Podcast zum Weinmarkt Teil 2

Blindflug 132: Das Weinmarktmassaker (2)

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Sascha
startet mit rot
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Felix
macht ab Minte 36 mit weiß weiter

Das Thema lässt uns nicht los: es wird weniger Wein getrunken und es wird billigerer Wein getrunken. Aber ist das eigentlich in allen Teilen des Marktes gleich?

Das ist die Preisfrage, die im Moment noch keiner beantworten kann. Aber man kann ja mal spekulieren. Damit die Spekulation ein bisschen Substanz hat, erläutert Felix noch ein wenig die Rahmendaten der Märkte, denen er bei beruflichen Recherchen zuletzt begegnet ist. Und dann ist da noch die Sache mit dem Mais. Der ist ‚de-commodi´tized‘. Und das hat viel mehr mit dem Weinmarkt zu tun, als man auf den ersten Blick glauben mag.

New kid on the Nordrhone-Block

Rémi Niero Côte-Rôtie

Aber erst mal kommt endlich Saschas Flaschenparade. Die zehn eindrucksvollsten Weine des letzten Jahres. Ins Glas kommt dazu ein Wein, den Felix ganz extrem beeindruckend findet. Ein neuer Stern am Nordrhonehimmel. Côte-Rôtie ‚Vires de Serine‘ 2015 von Rémi Niero ist ein ganz präziser, kein bisschen gekochter Syrah mit nur 13,5 Prozent Alkohol, der ein fantastisches Strahlen im Glas entwickelt. Das wird zu Recht gefeiert.

Cuvée des Demoiselles – weiß und verschmäht

Cuvée des Demoiselles Hostens-Picant

Felix bringt einen großen Wein aus Bordeaux, dessen einziges Problem seine Farbe ist: er ist weiß. Felix liebt ihn, Sascha mag ihn auch sehr, aber die Cuvée des Demoiselles 2019 von Chateau Hostens-Picant aus Sainte-Foy/Côtes de Bordeaux findet keinen Importeur in Deutschland. Das Schicksal teilt der Wein mit vielen großartigen Weißweinen aus Bordeaux. Vielleicht ist das ein Hinweis, wie sich der Weinmarkt künftig im gehobenen Segment entwickelt: Was nicht besonders ankommt, wird nicht über den Preis verkauft, sondern fliegt einfach aus dem Portfolio. Die Weinwelt würde ärmer werden.

Viel Spaß bei einer neuen Episode unseres Podcasts.

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16 Gedanken zu „Blindflug 132: Das Weinmarktmassaker (2)“

  1. Hallo Felix, auch auf diesem Wege noch einmal Danke für diesen formidablen Abend im The Grand. Der erwähnte Chenin war ein 1996er Vouvray Le Mont Moelleux 1ére Trie von der Domaine Huet. Ca 80 bis 85 g Zucker…..Zeitkapsel gefällt mir gut als Begriff. Grüße von Jeroen

    1. Danke für die Ergänzung. Der älteste am Markt erhältliche ist der Jahrgang 1919. GAnz so weit werden wir nicht zurückreichen, aber vielleicht schießt einer von uns mal was aus den 60ern und dann werden wir das überprüfen 😉

  2. Ich muss mal den Ducru etwas in Schutz nehmen. Der Wein war über vierzig Jahre alt und aus einem eher kleinen Jahrgang. Wir waren uns außerdem alle nicht sicher, ob er einen Korkschleicher hatte. Zum Thema der Folge passend gab es ja schon immer keine guten alten Weine, sondern nur gute alte Flaschen, wobei die Quote von Wein zu Wein bestimmt schwankt und bei Mouton 82 sicher höher ist als bei Ducru 7X. Meiner Erfahrung nach können Welten zwischen zwei gleichen Weinen aus der selben Kiste liegen. Vielleicht war es einfach Flaschenpech.

    1. Lieber Jonas, wenn Du meinst, Du solltest den DB in Schutz nehmen, dann habe ich es schon übertrieben (hab schon während der Aufzeichnung ein bisschen Zahnschmerzen bekommen, ob ich das nicht gerade zu negativ darstelle). Dass mit dem Korkschleicher weiß ich nicht. Es war ein durch und durch guter Wein. Für mich war das eher so eine das Bessere ist des Guten Feind oder Gennuss-Overkill-Situation. Ich habe beim Schneiden des Podcasts nach einer Möglichkeit gesucht, die ganze Passage zu killen, aber das ging nicht mehr. 😉

  3. Lieber Felix,

    mal wieder sehr informativ, deine Ausführungen zur Entwicklung des Weinmarktes. Indes überraschen mich deine Prognosen wenig, wenn man auf andere vergleichbare Märkte schaut:

    Begreift man Fine Wine als Luxus- und nicht lediglich Konsumgut, existiert der von dir geschilderte Zustand bereits seit Jahren/Jahrzehnten, etwa im Kunst-, Antiquitäten- oder Uhrenmarkt. Ein Macke, Kokoschka, Monet oder eine Rolex aus ungeklärter Herkunft und ohne Papiere mag noch so schön anzusehen sein. Der Marktpreis wird immer weit unter dem Modell mit Box und Papieren liegen oder – wie in der Kunst – sogar zur Unverkäuflichkeit führen.

    In der Kunst gibt es zur Herkunft der Werke ja sogar eine eigene Wissenschaft: Die Provenienzforschung. Ich bin gespannt, ob es so etwas demnächst auch für Wein gibt. Ich meine mich zu erinnern, dass du sogar mal davon berichtet hast, wie einige Châteaux mittlerweile Chips in die Kapsel einsetzen lassen, um den Weg der Flaschen nachverfolgen zu können.

