Weinpodcast Folge 59

Blindflug 59: Salzwiesensekt und Kleinstauflage

Wir haben Weine im schwarzen Glas, die mit ‚selten‘ nur unzureichend beschrieben sind. Zwei wirklich besondere Tropfen und eine XXL-Geschichte von Leberwurst, Nutella und sozialen Medien.

Es ist mal wieder einer jener schwer vorzustellenden Zufälle, aber sowohl Sascha als auch Felix kommen unabgesprochen mit Weinen, die nur in winzigen Mengen verfügbar sind, wobei Sascha mit 90 Flaschen den Vogel abschießt. Dafür hat Felix seit langem mal wieder einen gekauften Wein dabei, dieses mal sogar einen extra für das Podcast erworbenen.

Merlot als Dankeschön

Borgo La Stella Ferdinando

Hörer Christian aus Ibbenbüren hat als Dank für treue Freundschaft und regelmäßigen Input von der belgisch-deutschen Inhaberfamilie des Weingutes Borgo La Stella einen reinsortigen 2018er Toskana IGT Merlot namens ‚Ferdinando‘ als Extra-Abfüllung erhalten. Den hat er Sascha geschickt, weil er zu gern wissen wollte, wie der in der Blindverkostung ankommt. Felix ist extrem angetan, denkt erst an Nebbiolo, findet den Wein dann dafür aber zu kräftig, streift und verwirft Merlot und kann ihn am Ende nicht identifizieren. Das ist aber dem Vergnügen nicht abträglich. Ein wirklich gelungener Tropfen.

Sparkling unterm Meeresspiegel

Min Zeven Bruut und Bruizend

Bruut & Bruizend 2018 heißt der Sekt von Min Zeven aus Holland, den Felix Sascha anbietet. Die PiWi-Cuvée hat eine extrem bewegte Vergangenheit. Sie stammt von einem 0,5 Hektar Weinberg, der eher ein Feld ist. Min-Zeven-Macherin Cordula Eich hat diese – auf sechs Meter unter dem Meeresspiegel hinter dem Deich gelegene – Anlage eigenhändig mit ihrem Mann angelegt. Cordula ist eine bekannte Weinpublizistin, die allerhand durchmachen musste, bis es zu diesem Sekt kommen konnte. Mit prominenter Unterstützung bei der Versektung ist ihr schließlich extrem guter Stoff gelungen, von dem sich Sascha gerne nachschenken lässt. Hollands ersten flaschenvergorenen Schaumwein gibt es sogar noch zu kaufen.

Viel Spaß bei einer neuen Episode unseres Podcasts.

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10 Gedanken zu „Blindflug 59: Salzwiesensekt und Kleinstauflage“

  1. Lieber Felix, lieber Sascha, endlich bin ich dazu gekommen, alle neuen Folgen zu hören, und fand sie super interessant und sehr kurzweilig. Chapeau, wie ihr so viele Infos locker verpackt bekommt. Zu Riesling als Essensbegleiter stimme ich euch zu, sehe das Problem aber mehr im privaten Bereich. In der ambitionierten Gastronomie gibt es heute deutlich mehr Riesling als vor 15 Jahren und dort passt er auch zu manchen aktuellen Trends mit fermentierten Zutaten oder asiatischen Einflüssen. In den letzten Jahren wird natürlich auch gerne Naturwein genommen, was ich aber häufig anstrengend finde. In der Spitzengastronomie sind unverändert viele GGs gelistet und werden auch verkauft. Bei einer Weinbegleitung lässt sich das schön einstellen. Zu dem, was man sich im Alltag zuhause kocht, passt trockener Riesling aber in der Regel gar nicht, Pasta, Aufläufe, Bowls usw.. Auch wenn ich selbst so dazu gekommen bin, macht es aber wenig Sinn, im Restaurant ein GG zu bestellen. Alles aus den letzten 10 Jahren ist frisch aufgerissen entweder enttäuschend oder gewinnt zumindest so von einer längeren Belüftung, dass es anders schade ist. Direkt aus der Flasche schmecken vielen daher zurecht die Ortsweine bzw. Halgans, Schiefertrassen .. besser als ein GG, obwohl die heute natürlich auch ihren Anspruch und Preis haben. Das ist ja insgesamt ein Problem, das ihr auch zu dem Jamet angesprochen habt. Persönlich überlege ich mir meistens am frühen Abend, was ich trinken will, und fast immer schmeckt der Wein am nächsten Abend deutlich besser. In dem Wissen plant man bei manchen Weinen natürlich im Voraus, aber für jeden Tag fände ich das zu nerdig. Daher schüttele ich auch ab und zu die Weißweine durch und bin sehr auf die nächste Folge gespannt Tobias

