#vdpgg2022

Wiesbaden 2018, Tag 2 #vdpgg18

Guten Morgen, Montagmorgen startet man mit Riesling, oder?

Der Kollege Würtz ist heute ebenfalls live vor Ort. Seinen Bericht finden Sie hier.

Nahe

Als Gebietsverkoster Nahe für den Gault&Millau-Weinguide kenne ich viele der Weine bereits. Ich weise vorsichtshalber darauf hin, dass die hier getroffenen Aussagen sich allein auf die Eindrücke dieser Schnellprobe beziehen und keine GM-Bewertungen darstellen.

Jahrgang 2017, wenn nicht anders angegeben.

Kruger-Rumpfs Dautenpflänzer zeigt eine frische Nase mit reifer Frucht, am Gaumen zackige Säure, gefühlt sehr trocken, tief und verschlossen, guter Einstieg. Im Pitterberg aus gleichem Hause reifer in der Frucht aber auch vibrierend, derzeit etwas zugänglicher. Zwei Mal viel Potential. Wunderbare Schießpulvernase bei Diels Pittermännchen, am Gaumen hat der Wein Saft und Kraft und eine tolle Balance. Joh. Bapt. Schäfers Pittermännchen ist jetzt etwas geschliffener, aber nicht weniger Tief. Ähnliches Bild beim Goldloch: Schäfer etwas polierter (was bitte nicht mit glattgebügelt zu verwechseln ist) und Diel etwas wilder. Beide noch sehr jung und beide mit viel Potential. Wenn Diel jung so schmeckt, darf man großes in der Reife erwarten, bei Schäfer mache ich mir aber auch keine Sorgen. Ein Weltklasse-Flight zum Start.

Aus dem Burgberg bieten Kruger-Rumpf und Diel (2016) zwei Weine, die man getrunken haben muss. Der erste wieder fest, der zweite wieder wild, beide ganz stark. Prinz Salms Wallhausener Felseneck (2016) bietet dem Gaumen eine Atempause und zeigt: der eher milde Stil des Hauses hat einen Platz an der Nahe. Höllenpfad im Mühlenberg heißt Dönnhofs Roxheimer GG und es präsentiert sich saftig und mit kleinem Stinker, braucht noch eine Weile und wird dann sicher sehr gut. Der Krötenpfuhl aus gleichem Hause ist bissiger, zupackender, größer. 

Dr. Crusius’ Mühlberg „im Rotenfels“ ist wunderbar saftig und dann im Abgang beißend mineralisch, aromatisch von satter Rieslingfrucht zusammengehalten. Die Bastei aus gleichem Hause ist in diesem Jahr sehr fein und leise. Den muss man außerhalb eines solchen Power-Feldes probieren, um ihn voll zu würdigen. Die Bastei (2016) von Gut Hermannsberg zeigt: die milde Art gehört zur Lage, jahgangsübergreifend. Auch ein Wein zum Schwelgen. Dönnhoffs Dellchen ist dann wieder Abteilung (Mineral-)Attacke. Bissig, aber auch fruchtig und sehr gut. Der Rotenberg von Gut Hermannsberg ist ein balanciertes Mittelgewicht mit viel Zug – ohne Firlefanz. Die Brücke von Dönnhoff beschließt den Flight mit einem weiteren schwelgerisch milden GG mit viel Potential.

Der Steinberg von Gut Hermannsberg glänzt wieder mit Zug und Frische, ist aber etwas fruchtiger als der Rotenberg. Dann Dönnhoffs Hermannshöhle: Crowd-Pleaser mit viel Anspruch und Tiefe, nirgendwo gibt es das so verlässlich wie hier – auch in 2017. Eher leise und verschlossen präsentiert sich der Hausberg von Gut Hermannsberg (2016). Die tolle Länge deutet aber das große Potential des Weines an. Dann ein Flight im Flight, drei Versionen Kupfergrube. Und Schäfer-Fröhlich verhält sich zu Crusius wie vorhin Diel zu Joh. Bapt. Schäfer. Wild versus geschliffen, aber zwei mal ganz groß. Gut Hermannsbergs (2016) Version ist dann, Late-Release ‚sei Dank‘, schwer in Bezug zu setzen, aber auch ein guter Wein.