    Herzliche Grüße und alles Gute!

    Sebastian

    1. Da habe ich dann vielleicht nicht klar genug gesagt, was die eigentliche Prognose ist. Provenienz ist schon lange ein Thema gewesen, vor allem nach dem großen Betrugsfall Rudy Kurniawan (gibt es eine tolle Doku drüber, ‚Sour Grapes‘) und dem Streit um die Jefferson-Flaschen von Hardy Rodenstock. Beim Wein geht es zusätzlich (und auch ein bisschen mehr) um die Fragen nach Füllstand, Neuverkorkung, Kapselschäden und vor allem dauerhaft temperierter Lagerung. Im Boom der letzten 5 Jahre trat diese Frage oft etwas zurück und die eigentlich vorhandenen Bewertungsmuster für Füllstand und Unversehrtheit wurden weniger wichtig, so zumindest mein Eindruck. Die Prognose ist, dass das schon jetzt wieder anzieht. Sollten massenhaft Flaschen aus China zurückkommen, kommen neue Herausforderungen dazu. Bei der Rolex reichen Box und Papiere. Ob die Uhr danach zwei oder drei Besitzer hatte und ob diese in Schweden oder Ruanda lebten, ist ziemlich wurscht, weil man die Uhr in Augenschein nehmen kann. Das geht bei Wein eben nur äußerlich und die Zahl der Zwischenbesitzer ist (zunehmend) extrem wichtig.

      1. Grundsätzliche Zustimmung. Sicherlich lässt sich Wein als Naturprodukt und im weitesten Sinne (verderbliches) Lebensmittel nicht ohne weiteres mit Gemälden oder Uhren vergleichen. Und sicherlich folgen daraus Besonderheiten, die nur auf den Weinmarkt zutreffen.

        Auch nach deiner Klarstellung verstehe ich deine Prognose so, dass in Zukunft beim Fine Wine der chronologischen und lückenlosen Aufklärung der Eigentumsverhältnisse vor dem Hintergrund dubioser Exporte aus Fernost gesteigerte Bedeutung zukommt und dabei verstärkt auf Parameter wie Füllstand, Kapselschäden etc. wertgelegt werden wird, die im Boom der letzten Jahre in den Hintergrund geraten sind.

        Mein Punkt war hier lediglich, dass mich dies in Anbetracht der Entwicklungen auf anderen Märkten für Luxusgüter nicht überrascht, vielmehr folgerichtig ist, was die Richtigkeit deiner Prognose natürlich in nichts schmälert.

        Bei Kunst ist das seit jeher der Fall, schon um mögliche Restitutionsansprüche auszuschließen. Aber auch im Uhrenmarkt scheint es mir (anders als von dir empfunden) nicht völlig egal zu sein, ob etwa die Rolex ursprünglich in Hong Kong ausgeliefert und dann über unbekannte Wege ihren Weg nach Europa/Deutschland gefunden hat, selbst wenn der Zustand einwandfrei ist. Das zeigen im Falle von Rolex schon die (mitunter hysterisch aufgeladenen) Diskussionen über die Ländercodes. Je unklarer die Herkunft, desto größer das Risiko von Fälschungen, fehlerhaft oder schlampig ausgeführten Revisionen etc., die sich (anders als beim Wein) auf den ersten Blick oftmals nicht einmal erkennen lassen. Der Aufwand einer detaillierten Begutachtung ist angesichts der begrenzten Anzahl von Experten hoch und wird daher von vielen Marktteilnehmern gescheut. Der Sekundärmarkt reagiert darauf konsequenterweise mit Preisabschlägen.

        Der Umstand, dass eine Uhr technisch einwandfrei, respektive ein Wein trinkbar ist, scheint mir jedenfalls in beiden Fällen nur einer von vielen, möglicherweise nicht einmal der zentrale wertbildende Faktor auf dem Sekundärmarkt zu sein. Ich bin jedenfalls schon sehr gespannt auf deine angekündigten Ausführungen in der nächsten Folge zur Entwicklung des (deutschen) Sekundärmarkts für Wein😉

        1. Wir sind nicht weit auseinander. Was ich im Podcast mMn ausgedrückt habe, ist das Problem, dass die klassische Provenienz-Dokumentation hier an Grenzen stößt. Eine Subskriptionsrechnug lassen sich die Händler gar nicht mehr zeigen. Wir leben im Zeitalter des Laserdruckers. Aber selbst wenn, kann ich halt mit meinem Keller und meiner Subsrechnung Whitewashing für endlose China-Re-Importe betreiben, weil es zumindest im Bordelais keine individuelle Seriennummer für Flaschen gibt (das ist in Teilen des Burgunds anders). Vielleicht mache ich das doch noch mal ausführlich im Podcast.

          1. Stimmt natürlich! Auf den Gedanken bin ich noch gar nicht gekommen;)

            Viele Grüße und Danke für deine geduldigen Antworten.

            Sebastian

  4. Ein Gedanke zur China-Buddel: würden dadurch nicht die Preise eher noch stärker steigen, weil sich das Graumarktangebot auf diejenigen Händler eindampft, die Historie und tiptop Lagerung lückenlos nachweisen können? Das so viel geringere Angebot kompensiert ggf. zumindest eine nachlassende Nachfrage aus China.

    1. Da man die alten Flaschen nicht tracken kann hilft dann evtl. nur noch selbst subskribiert mit Originalrechnung plus eigener makelloser Ruf.

  5. Kleine Ergänzung: Cote Rotie darf von Gesetzes wegen auch etwas Viognier enthalten, was durchaus nicht selten praktiziert wird. Wie immer eine sehr unterhaltsame Folge !

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