Terroir am Boden

Es ist das zentrale Thema ambitionierter Weinmacher und -trinker: der schmeckbare Einfluss des Bodens als zentraler Bestandteil des ‚Terroirs’. Wie schmeckt Lösslehmboden? Was ist kreidiger Geschmack? Je länger ich dem nachspüre, desto schwerer fällt mir der Glaube daran. Und es wird höchste Zeit für mich, der ‚Schieferwürze‘ etc. endgültig Lebewohl zu sagen, seitdem Prof. Birgit Terhorst den letzten Nagel in den Sargdeckel meiner archaischen Terroir-Idee geschlagen hat.

Wissenschaft ist manchmal schwer erträglich – besonders wenn’s um Wein geht. Alte Reben ergeben keinen besseren Wein (Vortrag von Prof. Manfred Stoll auf dem Internationalen Riesling Symposium 2017) der ‚blutige‘ Geschmack in gutem Pinot hat nichts mit Eisen im Weinbergsboden zu tun (Gespräch mit Prof. Otmar Lönertz für ‚Schluck, das anstößige Weinmagazin‘), biologische Wirtschaftsweise kann man nicht schmecken (Interview mit Prof. Randolf Kauer für Vinum) – vieles, woran ich gerne geglaubt habe, ging in letzter Zeit koppheister, sobald es mit echten Wissenschaftlern in Berührung kam. 

Daran beteiligt ist oft der VDP, genauer gesagt die Regionalverbände Rheingau und Franken, die sich beide ein wiederkehrendes Format für intensive Fachverkostungen gegeben haben. Die Rheingauer laden jeweils am Samstag vor der Wiesbadener GG-Vorpremiere zu Verkostung und Vorträgen, die Franken bitten im November zum Erntedank, dem ‚Niederfall‘. Dass mein Bericht vom letzten Niederfall so spät kommt, liegt daran, dass ich meine Kostnotizen verlegt hatte. Jetzt sind sie wieder aufgetaucht und ich reiche den Bericht nach.

Terroir Franken Übersicht
Das Terroir und die Betriebe

Schon vor einem halben Jahr nahm ich also in Thüngersheim an einer Exkursion in den Rothlauf samt Verkostung von Weinen der vier in Thüngersheim/Stetten/Retzstadt begüterten VDP-Winzer Bickel-Stumpf, Gregor Schwab, Rudolf May, und Ludwig Knoll/Am Stein teil. Hier, 15 Kilometer nördlich von Würzburg, hält der Buntsandstein Einzug ins Fränkische Terroir, während die Gipfel der Weinberge noch von Schaumkalkbänken dominiert werden. So jedenfalls die Theorie und Klammer um die vier Betriebe. Doch vor der Verkostung stand mal wieder die ungebremste Kollision von Winzerwahrheit und Wissenschaft.

Der Mensch zertrampelt das Terroir

Denn die als Vortragende eingeladene Prof. Birgit Terhorst vom Institut für Geographie und Geologie der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg zog Winzern wie Schreibern kurz und schmerzvoll den Zahn, dass es so etwas wie Wellenkalkböden in Weinbergen überhaupt gibt. Was Prof. Terhorst, Inhaberin einer Professur für Physische Geographie und Bodenkunde uns vor Ort erklärte, war mir neu, gehört in ihrer Disziplin allerdings zum Grundwissen. Im Wesentlichen bezeichnet die Geographie – der Begriff Boden wird von diversen wissenschaftlichen Disziplinen, Juristen oder Bauplanern höchst unterschiedlich definiert – als Boden die stark belebten oberen Dezimeter Auflage auf der darunter liegenden Gesteinsschicht, die Prof. Terhorst als ‚die Geologie‘ bezeichnete. Aus dem ‚Boden‘ nimmt der Wein in der Regel seine Nährstoffe auf, die Geologie hat vor allem Einfluss auf den Wasserhaushalt.

Ratlos im Weinberg
Weinmenschen im Weinberg – ratlos!

Und dieser Boden, so lässt sich ihr kurzer Vortrag zusammenfassen: ist menschgemacht, überall dort wo der Mensch wandelt. Oder um korrekt zu zitieren: ‚In Deutschland muss man ‚Urböden‘ lange suchen. In Weinbergen, findet man sie nicht.‘ Meine einfache Nachfrage: ‚Heißt das, dass ein Boden auf einer Schaumkalk-Geologie an einem Ort völlig unterschiedlich zu einem Boden auf einer Schaumkalk-Geologie ein paar Dörfer weiter sein kann?‘ beantwortete Frau Professor kurz und knapp: ‚Exakt.‘ Wir hätten auch noch darüber reden können, dass im Thüngersheimer Rothlauf durch die Flurbereinigung in der oberen Hälfte (wo die besten Weine herkommen) eine Schicht Buntsandstein von 50 Zentimeter über eine ebenso dicke Muschelkalkschicht geschoben wurde, unter der sich dann der endgültige Buntsandstein befindet. Das ist also ein saures, dann ein basisches und dann wieder ein saures Milieu, was geneigt wäre, noch mehr Mythen zu zerstören  – aber die Expertin musste zurück nach Würzburg und ich hatte sowieso resigniert. Also tröstete ich mich mit den gereichten Weinen. Denen ist der ganze Quatsch zum Glück egal!

