Rantrinken (1)

Sieben Wochen war ich von richtig guten Weinen abgeschnitten. Sieben Wochen hatte ich keine Veranlassung, einen Stift zur Hand zu nehmen und Notizen zu einem Wein anzufertigen. Also hieß es ‚ranrobben‘ an die alten Tätigkeiten. Mal gemütlich auf der Terrasse einen schönen Weißburgunder trinken, ohne Notizen zu machen; als ersten Riesling etwas Mittelgewichtiges wählen; einen Spätburgunder der einfacheren Art probieren.

Ein Ergebnis vorweg: Verkostungsnotizen schreiben sich anders, wenn man einen Wein am Durchschnitt aller je getrunkenen guten Weine einer Sorte misst. Und auf das reduziert sich meine Vorstellung: schlägt der Wein die Saiten an, die in meinem Gedächtnis und Herzen wohlklingend mit dieser Rebsorte verbunden sind? Sieben Wochen Abstinenz reichen, um ‚den Cache zu leeren‘ – um ein Bild aus der PC-Welt zu verwenden. Ich vergleiche nicht mehr mit dem Wein gleichen Anbaugebietes von vor drei Tagen, gleichen Jahrgangs von letzter Woche oder gleichen Winzers von letztem Monat. Natürlich bleibt vieles im Gedächtnis und abrufbar, aber es fließt anders in die Bewertung.

Also will ich dieses Blog mit einem flüchtigen Eindruck wiederbeleben, nicht mit einer fertigen Verkostungsnotiz. Zu den ersten Weinen aus eigenem Keller, die ich heuer trinken durfte zählte ein Grauburgunder ‚S‘ aus dem Jahr 2007 von Emrich-Schönleber. Gut gekühlt war er, wir tranken ihn zwanglos auf der Terrasse als Aperitif. Ich empfand ihn von den Aromen her als sehr sortentypisch, dazu mit einer schönen Säure ausgestattet, die ihm eine ordentliche Struktur verlieh. Der Wein war schmelzig, vom Alkohol her zurückhaltend, im Abgang lang. Ein hervorragender Wein, der alle Mittrinker sehr erfreute. Ich war zwar glücklich, wieder in diesen Sphären genießen zu können, konnte aber nicht umhin, zwei Schwachpunkte im Wein auszumachen. Die Weine, die meinen persönlichen Maßstab in dieser Kategorie bilden, sind etwas holzgeprägt und trockener. Es ist wunderbar, ein Blog über Luxusprobleme schreiben zu dürfen.

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