    1. Lieber Tobias, da bringe ich Zahlen und Quellen dahingehend, dass Riesling GGs in der Gastronomie nicht so recht zünden wollen und Du antwortest ‚In der Spitzengastronomie sind unverändert viele GGs gelistet und werden auch verkauft.‘ Ohne Quellen, ohne Zahlen. Ich habe 2020 sehr an Lebensqualität gewonnen, indem ich mich nicht mehr auf Facebook-Diskussionen einlasse. Für 2021 habe ich mir vorgenommen Diskussionen abzubrechen, wenn es in der dritten Runde immer noch nicht um die Interpretation von Fakten, sondern um die Gültigkeit von Fakten versus alternativer Fakten geht. Insofern kann ich nur schließen mit: lass uns darauf einigen, dass wir uns nicht mal auf eine Zustandsbeschreibung einigen können.
      cheers
      Felix

      1. Lieber Felix, das mit den Fakten ist ein Punkt und meine persönlichen Erfahrungen sicher unzureichend, aber viele der deutschen Drei und Zwei Sterne Restaurants stellen ihre Weinkarte ins Internet. Die habe ich nicht alle ausgewertet, aber alle die ich mir angesehen habe, bestätigen meinen Eindruck. Für München weiß ich, dass Atelier, Überfahrt, Esszimmer, Königshof und Tantris reichlich GGs auf der Karte haben bzw. hatten. Im Atelier ist Keller fast günstiger als auf ebay. In Berlin gibt es bei Rutz und im Esszimmer sehr viele GGs mit einer großen Jahrgangstiefe und Tim Raue hat auch einige. Umgekehrt habe ich in dem Bereich bisher kein Restaurant gefunden, das nicht etliche GGs anbieten würde. Daher würde ich wetten, dass die Stichproben repräsentativ sind und keine alternativen Fakten. Das bedeutet natürlich nicht zwingend, dass sie auch verkauft werden, aber, warum sollte man sie dann auch in aktuellen Jahrgängen auf die Karte nehmen. Außerdem sind die GGs in diesem Rahmen preislich im Verhältnis zum Renommee attraktiv. Sie liegen in der Regel zwischen 80 und 120 Euro und dafür ist es sehr schwierig, aus Frankreich den Topwein eines bekannten Erzeugers zu bekommen. Natürlich gibt es Alternativen mit hoher Qualität, die haben aber noch nicht die gleiche Bekanntheit. Die Listung in der Spitzengastronomie bedeutet aber noch keine großen Umsätze, weil so viele Plätze haben die nicht. Außerdem ist es völlig richtig, dass die GGs in der sonstigen Gastronomie nicht zünden, aber welcher stille Weißwein zu diesem Preis tut das? Lugana zündet, weil er sich viel billiger beschaffen und schöner kalkulieren lässt. Der Geschmack spielt da wohl eine untergeordnete Rolle. Für die Restaurants jenseits der Sterne sind GGs schlicht zu teuer im Einkauf, die verkaufen auch nichts Vergleichbares aus anderen Ländern. Die GGs der bekannten Erzeuger kann das normale Restaurant in der Regel nur minimal günstiger einkaufen als der Endverbraucher – bei Guts- und Ortsweinen sind die Nachlässe deutlich freundlicher. So konnte ich das zumindest den Listen verschiedener Großhändler entnehmen. Das Ergebnis passt dann auch, weil Guts- und Ortsweine immer noch leichter zu kombinieren sind als GGs. Der Absatz der GGs ist daher aber auch kein Gradmesser für die Verbreitung des Rieslings an sich Viele Grüße Tobias