Vier mal Felsenberg zum Start des nächsten Flights. Dönnhoffs Wein (mit dem Zusatz ‚Felsentürmchen’) mit toller Phenolik: kauen und lieben! Schäfer-Fröhlich darf man auch kauen, aber besser nicht riechen. Spontistinker Deluxe. Am Gaumen dann erstaunlich viel Frucht, die die Mineralik bestens puffert und schon jetzt Vergnügen macht. Dr. Crusius wieder mit Brillanz und Saft, Gut Hermannsberg mit der vibrierendsten Säure. Das ist alles ganz schön gut! Schäfer-Fröhlichs Felseneck präsentiert sich zwar fruchtig, aber ansonsten total kompakt und verschlossen – flüssiges Potential. Der Stromberg aus gleichem Hause kommt mit erstaunlich fruchtiger Nase und auch süßer Frucht am Gaumen, nicht richtig Haus-Stil, aber richtig gut.

Zum Abschluss ein Tête-à-Tête zwischen Schäfer-Fröhlich und Emrich-Schönleber. Beim Frühlingsplätzchen zeigt Schönleber den wilderen und Fröhlich den geschliffeneren Wein (kein Scherz!). Beim Halenberg steht die alte Ordnung halbwegs, eigentlich vorwiegend in der Nase. Am GAumen bietet Schäfer-Fröhlich erstaunlich viel Frucht, Schönlebers Wein ist ein Monolith. Ich finde hier und heute das Frühlingsplätzchen von Schäfer-Fröhlich groß, die anderen drei Weine sind weltklasse. 

Die Nahe ist 2017 ein Riesling-Wunderland!

Mittelrhein

Alles Jahrgang 2017

Toni Josts Im Hahn ist eher mollig, aber alles andere als plump. Den würde ich jetzt gerne trinken mit seiner warmen Aromatik, und trotzdem zeigt er deutliches Potential. Ratzenbergers St. Jost ist sehr reife Rieslingfrucht und ziemlich weit entwickelt, auf der kurzen Strecke aber ein ganz großes Vergnügen. Wild und saftig, eher weich, aber tief und deswegen richtig gut: Lanius-Knabs Bernstein Lauerbaum. Großes Fruchtkino mit langem, spielerischen Abgang dann im Oelsberg aus gleichem Hause.

Gute Mittelrhein-Show.

Franken

Jahrgang 2017, wenn nicht anders angegeben

Bickel-Stumpfs Rothlauf mit wilder Nase, dann lustiges Beerenaroma am Gaumen (das wahrscheinlich morgen schon wieder weg ist); tolle Säure, schöner Wein. Der Stein (2016) vom Juliusspital hat richtig Zug, krasse Säure, der Versuchung widerstanden, mit zu viel Zucker zu puffern und so einen ganz starken Stoff gezaubert. Horst Sauers Am Lumpen 1655 ist kompakt, verschlossen und sehr vielversprechend. Rainer Sauers Wein aus gleicher Lage ist dann Riesling schnörkellos mit rekordverdächtiger Länge. Stein-Hagemann vom Bürgerspital hat Zug, ist elegant und auf ein langes Leben eingestellt, groß. Der Pfülben vom Staatlichen Hofkeller ist saftiger, fruchtiger, aber auch so wild und gut strukturiert, dass ich an eine rosige Zukunft glaube.

Weltners Küchenmeister hat eine schöne Säure und süße Frucht, müsste man gründlicher probieren, könnte großartig sein oder etwas zu süß. Wirschings Julius-Echter-Berg (2016) ist sehr reif, macht jetzt schon viel Spaß, der Kronsberg (2016) aus gleichem Hause ist auch auf der fruchtigen Seite, aber mit ganz viel Biss und Potential, toll. Der Schlossberg (2016) von Castell ist karger, sehr mineralisch, genauso toll.

Franken mit Licht und Schatten und vielen Weinen, die einfach sehr okay sind.

Württemberg

Jahrgang 2017

Der Verrenberg von Fürst Hohenlohe ist saftiger Riesling mit toller Phenolik, die noch eine Weile braucht, aber dem Wein eine sensationelle Reife bescheren könnte (Truszkowski meint ‚ein bisschen S/M schadet nicht). Auch der Herrschaftsberg vom Staatsweingut Weinsberg kommt nicht gerade aus dem Streichelzoo: bissig und reifebedürftig, aber schön.

