Wir haben Rücken! Und das setzt merkwürdige Assoziationsketten in Gang. Da müsst Ihr durch. Zur Belohnung gibt es ganz große Weine zum bezahlbaren Preis, gleich zwei Mal.
Sascha weint ein bisschen. Früher war alles besser, als die Weine noch ein bisschen einfacher waren. Das riecht nach einem Thema, dass wir weiter beleuchten werden. Schließlich hoffen wir heimlich alle, dass das teure Zeuch gar nicht glücklich macht. Den besten Beweis liefern unsere beiden heutigen Weine. Die sind besonders – in so vielfacher Hinsicht, dass wir das hier nicht aufschreiben werden. Das müsst Ihr schon selber hören.
Soave in gut – geht auch!
Sascha hatte im Keller plötzlich diesen Wein in der Hand und fragte sich: mit wem soll ich das denn trinken? Das ist keine schlechte Voraussetzung für den Blindflug. Der Wein ist der Soave ‚La Rocca‘ 2010 von Pieropan und Felix ist schockverliebt. Das ist ein Strukturwein aus dem Bilderbuch und ganz großer Stoff für einen ganz kleinen Taler. Wohlfühlbombe mit kräftig Pfeffer im Hintern – es gibt Weine, die sind ganz einfach zu beschreiben.
Picaro del Aguila – sag nicht Rosé!
Der Picaro del Aguila Clarete Rosado 2017 von der Dominio del Aguila ist das Gegenteil. Felix braucht allein drei Minuten um halbwegs zu erklären, warum dieser Rosé eigentlich kein Rosé ist, aber selbstverständlich einer der beiden Rosés aus Spanien, die man mal getrunken haben muss. (Er stammt übrigens aus Ribera del Duero und nicht, wie im Eifer des Gefechts erzählt, aus der Rioja. Zum Glück haben wir aufmerksame Hörer.) Der Wein hat Holz, erstaunlich kräftige Säure, eine fordernde Nase und allerlei Eigenschaften, die ihn spannend machen. Dazu ist er ziemlich limitiert. Aber eines ist er nicht: teures Zeuch. In diesem Sinne: We’ll keep you posted.
Viel Spaß bei einer neuen Episode unseres Podcasts.
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„Sind wir langweilig?“ ist eine spannende Frage und ich würde sagen: ja. Die Idee dass man sich privat zuhause trifft und jede/r etwas (möglichst gleichwertiges) mitbringt, wo gibt’s das sonst noch? Bei Kaffee- oder Tee-Enthusiasten (oder Bier?) kenne ich sowas nicht. Und ehrlich, mir hat das immer genau die Angst gemacht die ihr skizziert: meine Keller (der keiner ist) hat nicht das Richtige, ich kann nicht mehr als 5 Leute zuhause unterkriegen, hab aber den gefühlten Druck dass ich müsste.
Dann zieht man um, das funktioniert eigentlich eh nur im städtischen Umfeld, ist zu Terminen auf Dienstreisen usw., ich denke diese festen privaten Gruppen haben sich einfach zeitlich überlebt weil sie sehr viel Planbarkeit und persönliches Investment erfordern. Die privaten „Weinfreunde“-Zirkel, sind für mich immer mit etwas dunkel-hinterzimmerigem behaftet gewesen, hab ich nie gemocht.
Was ich immer gut fand: Ein Enthusiast organisiert das gegen Entgelt in externen Räumlichkeiten, das hat für mich eine klare Erwartungshaltung beiderseits und funktioniert auch in anderen Hobbies.
P.S.: Danke für euer Herzblut für den Podcast, in letzter Zeit seid ihr ja „on fire“.
Jeder bringt was mit ist auch für mich eine problematische Probenform. Kann man fast nur mit Menschen machen, die man sehr gut kennt. Bei den bezahlten Proben in neutraler Umgebung habe ich leider meine schlechtesten Erfahrungen mit Distinktionskönigen gemacht. Da waren für meinen Geschmack zu oft Leute dabei, die all ihre neuen Bekannten in sehr kurzer Zeit beeindrucken wollten. Im privaten Umfeld nehme ich diesbezüglich mehr Hemmungen wahr.
Auf die Frage: „Sind wir langweilig?“ mit „Ja“ zu antworten, ohne Erklärung – hmmm
Das mit den Weinrunden finde ich auch nicht so einfach. Eine kleine klappt auch ohne Umlage. Jeder macht mal etwas auf. Das muss ja auch nicht aus dem eigenen Keller kommen, aber wenn man interessiert ist, weiß man ja etwas zu besorgen.
Für eine größere meldet man sich an – immer an einem festen Termin im Monat. Wir sind mehr Weinfreunde als teilnehmen können, aber es haben ja auch nicht immer alle Zeit. Dabei wird dann aber auch Essen und Trinken umgelegt, weil da auch einige dabei sind, die nichts haben, oder nichts besorgen. Letzteres finde ich aber etwas komisch, wenn ich mich damit beschäftige, will ich doch wissen, wie die Weine im Vergleich schmecken, oder wie die Jahrgangsunterschiede sind.
