Weinmedien

Unterwegs im Blätterwald

Ich habe dieser Tage etwas getan, was ich schon seit drei Jahren nicht mehr gemacht habe: Weinzeitschriften gekauft. Das hat gar nicht wehgetan. Im Gegenteil: es hat Spass gemacht, zumindest in einem Fall. Der zweite Versuch zeigte dann, ich sollte nicht übermütig werden – aber der Reihe nach. 

Irgendjemand teilte dieser Tage auf Facebook einen Eintrag mit dem Editorial der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Vinum. Das machte mich neugierig, denn die Titelgeschichte dieser Ausgabe sollte von 25 Deutschen Winzertalenten handeln, das Verkostungspanel von meiner roten Lieblingssorte Pinot. Als ich dann letzten Samstag beim Einkauf an den Zeitschriften vorbeikam, nahm ich spontan ein Exemplar mit.

Ich habe die Zeitschrift noch nicht vollständig durchgelesen, aber ich muss mich schon jetzt dazu äußern. Der Grund ist einfach: Ich möchte meinen Lesern dringend nahelegen, sich diese Ausgabe zu besorgen, solange sie noch am Kiosk liegt. Egal, wie Sie sonst zur Vinum stehen, wenn Ihnen dieses Blog gefällt, wird ihnen im Zweifel auch die Märzausgabe der Vinum gefallen. Die Geschichte über 25 Winzertalente liefert genau das, was ich mir davon erhoffe: Anhaltspunkte für eigene Erkundungen mit Empfehlungen bezüglich Stilistik und manchmal konkreten Weinen von 25 eher unbekannten Erzeugern. An der Mosel macht das Vinum-Team Philipp Kettern, Matthias Meierer, Markus Hüls und Julian Haart als Talente aus. Dass ich das unterschreibe, kann sich der regelmäßige Leser denken; dass ich ein bisschen Stolz bin, über Kettern schon vor vier Jahren geschrieben zu haben, sicher auch. Aber hier geht es nicht um einen Wettstreit zwischen Blog und Zeitschrift, das wäre arg kleinkariert, denn selbst wenn Julian Haart oder Lisa Bunn dem Talentstatus schon entwachsen sein mögen, die Geschichte präsentiert eine in jeder Hinsicht gelungene Mischung.

Auch an der grundsätzlichen Struktur hat das Vinum-Team gearbeitet: die News-Strecke am Start ist entrümpelt und von jenen ‚Aktualitäten‘ befreit, die im Internetzeitalter wie die Zeitung von Vorgestern wirken. Das Layout und die Bildsprache ist ein bisschen frecher geworden (auch wenn ich ein Foto, in dem die Perspektive der Winzerlegende Dr. Manfred Prüm ein Geweih aufsetzt, despektierlich fand), der Themenmix zumindest dieser Ausgabe scheint sich viel stärker am Relevanzkriterium zu orientieren als noch früher. Ich vermute, ich werde am Ende diese Ausgabe tatsächlich von der ersten bis zur letzten Zeile gelesen haben. Selbst Randthemen sind knackig präsentiert. Na gut, bei den Verkostungsnotizen in der Heftmitte (auch die sind gestrafft) lasse ich ein paar weg. Aber das Fazit in einem Satz: alles was mich dereinst das Abo kündigen ließ, fehlt in dieser Ausgabe. Ich werde mir sicher auch die nächste besorgen und schauen, ob es dabei bleibt.

enos – eine neue Weinzeitschrift

Beschwingt durch dieses positive Erlebnis machte ich mich auf zum Alexanderplatz, wo ich die neue Weinzeitschrift enos erwarb – es gibt sie derzeit nur im Bahnhofsbuchhandel. Sie soll zukünftig vier mal im Jahr erscheinen und entsteht unter der Federführung von Eckhard Supp in Hamburg. Zuhause angekommen musste ich jedoch feststellen, dass der Funken der enos zu mir nicht überspringt. Es ist eine handwerklich hervorragend gemachte Zeitschrift, mit großer Themenvielfalt, kompetenten Autoren und teilweise großartigen Fotos. Supp und seine Mannschaft haben erkennbar die Zeitschrift gemacht, die sie selber gerne lesen würden und das verdient nicht nur Respekt, sondern auch meine besten Wünsche für den Erfolg dieses Projektes. Authentizität ist ein so rares Gut geworden. Mir ist der Ansatz zu elitär, vielleicht gehöre ich auch einfach nicht zur Zielgruppe. Die sehe ich dem Pensionsalter doch näher als mich. Zusätzlich dürfte die Zeitschrift Hardcore-Weinnerds ansprechen – allerdings solche, die sich selbst niemals Nerd nennen würden, da ihr Bildungshintergrund sie von Anglizismen Abstand nehmen lässt.

enosDas ist meine subjektive Sicht, die muss nicht richtig sein. Und ein paar gute Geschichten habe auch ich in der enos gefunden. Also lassen Sie sich von meiner mangelnden Begeisterung nicht abhalten, besorgen Sie sich neben der Vinum auch ein Exemplar der enos und schauen Sie, ob ich mit meiner Einschätzung daneben liege. Und genießen Sie einen Wein dazu, vielleicht einen von einem der 25 Vinum-Talente. Ich hab mir einen gegönnt.

Weingut Lothar Kettern, Piesporter Goldtröpfchen, Riesling trocken, 2012, Mosel. In der Nase klassisch aber mit eher wenig Frucht: Aprikose, Aloe Vera, Pistazie, getrocknete Kräuter (Thymian, Basilikum) – sortentypisch und schön. Am Gaumen balanciert, ebenfalls eher wenig Frucht, eher würzig, tolle Balance aus reifer, spürbarer Säure, dezenter Süße und viel ‚Grip‘ in Form von Mineralik/Phenolik und einigen Bitterstoffen. Der Abgang ist mittellang, der Alkohol unauffällig. Das ist ein Wein mit sehr viel Potential, der auch jetzt schon Spaß macht.

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