Ertränke den Frust in Silvaner

Terroir Spannungsfeld Verkostung

14 Silvaner und zwei Rieslinge zeigten, wie großartig diese Ecke Frankens im Glas auftrumpft. Im Ersten Flight gab es 2017er. Die Erste Lage Thüngersheimer Johannisberg von Bickel-Stumpf war der ideale Einstieg: sehr typisch, nur dezent fruchtig, eher schlank, trocken und mit zackiger Säure und angenehm phenolischen Ausklang. Gregor Schwabs Rothlauf GG – der Rothlauf liegt als Gewann im Johannisberg –  hatte eine wunderbar frische Nase mit Nashi-Birne und grünem Tee, war am Gaumen saftig, fruchtig, verspielt und viel zu jung. Rudolf Mays GG aus gleicher Lage war in der Nase rotfruchtig, geradezu beerig, dazu der silvanertypische Heuboden. Am Gaumen saftig mit lebendiger Säure, dann wurde es sehr schmelzig, blieb aber immer pikant. Sehr lang, sehr gelungen. Mays Himmelspfad in der Nase bonbonbunt, aber auch mit etwas Tee; am Gaumen wieder mit viel Frucht und feiner Säure, lang, schmelzig (Stückfass, Zweitbelegung), betörend – groß! Zum Abschluss das GG aus dem Stettener Stein von Ludwig Knoll aus Betonei und Amphore: in der Nase fruchtig mit etwas Tabak, am Gaumen schwelgerisch, weinig, burgundisch und reif, aber dankenswerter Weise mit pikanter Säure.

Holzfassindienststellung

Die 2016er im zweiten Flight standen den großartigen 17ern in nichts nach. Diesmal eröffnete Bickel-Stumpf mit einem Rothlauf GG, das mit Druck ohne Ende beeindruckte. Dezent würzig, kräftig, und obwohl im Abgang auch leicht alkoholisch fand ich den Wein wundervoll. Schwab dafür dieses mal mit einer Johannisberg EL, die in der Nase etwas stechend, am Gaumen aber blitzsauber war: fruchtig, bunt, zu jung und mit deutlichem Potential. Mays Rothlauf sehr mineralisch, feine Frucht, viel Zug und dabei so elegant – atemberaubend. Sein Himmelspfad dafür mit alles zudeckendem Holz. Hier kamen neue Fässer zum Einsatz (die den17er in Zweitbelegung so unglaublich werden ließen), was aber eine Ausnahme bleibt. Es wird eine Weile dauern, bis dieser Wein da ist, wo er sein soll. Sehr präsent dafür der Stettener Stein von Knoll, der aus 70 Jahre alten Reben von ‚Gelbem Silvaner‘ stammt. Gefühlt die höchste Säure des Flights, viel Zug, Zitrusfrucht und Frische, dabei sehr elegant.

Was lange gärt, wird endlich gut?

Offene Diskussion dann im dritten Flight bei den 2013ern. Der Himmelspfad ist eine Parzelle im Langenberg und erst seit 2014 als Große Lage ausgewiesen. Vorher hieß Rudolf Mays Wein aus der Lage RECIS 1963 Langenberg. Und der 2013er ließ nicht nur mich ein bisschen ratlos zurück. In der Nase viel Holz und am Gaumen sehr schmelzig, aber auch ein bisschen seifig. Wird das noch? Der Wein hat 15 Monate gegoren und weil das nur alle par Jahre passiert, mochten selbst die anwesenden Winzer keine Prognosen abgeben. Der Rothlauf von May war hingegen beißend mineralisch, hatte Zug und schöne Frucht, aber nicht die letzte Tiefe, die ihn auf das Niveau der anderen May-Weine hätte heben können. Ähnliche Einschränkungen auch bei den anderen beiden Weinen des Flights: Der Stettener Stein von Knoll auf hohem, aber nicht höchstem Niveau balanciert und wunderbar zu trinken. Zu Schwabs Rothlauf notierte ich mir: kompakt, fest, außer, dass er etwas kurz ist, ist er großartig.

Und jetzt die Reparaturrieslinge

Der Stettener Stein ist die einzige der großen Lagen rund um Thüngersheim, die tatsächlich den Main überblickt und von ihm mikroklimatisch beeinflusst (gekühlt) wird. Knolls Riesling GG aus 2016 kommt entsprechend mit reichlich Zug und kräftiger Säure daher. Bickel-Stumps Rothlauf GG ist ganz anders. Feine Säure, weiche Frucht, extrem harmonisch, wahnsinnig gut. Bei umgekehrter Verkostungsreihenfolge hätten die Urteile vermutlich anders gelautet, aber da waren die am Werk, die es am besten beurteilen können: die Winzer.