        1. Lieber Tobias, gerade die Jahrgangstiefe sollte Dich stutzig machen, denn die meisten GGs haben ja eher niedrige Auflagen. Heutige Weinkarten sind per EDV mit der Warenwirtschaft verbunden und zeigen im Zweifel alles, was im Keller liegt. Die Zeiten, da der Sommelier die Sachen aus dem Reife- in den Kartenkeller legte, sind endgültig vorbei. Bei meiner ersten Weinkellerbesichtigung im Scherrer in Hamburg annodunnemals gab es tatsächlich noch ein vollgestopften Raum mit Weinen, die noch nicht gelistet waren. Ich mache hier in Berlin übrigens eine andere Erfahrung, hier haben etliche Restaurants unterhalb der Sterneklasse auch GGs auf der Karte, aber die verkaufen eins pro Woche.
          Was ich genau so problematisch finde ist Deine Aussage, Riesling würde wie wild in die Menübegleitung eingebaut und würde hervorragend zum essen passen, wenn dieses nicht zuhause oder auf Hausmannskost-Nviveau gekocht würde. Ganz abgesehen davon, dass bei den mit Sommeliers gespickten Profiveranstaltungen und Reisen, die ich besuche, die Leute nicht müde werden, über das problematische Verhältnis von Riesling zu jederlei Speisen zu jammern, müssen Dir doch auch die Berichte von Winzern in Interviews, sozialen Medien etc. begegnen, die davon berichten, dass alle nur noch Grauburgunder wollen. Etliche Gastronomiebetriebe haben keinen Riesling im Offenausschank mehr. Georg Rumpf von der Nahe erzählt ganz offen, dass er jetzt auf die minimal vorgeschriebenen 55% Riesling-Anteil geschrumpft ist, weil sich Grau- und Weißburgunder von selbst verkauft und er sich für seinen Riesling den Mund fusselig reden muss. Das ist nur ein Beispiel. Florian Lauer schrieb mir gerade (dazu mehr im Podcast) wie sehr er die Grauburgunder-Konkurrenz zu spüren kriegt. Wir leben da wirklich in Parallelwelten, allerdings mit dem Unterschied, dass ich aus Deiner komme und Deine Position nach drei Jahren Gault&Millau nicht aufrecht erhalten konnte, weil mir die Fakten in die Quere kamen.

          1. Aber, wo geht die Reise dann hin? Ich habe nicht annähernd die gleiche Erfahrung oder Kontakte und, da es nur eine Welt gibt, werden deine Wahrnehmungen und Bewertungen richtig sein. Aber, was kommt dann? Gegenwärtig investieren die Winzer immer noch mehr in die Lagen für hochwertige Rieslinge und sicher auch in die Produktion. Dabei spricht für dich, dass Kleinstproduktionen wie der Kreid von Rings und die High End Versuche der zweiten Reihe lange regulär verfügbar sind. Warum gibt es dann keine „Forschung“ nach zeitgenössischen Gerichten, die sich mit Riesling vertragen? Mehr als Gänsebraten, Saumagen oder Schlachtplatte und Käse fällt ja auch vielen Winzern nicht ein – gedünsteter Fisch natürlich noch, da kommt es aber schon stark drauf an und gibt sicher bessere Begleiter. Gerade ohne Fleisch und Fisch wird es dann richtig schwierig, dabei wird der Trend bleiben. Eigentlich Marketing wäre in der Situation angesagt, aber dafür ist der Erfolg wohl noch zu groß. Das mit dem Grauburgunder ist lustig. Ich trinke den gerne, gerade zum Essen, aber vielen Somms stellen sich da die Haare auf und sie bewegen einen mindestens zum Weißburgunder.

