Bonnaeu du Martray Weinentdeckungsgesellschaft Podcast

Blindflug 121: Wenn der LKW kreist

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Felix
Startet mit dem Sekt
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Sascha
übernimmt ab Minute 34 mit dem Burgunder

Und wieder danken wir einem Hörer für eine inspirierende Frage: Warum werden eigentlich Herkünfte immer nur befördert und nie abgestuft? Dazu trinken wir zwei Weine, die erst im zweiten Frühling zu echter Schönheit reiften.

Es erscheint auf den ersten Blick recht einfach: Produziert eine Region im Mittel guten Wein, dann wird sie dafür durch Verleihung eines ‚höheren‘ Status belohnt. Aus IGT wird DOC und aus DOC dann DOCG. So lautet zumindest die vielfach kolportierte Geschichte. Doch warum ist Bolgheri dann eine DOC und Asti Spumante eine DOCG? Das müssen wir erklären, genau so wie die verwirrende Wirkung des Rosso di Toscana IGT. Danach widmen wir uns dann der Frage, wie sinnvoll Abwertungen wären.

Kastanien und Mandeln

Wehrheim Sekt Keschde unn Monnlä

Felix hat einen Tipp bekommen: Der Winzersekt ‚Keschde unn Monnlä‘ der Weinentdeckungsgesellschaft, in diesem Fall eine Kooperation mit den Weingütern Dr. Wehrheim und Raumland, schmeckt jetzt umwerfend. Das ist deswegen ein Tipp, weil der Wein schon ziemlich alt ist und Felix vor vielen Jahren nur so mittelmäßig gefallen hat. Deswegen hat er auch noch ein paar Flaschen davon und macht jetzt die Probe aufs Exempel. Der in Sachen Schaumwein sehr anspruchsvolle Sascha ist ehrlich begeistert. Und kleiner Nachtrag zur Episode: Mit einer Stunde Luft entwickelte der Sekt tatsächlich eine extrem an Champagner erinnernde Anmutung. Ein großer Spaß.

Zu warm oder zu kalt?

Corton Charlemagne Grand Cru

Sascha schenkt einen Wein ein, den Felix für einen minimal zu kalt servierten Rotwein hält, der in Wirklichkeit aber ein ziemlich zu warmer Weißwein ist. Da am Gaumen intensives Aroma von Zigarrenkiste dominiert, verkostet Felix stur einen Rotwein, der ihm eher mittelmäßig gefällt. Sascha hat jedoch in der Zwischenzeit den Wein wieder in den Kühlschrank gestellt. Noch vor der endgültigen Auflösung gönnen sich die beiden einen Neustart mit dem Wein. Der wirkt, besser temperiert, erheblich stimmiger. Und trotzdem schmeckt man noch ein bisschen, dass es einen Grund gab, warum die Domaine Bonneau du Martray ihren Corton-Charlemagne Grand Cru 1993 erst nach 16 Jahren Reife im Weingut auf den Markt brachte. Während offen Verkostende sicher völlig aus dem Häuschen sind, ob des jugendlichen Eindrucks, ist der Wein aus dem schwarzen Glas ohne diesen Bonus viel schwieriger zu bewerten.

Viel Spaß bei einer neuen Episode unseres Podcasts.

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8 Gedanken zu „Blindflug 121: Wenn der LKW kreist“

  1. Hallo Felix,

    Ist in der nächsten Zeit ggf. nochmal ein Blindflug-Live Paket geplant?
    Ich würde mich sehr freuen 😊

    Herzliche Grüße
    André

  2. Das ist in der Tat eine imspirierende Frage und knüpft auch an andere Diskussionsstränge hier an. Als jemand, der beruflich mit Qualitätsmanagement zu tun hat, fällt mir dazu auch was ein:
    Wie in dem Webweinschulen-Video „Das Große Gewächs“ zu sehen und zu hören ist, vermeiden es die interviewten Winzer*innen, so ganz genau zu definieren, was denn nun eine Lage zu einer Großen Lage macht und wie sie dazu wird. Ich jedenfalls war nach der Folge noch nicht viel schlauer als vorher, aber vielleicht ist das ja auch so gewollt. Denn als Qualitäsmanager würde ich mir genaue Kriterien dafür wünschen, was eine Erste und was eine Große Lage ist und was nicht. Und dann hätte ich auch einen Anpack, um ggf. eine Lage herabzustufen. Wenn ich diese Festlegung vermeide, habe ich zwar einerseits mehr Spielraum (was sicher dahinter steckt), aber andererseits Probleme bei der Begründung von Herabstufungsinitiativen…
    Aber der VDP ist ja kein TÜV oder Stiftung Warentest, sondern ein Branchenverband, der in erster Linie die wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder vertritt. Wenn man diesen Umstand aus den Augen verliert, weil der Qualitätsmanager in mir denkt, da hat sich mal einer wirklich die (objektive?) Qualitätsentwicklung auf die Fahnen geschrieben, dann hat das Marketing an dieser Stelle schon ziemlich gut funktioniert…

