Ein nützlicher Nebeneffekt des Bloggens ist, dass ich mich regelmäßig mit dem Inhalt meines Kellers auseinandersetze und so die übermäßige Ansammlung vergessener (und überlagerter) Weine vermeide. Zugegeben, auch mir ist das Verdrängen nicht fremd. Und so stellte ich nach dem Schreiben der Geschichte über meinen missglückten Ausflug in die Welt der italienischen Weine fest, dass ich noch ein paar mehr Flaschen als gedacht aus Bella Italia im Keller hatte. Das habe ich prompt unter Zuhilfenahme von ebay korrigiert. Zwei Flaschen fand ich jedoch, die ich nicht einmal mehr bei ebay anbieten mochte, darunter ein neun Jahre alter 7-Euro-Riserva aus der autochtonen Rebsorte Nero di Troia.
Solche Weine verwende ich für gewöhnlich nur noch zum Marinieren von Fleisch. Doch einem Impuls folgend zog ich bei dieser Flasche den Korken und probierte. Ich landete einen Glückstreffer. Das war keine Kellerleiche, das war ein richtig ordentlicher Rotwein – und zwar nicht aus der Kategorie ‚Erstaunlich für sein Alter‘. Ich denke, der war vor vier Jahren nicht besser. Man kann den Inhalt einer Weinflasche halt nur auf eine Art beurteilen: probieren.
Torrevento, Vigna Pedale Riserva, 2003, Apulien, Italien. In der Nase zeigt sich immer noch Holz, dazu Pflaume, Blaubeere und Tabak. Der Alkohol liegt bei entspannten 13% und fällt in der Nase und am Gaumen nicht weiter auf. Das reife, griffige Tannin und die frische Säure bilden ein wunderbares Gerüst, in dem die Fruchtaromen von Kirsche und Pflaume sehr saftig wirken. Mit dem aromatischen Einfluss des Holzes ergibt sich ein stimmiges Gesamtpaket mit erstaunlich langem Abgang – sehr lebendig.
Haben wir nicht alle Leichen in unseren (Wein)Kellern? 🙂
Der Wein wurde meines Wissens noch im letzten Jahr von der Zeitschrift „Weinwirtschaft“ zum erfolgreichsten Rotwein des Jahres 2010 gewählt. Hierbei steht vor allem das Preis-Leistungsverhältniß im Focus. Ich kann dem nur nur zustimmen. Dabei ist der Wein keinesfalls Massenkompatibel was ein extra Lob verdient.
Die Rebsorte : nicht Nero,- sondern Uva di Troia.
P.S. prima Blog
Ich hoffe doch, die haben nicht diesen Jahrgang prämiert, sonst muss die Weinwirtschaft dringend an ihren Redaktionsschlussterminen arbeiten.
Danke für die Richtigstellung des Rebsortennamens. Italien ist nicht so meine Baustelle (erwähnte ich das schon? ;-))
Haha, tolles Bild! Habe zufällig auch über eine Kellerleiche gepostet heute,einen alten Riesling http://blindtastingclub.net/pfalz/1971-kallstadter-saumagen-riesling-koehler-ruprecht/ .
Gruß.
Hab’s mir gerade durchgelesen. Sehr interessant. Alte Rieslinge find ich auch immer mal wieder spannend.