Die Legende sagt, dass kurze Zeit nachdem Paul-Francois Vranken das Champagnerhaus Pommery von LVMH kaufte, der stolze Neubesitzer – ein Marketing- und Verkaufstalent – zu seinem Team kam und meinte, aus diesem schönen ‚Hügel hinterm Haus‘ müsse man doch bestimmt einen besonderen Champagner produzieren können. Der Hügel hinter dem Haus sind 25 Hektar Rebfläche, die seit Ewigkeiten im Besitz des Unternehmens sind und allen Platznöten zum Trotz nie in Bauland umgewidmet wurden. Die Fläche ist mittlerweile von der Stadt Reims umzingelt.
Pommerys Chef-Önologe Thierry Gasco machte sich pflichtschuldig an die Arbeit und assemblierte fleißig einen Grundwein, den er sogleich in Magnumflaschen zur zweiten Gärung sperrte, denn um keine schädliche Konkurrenz mit der Cuvée Louise zu riskieren sollte der neue Champagner limitiert und nicht in Normalflaschen erhältlich sein. Weiter will es die Legende, dass Vranken schon im folgenden Jahr bei seinem Kellermeister vorstellig wurde um das Erzeugnis aus dem neuen Weinberg zu probieren, was dieser mit einem ‚Kommen Sie in acht Jahren wieder‘ quittiert haben soll.
Diese Geschichte erzählte mir ein Mitarbeiter des Hauses dieser Tage auf einem Pommery-Dinner in Berlin. Wie viele Legenden ist auch diese hier zu schön um wahr zu sein, schließlich hatte Herr Vranken auch schon vor dem Erwerb des Hauses Pommery Champagner produziert, war also vermutlich weniger ungeduldig als kolportiert. Aber es sagt doch einiges (sympathisches) über ein Unternehmen aus, das eigentlich qua Branche um Distinktion und Noblesse bemüht sein muss, wenn es solche Anekdoten um seine Produkte lanciert. Stellen Sie sich mal vor, ein VW-Repräsentant gäbe derart flapsige Geschichten über Ferdinand Piëch zum Besten. Er wäre wohl ziemlich bald ‚auf Distanz‘ – auf größtmöglicher Distanz vermutlich.
So flapsig, dass sie den Wein unter dem Namen ‚Hügel hinterm Haus‘ auf den Markt brächte, ist die Mannschaft von Pommery allerdings nicht. Da passt es hervorragend, dass der Weinberg seit jeher auf den Namen Clos Pompadour hört, was jetzt auch der Name des Getränks ist.
Clos Pompadour – gute Geschichte, guter Wein
Der (Schaum-)Wein hat also eine schöne Geschichte, was mich an Weinen immer reizt. Doch vor allem ist der Wein großartig – und ich hatte ihn erst probiert und dann die Geschichte vernommen. Meinem Nebenmann, einem Emissär eines Cognac-Hauses mit, nach eigenen Angaben, nur geringen Champagnerkenntnissen entfuhr nach dem ersten Schluck die Bemerkung: ‚Oh, ein Wein‘ und er schaute sofort entschuldigend in die Runde, als habe er das nur denken, keinesfalls laut aussprechen wollen. Dabei war das eine ungemein passende Bemerkung, vielleicht das Klügste, was man über den Clos Pompadour aus dem heißen Jahr 2003 sagen kann: Es ist ein Champagner mit extrem reifer Frucht, der auf den ersten Schluck den Eindruck erweckt, dass er auch sehr gut als Stillwein funktionieren würde. Das soll nicht heißen, dass er wie ein Stillwein mit Kohlensäure schmeckt (was kaum lecker wäre): Er ist auf eine sehr weinige Art das, was Champagner selten, guter Stillwein aber immer ist: saftig. Trotzdem ist er auch unverkennbar Champagner, mit Kreide und allem, was dazugehört. Wir waren begeistert. Der Wein musste ins Blog.
Nun stehen wir Blogger unter Generalverdacht, wenn wir über teure Weine schreiben, die wir auf Gratisveranstaltungen eingeflößt bekommen, dass wir uns weniger am Wein als vielmehr an unserer gefühlten Wichtigkeit berauschten. Also musste ein Lackmustest her. Ich besorgte mir ein Verkostungsmuster und schenkte den Les Clos Pompadour blind als Willkommenstrunk an die Teilnehmer meiner gestrigen Riesling-GG-Probe aus. Ich gelte zwar als großzügiger Gastgeber, stehe aber nicht im Verdacht auf einen Samstagnachmittag um 17.00 Uhr einen 450-Euro-Champagner als Willkommensschluck im Stehen auszuschenken. Der Rahmen ließ überdies die Vermutung zu, ich würde einen Sekt reichen. Das und die sehr reife Frucht, ließ die Runde nicht unbedingt auf Champagne tippen. Dass da richtig Gutes im Glas war, fanden aber alle sofort. Das reichte mir zur Bestätigung meiner auch bei der zweiten Begegnung empfundenen Begeisterung. Der Clos Pompadour ist grandios – Champagner, oberste Liga.
Pommery, Les Clos Pompadour, 2003, Champagne, Frankreich. Cuvée mit 75% Chardonnay. In der Nase neben den üblichen Brot-, Brioche- und Hefenoten auch sehr viel Frucht, vor allem grüner Apfel. Am Gaumen ist der Schaumwein ein Strukturwunder: feinste Säure, die aber reifer als üblich ausfällt, tolles Spiel und extrem viel Saft und Kraft. Die feine Perlage und das lange Hefelager verhindern, dass das in die Übertreibung abdriftet. Feine Mineralik, viel süße Frucht, vor allem Aprikose und Apfel – davon will man ganz viel trinken. Unterdrückt man den Impuls eine Weile, kann man feststellen, dass der Abgang außergewöhnlich lang ist.
Ich kann bei der Reise in die Champagne immer nur empfehlen: einmal bei Veuve Cliquot an der größten Halle Frankreichs vorbeifahren. Der halbe Kilometer Halle (und die vermuteten Energiekosten zur Kühlung eben dieser…) lassen auch Fans des gelben Getränks erkennen, was es ist: ein Industrieprodukt.
Seitdem kenne es ich viele kleine Winzer in der Champagne. Die machen auch gute Getränke ab 17 €. Zugegeben, sie sind schwer zu bekommen, d.h. nur persönlich. Aber sehr guter Winzersekt aus Deutschland tut es eben auch. Die besseren Champagnerhäuser bieten auch gar keine Führungen an. Bollinger z.B. ist nur für das Fachpublikum geöffnet. Die brauchen keine Publicity.
Alles gesagt, was gesagt werden muss. Danke dir Felix, du bildest mich jeden Tag weiter in meinem Weinwissen! Meine erste Reaktion(blind): Ich bin kein Schaumweinfan, aber dieser nervt nicht mit Kohlensäure und stresst auch nicht mit süßen Geschichten, den mag ich! Zum Zweijährigen Geburtstag des Parksterns könnt ich mir ne Pulle vorstellen…aber nur wenn du mit deiner Liebenswerten besseren Hälfte vorbeischaust Felix!!!
NA klar, machen wir 🙂