In der Folge kam für mich schon klar durch, dass es um das Konzept privater Weinrunden ging. Den Gag zu ziehen, wenn ich ihn im Titel anbiete, finde ich okay 😉
Hallo Felix,
kam der Picaro wirklich aus dem Rioja (meinte dass du das gesagt hattest) und nur das Weingut ist in Ribera oder war das ein Versehen?
Hi Leo, nee, das war ein klassisches ‚Im Eifer des Gefechts‘. Hat er Rioja gesagt? Er hat Rioja gesagt! Ojeoje 😉 Wein wie Weingut haben nix mit Rioja zu tun. Ribera durch und durch.
[hoffentlich nicht wieder ein zu langer Kommentar, ich arbeite schon an mir ;)]
Danke für das Aufnehmen des Reifungsthemas aus meinem Kommentar 🙂 Ich wollte auch gar nicht unterstellen, dass ihr zwanghaftes Reifen Lassen propagieren würdet. Gerade du bringst ja öfter relativ junge Weine (bei Sascha sind sie doch meistens gereifter). Das Durchhören der alten Folgen steht auf meiner Liste, inzwischen sind das einfach eine ganze Menge.
Das zunehmende Vorbeiproduzieren an den Kundenwünschen im Guts/Ortsweinbereich (so, wie du es darstellst, ich selber habe diesen Überblick nicht) finde auch ich spannend. Können Weingüter etwa von der Bubble verschlungen werden? Bisher hatte ich das in dem Preissegment aus mehreren Gründen für unwahrscheinlich gehalten, u.a.: direkterer Draht zu den Endkunden (Kofferraumkunden, Kauf kartonweise); reduzierte Relevanz für und somit auch weniger Relevanz von Sommeliers und Fachpresse; weniger Bereitschaft der Weintrinker, bei Nichtgefallen des Weins den Fehler bei sich zu suchen („der Wein schmeckt mir nicht!“ vs „hmm vielleicht verstehe ich den Wein nicht/vielleicht ist er noch nicht so weit etc“).
Vielleicht sind meine Annahmen einfach falsch. Vielleicht handelt es sich bei den Weingütern, die diese stilistische Veränderung vornehmen, aber auch um einen fortschreitenden Austausch der Kundschaft. Zugespitzt: Guts- und Ortswein für Kunden, die gerne zwei GGs in der Woche aufmachen würden, denen das aber doch (inzwischen?) zu teuer ist. Funktioniert nicht für größere Weingüter, aber für kleinere und sehr rennommierte vielleicht schon.
Ich hatte da auch keine Unterstellung Deinerseits angenommen. Ob am Bedarf vorbei produziert wird, weiß ich nicht, habe da auch keinen Überblick. Deswegen habe ich ja mehrfach darauf hingewiesen, dass ich in diesem Fall spekuliere. Es geht immer noch um die Abwanderung von Wein zum Craft Beer. Was es ziemlich sicher gibt und was in einer älteren (aber nicht sehr alten, maximal ein Jahr) Folge Thema war, ist das unehrliche Feedback. Winzer, die gefeiert werden, aber wenig Wein verkaufen (oder zumindest eine erstaunliche Jahrgangstiefe im Angebot haben) gibt es mittlerweile doch einige in Deutschland.
Ich verstehe, das Abwanderungsthema Richtung Craftbier ist aber auch interessant, weil die Kulturen doch sehr verschieden sind. Gerade beim Craftbier mit seinen stark internationalisierten Stilen spielt Herkunft praktisch keine Rolle für den Geschmack des Endprodukts. Auch beim „normalen“ Bier weiß man ja meistens nicht mal, aus welcher Mälzerei das Malz kommt, geschweige denn, wo das Getreide herkam. Zudem geht es beim Craftbier immer sehr stark um größtmögliche Abwechslung innerhalb des Sortiments ein und derselben Brauerei, sodass die core range ziemlich klein ist und ansonsten Biere mit immer neuen Rezepturen rausgebracht werden. Da tickt die Weinwelt doch sehr anders.
Das gilt selbst für den Naturweinbereich, der sicher die stärksten Berührungspunkte mit der Craftbier-Szene hat, v.a. mit deren verrückteren Ecken (Sauerbier jeglicher Art, Grape Ales..). Über diese Schiene bin ich selber zum Wein gekommen.
Da habt ihr ein, wie ich finde, spannendes Thema andiskutiert: Der Trend bei nahezu allen Weinen die Frucht auf ein Minimum zu reduzieren, greift immer weiter um sich. Karg muss der Wein sein, das Terroir repräsentieren (in diesem Zusammenhang sei an Folge 84 erinnert). Frucht ist Kitsch und kann weg. Wie ihr sagt: Eine Entwicklung, die primär durch Somms und von Weinkritikern getrieben ist. Das Beispiel Rosé zeigt aber, dass ein nicht kleiner Teil der Endverbraucher durchaus ab und zu auf fruchtige Weine für gewisse Anlässe steht, mich eingeschlossen (Fruchtbonbons aus dem Massenwein-Sektor mal ausgenommen). Graben sich die Winzer hier nicht selbst ein bisschen das Wasser ab; kann nur ein ernstzunehmender (VDP-)Winzer sein, wer auf Frucht verzichtet? Ein Thema, das gerne weiterdiskutiert werden kann.