlinkten Quelle eben nicht nur Weinberg und Boden auf dem die Reben stehen) torpediert?

    So wie du es darstellst ist Terroir anscheinend Esotherik, oder verstehe ich es falsch? Und dir ging’s nur um das Thema Hefen im Weinberg?

    1. Ah, Du versuchst mir zu erklären, dass Dir nicht sofort aufgefallen ist, dass die ‚Spontangärung mit weinbergseigenen Hefen‘ in der verlinkten Quelle fehlt? Ich glaube, es ist einfacher, wenn Du dort einen Kommentar hinterlässt, warum das fehlt, als hier zu kommentieren, dass es nicht da hineingehört. Oder glaubst Du das tatsächlich?

      1. Sry, ich kann dir nicht ganz folgen. Ähnlich ging es mir schon beim Podcast. Deswegen vllt auch die komischen Fragen.

        Mir ist nicht ganz klar, was deine Kernaussage der Folge ist. Ging es dir um Mythbusters – also das mancher Unfug erzählt, der eigentlich widerlegt ist? (Sehe ich auch so)

        Oder geht es dir darum, dass der Begriff Terroir eigentlich nicht mehr als Marketing ist? (Würde ich so nicht sehen)

        Die Themensprünge von Studie zu Hefen, Studie zu alten Reben, Buch von HL, irgendein Winzer aus Ungarn, Krebsheilung haben mich irgendwie komplett verwirrt.

        1. Ich kann keine Sprünge entdecken. Und nachdem andere Hörer die Klarheit der Ausführungen und schlüssige Aneinanderreihung verschiedener Aspekte gelobt haben, wage ich es ganz höflich nachzufragen: Willst Du die Folge nicht vielleicht noch einmal ganz in Ruhe hören?

  5. Spannende Folge! Geht aus dem Artikel mit den (Nicht-)Terroirhefen hervor, ob die spezifische Kellerhefe auch ein Mythos ist?

  6. Hallo Felix, ich freue mich immer sehr, wenn du von wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Weinwelt berichtest. Gerade das Thema Terroir ist da besonders interessant und du hast ja in verschiedensten Podcastfolgen bereits dazu was erzählt und auch schon einen Blog Beitrag dazu geschrieben. Weiter so 😊 Hast du vielleicht einen Tipp für mich, wo ich seriöse wissenschaftliche Artikel zum Thema Wein finden kann? Beim googeln empfinde ich das Einschätzen der Quellen häufig etwas schwierig… Vielen Dank für den tollen Podcast!
    Schöne Grüße vom Niederrhein
    Markus

  7. Ist Terroir nicht eher das Zusammenspiel von Boden, Jahrgang, Rebsorte, Klima, Keller und eben auch die Arbeit/Handschrift des Winzers? Also nicht nur Weinberg 😉 Siehe auch das Projekt „Wurzelwerk“ – hast du ja glaube ich selbst probieren können. 🙂

    https://glossar.wein.plus/terroir

Schreibe eine Antwort zu Markus AlzerAntwort abbrechen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.