            1. Ja, Somms hassen Grauburgunder. Ich vermute, weil das der Wein ist, der sich aktuell von allein verkauft. Angeblich hassen die Münchner Somms ja auch Lugana, aber das kann üble Nachrede sein.
              Vielleicht kann man es auch nicht ändern, mit der schleppenden Speisenkompatibilität. Ist doch nicht so schlimm. Es gibt Gerichte zu denen kein Wein passt (Saurer Hering mit Bratkartoffeln, Senfeier), da darf es doch auch Weine geben, zu denen keine Speisen passen – und keine ist beim Riesling ja noch nicht mal der Fall, es sind halt wenige.
              Was die Investition in Lagen etc. angeht, eigentlich ist das alles ziemlich konstant. In den letzten zehn Jahren hat der Riesling ein bisschen Flächenanteil gewonnen, da er beim Boom der zweiten Hälfte der 90er aber Anteile verloren hatte, liegt er immer noch etwas unter seinem Höchststand. Um die Lage des Rieslings zu beurteilen, eignen sich aber die Icon-Wein-Versuche einiger weniger VDPisten nicht so gut wie die Frage, wer Dir gerade alles Sonderangebote (und sei es die frachtfreie Lieferung jetzt schon ab 6 Flaschen) ins Haus schickt. Deutschlands Rieslingwinzer sind noch nicht im Krisenmodus, aber sie erzählen, dass das Klima in jeder Hinsicht rauer wird.

  2. Hallo Felix, herzlichen Dank für den tollen Podcast, es ist immer wieder ein Genuss, euch zuzuhören. Natürlich fand ich gerade diese Folge wahnsinnig spannend, hattet ihr doch „meinen“ Wein, den „Ferdinando“ im Glas. Und – logisch – es hat mich wahnsinnig gefreut, dass er euch so gut gefallen hat. Man selbst ist ja diesbezüglich nicht immer ganz objektiv und freut sich natürlich über eine Bestätigung der eigenen Begeisterung für den Wein.
    Neulich bin ich in einem Weinladen über den Silvaner „Sankt Kathrin“ vom Weingut Bernhard „gestolpert“, über den ihr in eurem Podcast auch schon berichtet habt. Ich erinnerte mich daran und habe direkt ein „Geschmacksmuster“ gekauft. Bin schon sehr gespannt darauf, ihn zu verkosten. Macht also weiter so und versorgt die Community mit euren Verkostungsnotizen.
    Viele Grüße aus Ibbenbüren,
    Christian

  3. Danke für die wieder mal äußerst interessante Folge. Diesmal waren es für mich nicht vordergründig die Weine sondern die herrliche Geschichte der #Lewunustus. Hab richtig laut gelacht und am Ende blöd geschaut. Dachte ich doch tatsächlich das Süßwein und Steak immer noch der ‚heiße Stoff‘ ist. Bin damals als Wein-Noob über diese Kombi gestolpert (keine Ahnung mehr wo) und hatte es bis heute auf der Liste der Dinge die ich unbedingt mal probieren möchte. Bis heute ?. Freu mich auf die nächste Folge.

    1. Na, dann solltest Du es erst recht ausprobieren. Du bist ja jetzt von allen Zwängen befreit. Die Chance ist also maximal, dass Du einfach nach Deinem Geschmack entscheidest 😉
      Bitte danach berichten…

  4. Hallo Felix
    Erstmals herzlichen Dank für Euren tollen Podcast, welchen ich gerne, oft und interessiert verfolge.
    Deinen Input zum Bruut & Bruizend hat mich berührt, weshalb ich mich sofort entschlossen habe, mir diesen speziellen Wein zu ordern. Cordula hat sofort geantwortet und so konnte ich mir drei Flaschen sichern – dies trotz den für sie unüblichen Versand in die Schweiz. Deine spannende Geschichte wurde für mich quasi ein wenig weitergeschrieben, worüber ich mich sehr freue. Eine Flasche werde ich mir – analog Deinen Plänen – als Anti-Corona-Therapie zu Silvester gönnen.
    Beste Grüsse aus der Schweiz und: weiter so!
    Peter

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