Dautels Steingrüben kommt geruchlich aus dem Kuhstall, ist geschmacklich noch in der Backstube unterwegs und wird, wenn die heftigen und hefigen Noten verdaut sind, vermutlich mal ein großer. Aldingers Gips Marienglas ist etwas klassischer, wenngleich auch ein bisschen wild; volle Frucht, leichter Stinker, viel Säure, trocken, satte Phenolik – grandios. Ellwangers Altenberg hat es danach schwer, ist vermutlich viel besser, als er sich mir jetzt präsentiert. Der Pulvermächer von Karl Haidle glänzt mit Frische, Frucht und trockener Ernsthaftigkeit, Ich glaube fest an diesen Wein!

Etliche Weine waren eher wenig beeindruckend, einige dafür grandios; sehr durchwachsenes Bild in Württemberg.

Baden

Ein Riesling aus Baden: 2016 Winklen F36 Herrgottswinkel von Stigler und der ist sehr gelungen.

Rheinhessen

Jahrgang 2017, wenn nicht anders angegeben

Binger Kirchberg (2016) von Prinz Salm ist richtig gut: sehr klare Rieslingfrucht, etwas würzig, ein bisschen Malz und tolle Säure, mjam. Der Scharlachberg von Kruger-Rumpf etwas zackiger, aber auch noch auf der reifen Seite mit endlos guten Anlagen. Gleiche Lage von Wagner-Stempel wieder ein Tick dunkler und ebenso gut. Dieser Flight macht einfach Spaß! Nummer vier, der Scharlachberg (2016) von Prinz Salm ist der bisher mildeste, was aber keinesfalls ein Euphemismus für fehlende Säure sein soll, die kommt nach hinten raus nämlich mit Macht und sorgt für Länge. Gunderlochs Rothenberg zeigt einen kleinen Stinker in der Nase und am Gaumen wundervolle Struktur mit viel Potential, wenngleich er im Moment nicht an den Charme der ersten vier herankommt. Kühling-Gillots Rothenberg ‚wurzelecht‘ dann wieder mit irrer Spannung und phenolischem Tiefgang, dass es salzig wird und die Gänsehaut die Arme runterwandert. Ganz großer Sport und insgesamt ein wunderbrer Flight. 

St. Antonys Orbel ist rauchig, malzig, aber mit heller klarer Frucht, was schon aromatische Spannung aufbaut, der dann Säure und Phenolik noch einen drauf setzen. Braucht viel Zeit, ist aber genial. Schätzels Ölberg stinkt ziemlich, ist am Gaumen aber frisch und vibrierend und ganz wunderbar mineralisch. Kühling-Gillots Ölberg ist saftig und wirkt im Kontext gefällig, weil er nicht so eine Phenolbombe ist, entspannt meinen Gaumen aber gerade vortrefflich.

Kühling-Gillots Hipping hat eine reife, warme Nase, ist am Gaumen dann eher frisch und blumig. Das ist eine sehr willkommene Abwechslung. Kellers Version ist sponti-aromatisch total von der Gärung dominiert, zeigt am Gaumen aber eine so spannende Struktur, dass ich gerne warte, bis sich die Frucht freigekämpft hat. Das könnte allerdings dauern. Bisher war Rheinhessen großartig, aber es fehlte mir ein bisschen das Tänzeln. Schätzels Hipping ist da genau die Ballerina, die ich jetzt gerne im Glas hätte. Man, kann die tanzen!

Gunderlochs Pettenthal ist ziemlich klassisch: ‚Lich un Luf gib Saf und Kraf‘ mit phenolischem Abgang, auf dass er ein paar Jahre im Keller liegen möge und dann seine Ketten sprengt. Kühling-Gillots Version der Lage ist der pure Wahnsinn, diese Frucht! Diese Struktur! Diese Tiefe und Länge! CHARME! St. Anthonys Ausgabe hat die konzentrierteste Frucht des ganzen Tages bisher, allein das macht ihn schon besonders. Schätzels Pettenthal (2016) schließlich hat mehr Zug und das ist gut so, denn sonst ginge er nach diesen ganzen Bomben unter, was ihm nicht gerecht würde. Vor der Verkostung von Wagner-Stempel hätte ich eigentlich eine Pause machen müssen. Das sind dann die Grenzen des Formates: Heerkretz und Höllberg gefallen mir sehr gut, in anderer Verkostungsreihenfolge sänge ich vermutlich ein lauteres Loblied.

