Weihnachten ist bei uns kein Fest der großen Weine. Zwar begehe ich Heiligabend nicht als alkoholfreies Fest – schließlich hat Jesus Wasser in Wein verwandelt und nicht umgekehrt – aber es ist eben eher Stall und Krippe als Nobelherberge. So gab es auch dieses Jahr zu Kartoffelsalat und Würstchen nur einfache Weine.
Die Zeit vor dem Fest habe ich genutzt, um einige Weine zu trinken, die ich dieses Jahr geschenkt bekommen habe. Und ganz untugendhaft habe ich mich der Direktive widersetzt, dass man einem geschenkten Gaul nicht ins Maul schaut. Ich habe die Weine bewertet und teils sogar Preise im Internet recherchiert. Um Missverständnissen vorzubeugen: ich messe Freundschaften nicht an Geschenken.
Anfangen will ich mit einem Sekt, den mir ein Unternehmen zum Geburtstag geschenkt hat, bei dem ich privat in bescheidenem Umfang Kunde bin. Sehr großzügig und nicht unbedingt ein typisches Firmenpräsent – kostet dieser Deutsche Sekt doch schon so viel wie mancher Champagner. Warum es dieser spezielle Sekt wurde, entzieht sich meiner Kenntnis.
Shelter Winery, Sparkling brut, 2005, Deutscher Sekt, Baden. Ich finde limitierte und handnummerierte Flaschen ja sehr chic. Aber dieser Winzersekt ist lediglich sehr ordentlich geraten. Vollfruchtig mit typischer Himbeere und mittelfeiner Perlage. Ordentlicher Abgang, guter Druck aber nicht übermäßig elegant.
Ein Präsent eines Händlers war der folgende fruchtsüße Wein. So etwas kriegt man wohl nur geschenkt, wenn man vergleichbares schon dort gekauft hat, sonst könnte das Geschenk nach hinten losgehen. Motivation für den Händler war, dass er einen bestellten Wein nicht mehr vorrätig hatte, die Bestellmenge und -summe recht groß und ein Fach im Versandkarton leer war. Und ich gebe es zu: es hat Wirkung erzielt. Kleine Geschenke erhalten tatsächlich die Freundschaft.
Weingut Pfeffingen, Scheurebe Spätlese, 2007, Pfalz. In der Nase sehr blumig und etwas parfümiert, dazu Honig, Cassis und Stachelbeere. Scheurebe wird irgendwie immer mit den gleichen Stereotypen beschrieben, und es wäre vermutlich komisch, wenn ich einfach nur schriebe: ganz klassische Scheu-Nase der gehobenen Güteklasse. Aber für alle, die damit was anfangen können, will ich es mal auf diese Formel verkürzen. Am Gaumen finde ich diesen Wein riesig. Ungemein saftig, tolles Spiel von Säure und (nicht zu viel) Süße. 10,5% Alkohol passen gut ins Bild und geben Statur. Im Abgang zeigt der Wein eine gewisse Ernsthaftigkeit mit leichter Adstringenz und einem an Chinin erinnernden Bitterton, den ich sehr appetitanregend finde.
Ein Mitbringsel von Freunden war der folgende Wein. Die Freunde werden ihn extra für mich besorgt haben und ich kann mir die Beratung beim Fachhändler lebhaft vorstellen: ‚Soso, ein Weinliebhaber. Na dann rate ich Ihnen zu diesem hier. 1997 war ein Super-Jahr in der Toskana und eine Riserva wird der Gastgeber gleich als hochwertig erkennen‘. Oder so ähnlich – allerdings haben sich die beiden einen Wein andrehen lassen, der vermutlich eine ganze Zeit beim Händler im Regal lag, ist aktuell doch der 2004er im Handel.
Fattoria Del Cerro, Vino Nobile di Montepulciano, Riserva 1997, Toskana. Riecht intensiv nach Sauerkirsche und ich hätte blind auf einen guten Chianti getippt. Deutet an, dass er mal ein massives Tanningerüst hatte, welches jetzt mit dem Alter ordentlich integriert ist. Schönes Säure-Spiel und insgesamt ein schönes Trinkvergnügen aber nicht übermäßig inspirierend (wie man den knappen Notizen vielleicht anmerkt). Eventuell über den Punkt.
Dieselbe Veranstaltung aber ein anderer Gast: eine gute Freundin war gerade auf Mallorca gewesen, wo sie dem folgenden Wein mehrfach begegnete und ihm nach eigenen Angaben verfiel. So kam es zu diesem Mitbringsel. Der Wein ist auch in Deutschland erhältlich und scheint bei mehreren Händlern ein Bestseller zu sein.
Anima Negra. ÁN/2, Rotwein Cuvée, 2006, Mallorca. Der Wein ist eine Cuvée aus 65% Callet, 20% Mantonegro-Fogoneu, 15% Syrah. In der Nase begrüßte mich ziemlich viel Kuhstall – das war fast schon fehlerhaft – dahinter Kirsche, Walnuss und Vanille. Am Gaumen kommt‘s dann dick: richtig cremig, viel Vanille und Kirsche, Holz und als Kontrapunkt eine leicht salzig-rauchige Specknote. Der Alkohol ist ordentlich eingebunden aber trotzdem wärmt der Wein mit 14% von innen. Hervorragender Wein, der trotz des leichten Fehltons in der Nase niemanden vor den Kopf stößt aber auch mir als etwas ambitioniertem Weintrinker Freude bereitet.
Interessanter Eindruck zum Ànima Negra 2