Füllwein (12) – Pinot Edition

Mein (Wein-)Leben besteht nicht nur aus Großen Gewächsen sondern auch aus Alltagsweinen. Einige davon sind erwähnenswert, über andere decke ich den Mantel des Schweigens. Hier ein paar Kurznotizen zu Weinen, die ich jüngst getrunken und auf die eine oder andere Weise für erwähnenswert befunden habe.

Im März trinke ich in normalen Jahren schon wieder Weisswein. Der ausserordentlich lange Winter führte bei mir zu erheblich mehr Spätburgundernotizen. Daher hier gleich drei Pinots.

Reinhold und Cornelia Schneider, Spätburgunder -C-, 2004, Baden. Der Wein duftet vergleichsweise zurückhaltend nach Himbeere und Leder. Am Gaumen ist er von mittlerer Dichte und entfaltet maßvollen Druck: Kirsche, Erdbeere, etwas Holz und Vanille, gereifte aber präsente Tannine. Der Abgang ist eher kühl (im Sinne von Menthol) und 14% Alkohol voll integriert. Summa summarum ein hervorragender Spätburgunder mit spannender Struktur und einiger Finesse.

Robert Mondavi, Pinot Noir Private Selection, 2004, Central Coast California, USA. Mit dieser leicht schweißig-laktisch-sauerkrautigen Nase geht der Mondavi kinderleicht als Deutscher Spätburgunder durch. Dahinter erahnt man noch ein bisschen Himbeere, aber auch das kommt hierzulande vor. Am Gaumen ist der Wein hervorragend balanciert: saftig, beerig (Erd- und Himbeere), mit spürbarer Säure, gereiftem Tannin, Spuren von Holz und einem insgesamt süffigen Charakter bei voll integrierten 13,5% Alkohol. Langer Abgang, großes Vergnügen.

Ludwig Thanisch & Sohn, Spätburgunder unfiltriert, 2007, Mosel. Als der Wein jung war fand ich ihn schauderhaft, weil dünn, völlig überholzt (obwohl der Wein in überwiegend gebrauchten Barriques ausgebaut wurde) und mit stechender Säure – was für ein Irrtum. In der Nase immer noch recht viel Holz, etwas Erd- und Himbeere, leichte Noten von Leder und Zigarrenkiste. Am Gaumen ist die Säure zurückgetreten und der Wein ist ein bisschen cremig geworden. Er ist mineralisch, von eher schlanker aber nicht dünner Struktur, süffig ohne banal zu sein und am Gaumen überhaupt nicht vom Holz dominiert. Der Abgang ist sehr lang, fruchtig und mineralisch. Nicht so gut wie der 2006er des Gutes aber auf Augenhöhe mit 2004 und 2005.

Flüssiges Feindbild

Joel Peterson sieht auf Fotos wie ein echter Cowboy aus, dabei ist er eigentlich Sohn eines Chemikers und selber auch einer. Zumindest war er es mal, denn schon seit Mitte der 1970er ist Peterson Winzer. Sein Weingut Ravenswood gehört mittlerweile zum Konzern Constellation Brands und ist eher das, was man hierzulande eine Kellerei nennt, denn Peterson verarbeitet vor allem zugekaufte Trauben – er ist immer noch Chefönologe des Unternehmens.

Das Ravenswood sich konsequent der Produktion von kräftigen Fruchtbomben verschrieben hat, stellte das Unternehmen von Anfang an klar, indem es sich den Slogan ‚No Wimpy Wines‘ (Keine schlaffen Weine) verpasste. Auftritt und Anspruch Petersons bedienen das Übersee-Klischee von den artifiziellen Industrieweinen schon sehr ordentlich. Um alle Unklarheiten zu vermeiden ist Peterson aber auch einer der ganz wenigen Winemaker (ehrlich gesagt: der einzige, den ich kenne, aber ich bin kein Experte), der offensiv mit ‚neuen önologischen Methoden‘ an die Öffentlichkeit geht. Das ist bei Ravenswood vor allem gezielte Mikrooxidation und der Einsatz von Eichenholz-Chips. Die Einstiegsserie ‚Vintners Blend‘ wird mit Chips produziert. Getreu dem amerikanischen Motto: es ist immer begrüßenswert, Kosten zu senken und den Profit zu erhöhen, wenn dabei keine Arbeitsplätze vernichtet und Verbraucher gefährdet werden, macht Ravenswood aus dem Einsatz dieser Methoden kein Geheimnis und erlaubt es auch, die Produktionsanlagen zu filmen. Zu sehen waren sie vor einiger Zeit in einer Dokumentation auf ARTE.

Wie der Zufall es wollte, konnte ich mir vor einigen Jahren einen bereits länger gelagerten Wein dieser Einstiegsserie bei einer Kellerauflösung besorgen. Ich wollte unbedingt wissen, wie ein gechipster Wein altert und ließ ihn noch in meinem Keller weiter reifen. Dieser Tage war es dann soweit.

Ravenswood, Vintners Blend, Zinfandel, 1999, Kalifornien. In der ziemlich alkoholischen Nase findet sich viel Heidelbeere und Pflaume sowie ein Hauch Leder. Mit etwas Luft gesellt sich eine Paprikanote dazu und die Blaubeere dominiert. Am Gaumen ist der Wein mittelkräftig bei mittlerem Volumen und eher dünner Textur mit einer frischen Säure. Insgesamt dominieren die Fruchtaromen, Tannin oder Holzwürze sind allenfalls noch zu erahnen. Da wo ich bei einem Wein dieses Alters Reifearomen erwarten würde, klafft ein Loch. Das ist etwas eindimensional und müde. Die 13,35% Alkohol treten nicht weiter in Erscheinung. Der Abgang ist mittellang. Für einen Basiswein, der im Zielmarkt zehn Dollar kostet und eigentlich nicht zehn Jahre gelagert werden soll, ist das ein sehr ordentlicher Auftritt.

Der Lernerfolg war bescheiden. Ich glaube nicht, dass ein Wein aus dem großen Fuderfass – die Chips sollen bei diesem Wein keine Barrique-Intensität erzeugen – sich unbedingt anders entwickelt hätte. Weit weg von früheren Erfahrungen mit überlagerten einfachen Spätburgundern war das nicht.