    1. Lieber Jens,

      ich finde, dass Herr Löwenstein da schon sehr detailliert im Video drauf eingeht, aber auch klar durchscheinen lässt, dass er sich nicht mit all seinen Forderungen durchsetzen konnte 😉
      Nein, das mit dem Branchenverband, der den Reichtum seiner Mitglieder vermehren will, das mit gutem Marketing aber vergessen macht, stimmt nicht. Ich höre das auch immer wieder, aber ich bin nahe genug daran, um zu sagen: das gilt am ehesten für den Rheingau. Der hat aber als einziger eine staatliche Klassifikation im Rücken, von der er einige Lagen abgewertet hat, weswegen er sich jetzt auf die Schulter klopfen kann. Die Mosel ist ein Haufen, bei dem sich mir die größten Fragezeichen auftun. Da optimieren viele Individualisten mit fragwürdigen Methoden die finanziellen Erträge und das Präsidium schaut teils tatenlos zu oder mischt kräftig mit. Die Spießer sind meine geliebten Franken, die wirklich gnadenlos buchstabentreu sind und trotz immer wieder grandioser Weine Glaser-Himmelstoss nackig ohne GG stehen lassen. Jeder andere Regionalverband hätte längst ‚zufällig eine historische Lagenkarte gefunden‘ aus der sensationell hervorgeht, dass diese eine Parzelle im Dettelheimer Berg, damals ja schon Kaiser Augustus’ Lieblingswein war und selbstverständlich GG-Niveau hat – aber nicht in Franken, nur über Robert Hallers Leiche (und das ist uneingeschränkte Bewunderung). Alle anderen Verbände kannst Du irgendwo in dieses Dreieck einsortieren und gleiches gilt für die Verantwortlichen im Bundespräsidium.

      1. Lieber Felix,
        genau die Stelle mit Herrn Löwenstein meine ich. Er sagt wörtlich „für mich ist…“ auf die deine Frage, welche Voraussetzungen erfült sein müssen, damit im VDP eine Lage zur Großen Lage klassifiziert wird. Und er gibt zu, dass der VDP da sehr heterogen ist und es viele Meinungen dazu gibt. Auf der Flasche steht dann aber VDP.GG (und nicht Löwenstein.GG)… Du hattest ihn aber nach den Regeln des VDP gefragt und nicht nach seiner persönlichen Meinung. Wenn er da also so persönlich antwortet, dann kommt bei mir an: es gibt keine klaren VDP-Regeln, sonst hätte er hier sie ja runterbeten können…
        Ich kann aber auch seine weiteren Ausführungen gut verstehen, da lässt er ja deutlich durchblicken, dass er es sich wünschen würde, wenn der VDP insgesamt zu einheitlicheren Regeln für die Lagenklassifikation kommt.

        1. Ich glaube eher, dass er damit hadert, wie streng oder lax diese Regeln ausgelegt werden. Dabei hatte ich persönlich zu seinen Zeiten immer große Schwierigkeiten Uhlen-L und -B auseinanderzuhalten, -R ergab sich automatisch aus dem höchsten Restzucker. Das ist eine generelle Fehlkonstruktion. Es gibt in Deutschland drei oder vier Lagen, die man in jungen Jahren am Geschmack erkennt und vielleicht 10, die dann mit Reife eine Charakteristik zeigen, die einmalig ist. Der Rest ist selektive Wahrnehmung oder Interpolation (also: der Wein ist von Emrich-Schönleber und schmeckt nicht wie der Halenberg, dann muss es das Frühlingsplätzchen sein). Vielleicht ist eine gute Lage doch nur ein Weinberg, der überdurchschnittlich of guten Wein hervorbringt, weil entweder sein Kleinklima günstig, oder die Geologie Wetterkapriolen-verzeihend ist.

          1. Was wären denn – wirklich rein interessenshalber – diese 10 einzigartigen Lagen? Und steht diese Einzigartigkeit dann auch gleichbedeutend für außergewöhnliche Qualität, insbesondere über viele Jahrgänge?

            1. Ich kenne nur eine, den Halenberg, aber das liegt daran, dass ich mich mit anderen nicht so beschäftigt habe. Andere sagen das vom Ürziger Würzgarten, dem Rottland, diversen Schlossbergen oder dem Eichberg (um mal rot zu werden). Vielleicht gibt es das aber auch für andere Rebsorten, etwa die Mußbacher Eselshaut für Scheurebe oder Rieslaner? Es geht nicht um Lagen, die man ein Mal getrunken nie wieder vergisst, sondern um solche, bei denen sich eine Expertise erreichen lässt, die das Aufspüren der Lage in einer Blindverkostung erlaubt, aber eben nur dem, der die Expertise entwickelt hat. Ob auch Lagen eine solche Charakteristik entwickeln könne, die überwiegend unterdurchschnittlichen Wein hervorbringen ist eine akademische Frage. Das zu überprüfen müsste sich jemand freiwillig über Jahre immer wieder intensiv mit mittelmäßigen Weinen auseinandersetzen. Welcher Idiot würde seine Lebenszeit mit sowas verschwenden?

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