Wittmanns Aulerde ist sehr fruchtig und erstaunlich üppig, aber auch sehr tief und mit feiner Phenolik im Abgang. Sein Kirchspiel wirkt etwas trockener und fester, das Brunnenhäuschen schließlich bietet volle Komplexität bei wunderbarer Frische. Der Morstein ist typisch Morstein, oder besser: typisch Morstein aus großartigem Jahr. Gutzlers Morstein ist wunderbar rauchig, Kellers Version ist in der Nase wild und am Gaumen saftig, bevor mineralische Spannung im Abgang zuschlägt: tough stuff! Dann drei mal Battenfeld-Spanier: Zellerweg am schwarzen Herrgott ziemlich reif, eher warm, Frauenberg etwas straffer, aber auch üppig und selbst das Kirchenstück kommt reif daher. Sehr schöne Weine, die ich aber nicht unbedingt zehn Jahre alt werden lassen würde. Monstersäure dafür in Gutzlers Liebfrauenstift Kirchenstück. Der bringt aber auch so viel Stoff und Frucht mit, dass ich mir gut vorstellen kann, wie schön er mal wird.

Die Rheinfront brilliert, der Rest ist mindestens sehr gut, Rheinhessen also stark.

Spätburgunder (Fortsetzung)

Morgen geht es mit Riesling weiter, jetzt erst einmal weitere Spätburgunder. Den ersten Teil finden Sie hier.

Württemberg

2016, wo nicht anders angegeben

Der Verrenberg von Fürst Hohenlohe bietet das Maximum an Frucht auf, das noch ohne Abdriften ins Marmeladige möglich ist. Kompliment. Die Säure ist toll, das Holz verträglich. Ein schöner Wein. Dautels Schupen mit Mut zu Holz, tollem Holz für diese saftige Frucht. Großartig! Der Forstberg ist etwas subtiler, aber nicht unbedingt besser. Zwei gelungene GGs. Betörende Frucht im Käsberg des Herzogs von Württemberg. Dito im Gips Marienglas von Aldinger, nur dass der noch Säure und Struktur für die Ewigkeit drunterlegt. Ersterer gut, letzterer großartig. Aldingers Lämmler wirkt dagegen fast brav, ist aber bei genauem Hinsehen von ganz vielversprechender Statur, schlank, fest, tief, und derzeit verschlossen. Haidles Burghalde und Ellwangers Linnenbrunnen sind sehr gut, aber derzeit noch arg fruchtig. 

Lemberger

2016, wenn nicht anders angegeben

Drautz-Abeles Scheuerberg Steinkreuz mit betörender Frucht und tollem Holz, etwas weniger Alkohol und er wäre groß. Ganz viel Saft und ganz viel Holz im Schemelsberg vom Staatsweingut Weinsberg. Entweder das wird groß, oder das wird nix. Auch bei Graf Neippergs Schlossberg wissen Frucht und Holz zu gefallen – vielversprechend. Dautels Michaelsberg strahlt richtig in der Frucht. Das ist enorm fokussiert und bisher der Beste.

Aldingers Lämmler riecht so grün und unreif, das will ich gar nicht in den Mund nehmen. Ich tue es doch und bereue es keine Sekunde: frisch, straff, mit viel Potential. Gelungener Ritt auf der Rasierklinge. Irre Nase auch bei Heids Version, der riecht in erheblichem Maße nach Kamillentee. Auch hier ist der Gaumen davon losgelöst, das Holz sehr schön und der Wein gelungen. Fast schon enttäuschend: Schnaitmanns Lämmler riecht ganz typisch nach Lemberger. Am Gaumen ist er der wuchtigste mit dem kräftigsten Holz, aber auch sehr sehr gut. Lämmler rules!

Der letzte Flight des Tages: Noch mal richtig lecker Frucht im Mönchberg ‚Berge‘ von Karl Haidle, der mit viel Holz und Laser-Säure auf ein langes Leben schaut (Der Wein, der Winzer hoffentlich auch, aber ohne Holz und Säure). Sein Mönchberg „Gehrnhalde“ hat so viel Tannin, dass ich mir im Moment keine Prognose zutraue, aber hoffen will ich wohl. Genau so, wie ich jetzt auf das berühmte Bier nach der Weinprobe hoffe, denn das war es für heute.

Ein Gedanke zu „Wiesbaden 2018, Tag 2 #vdpgg18“

  1. Beneidenswert wenn der Arbeitstag mit Riesling beginnt, aber da mein Wochenende immerhin mit Riesling aufgehört hat kann ich das noch verschmerzen. Dir viel Spaß in Wiesbaden!

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