Mein Fazit dieser großartigen Verkostung? Rudolf May hat eine klare Vorstellung davon, wie er den unterschiedlichen Charakter seiner beiden Lagen im Keller würdigen will. Ludwig Knoll verliert nie das Thema Eleganz aus den Augen. Matthias Stumpf muss seine zupackenden Weine öfter zeigen. Und – für mich die Erkenntnis mit dem größten Nachrichtenwert – das Weingut Schwab gibt Vollgas und rückt seinen berühmten Nachbarn auf die Pelle.

11 Gedanken zu „Terroir am Boden“

  1. Immer mal wieder muss ich an diesen Artikel denken. So auch gestern, als wir im schönen Weingut Bickel-Stumpf Weine probiert haben und der Senior uns zwei Steine auf den Tresen legte, um die unterschiedliche Charakteristik seiner Thüngersheimer und Frickenhäusener Lagen (Buntsandstein vs. Muschelkalk) zu erklären.
    Verstehe ich den Artikel richtig und du würdest dazu sagen: Bodeneinfluss ja, aber eben nix mit Buntsandstein vs. Muschelkalk (oder: Kalch, wie der Franke sagt)?

    1. Geht ja nicht um meine Meinung, sondern das, was Frau Professor gesagt hat. Ob man ihre Aussagen so weit verdichten sollte?

  2. Guten Tag. Sehr interessant, wie überhaupt Ihr Blog. Erlauben Sie mir eine Anfängerfrage, aber bzgl. Blut, nicht Boden: Sie schreiben, dass guter Pinot nach Blut schmecken täte. Ich habe keine ganz große Trinkerfahrung mit Pinot, und wenn, dann war es meist deutscher Spätburgunder. Da weder neureich noch adelig, hab ich mich von unten allmählich nach oben getrunken und mir auch einige GGs von sogenannten Topwinzern aus Franken, Baden, Pfalz gegönnt. Die haben schon Eindruck gemacht bzgl. Dichte und Länge, aber waren im Geschmack (doch das wichtigste für einen Amateur) eher abstoßend bis nachgerade erschreckend widerlich nach einigen Schlücken. Da kaum dazu in der Lage, den Gesamt- in Einzelgeschmäcke zu zerlegen, war mir erst nicht klar warum, aber „Blut“ trifft es gut, oder auch „rohes Fleisch“. Auch Speck kommt gelegentlich vor, der für mein Dafürhalten nichts im Wein verloren hat. Da mir die Spätburgunder im mittleren und selbst unteren Preisegment oft sehr gut munden (gerade gestern der Unplugged ´16 von Kreuzberg) frage ich, wo das Animalische herkommt, und vor allem, wie es zu vermeiden ist. Ist es die Konzentration in GGs? Sind es bestimmte Winzer oder ist es Herkunft (in Frankreich alles besser). Schlechter Holzeinsatz (Räucher-Speck)? Ist an der Ahr alles besser?

    1. Sie müssen jetzt ganz tapfer sein: das ist das burgundische Ideal, dem alle nacheifern. Sie sollten also vielleicht dem Spätburgunder den Rücken zukehren und auf Sangiovese ausweichen 😉
      Gestatten Sie mir ein paar Vereinfachungen, Zuspitzungen und Übertreibungen, sonst dauert das hier 100 Jahre: Skeptiker behaupten, die Deutschen können keinen Pinot, weil er uns immer zu fruchtig gerät. Der angebetete burgundische Pinot-Stil ist in der Frucht nicht zu expressiv, sehr klar und konturiert (braucht man Säure für) und geht eher in die Kirsch-Richtung, notfalls Waldbeeren, aber auf gar keinen Fall dieses (vermeintlich deutsche) Konglomerat aus (gekochter) Erd- und Himbeere, dazu dann das ganze animalische Geraffel, von dem Sie das Würgen kriegen und eventuell noch ein bisschen Waldboden/Unterholz/ernsthafter Muff. Sie beschreiben das alles schon sehr präzise, bis auf vielleicht den Speck, den halte ich für eine persönliche Wahrnehmung. Woher der Rauch kommt, können Sie hier in einem meiner Videos sehen: https://www.youtube.com/watch?v=T24IL1ugu6M Ist kein spezifisches Pinot-Merkmal.
      Also Blut oder rohes Fleisch: wie sie das da hineinbekommen, kann ich ihnen nicht belastbar sagen, hat natürlich was mit der sorgfältigen Bereitung eines Pinots aus niedrigen Erträgen zu tun. An der Ahr finden Sie das genau wie in Baden oder Burgund. Kreuzberg vielleicht nicht ganz so krass wie Adeneuer, aber für Sie sicher krass genug, wenn Sie sich an ein GG wagen. Wie man es vermeiden kann: Beeren einmaischen und mit Trockeneis für 10 Tage in die Ecke stellen, bevor sie die Gärung beginnen oder (Achtung: Industrie!) die Maische erhitzen. So zumindest das Klischee. Ist aber eigentlich egal, denn die wirklich belastbare Aussage (ohne Übertreibungen etc.) ist: so soll er sein. Sie sind die Minderheit (oder die Mehrheit, weil die Mehrheit mag keinen Pinot, aber bei den Pinot-Trinkern, da sind sie ein Außenseiter). Sie dürfen hier trotzdem gerne weiter mitlesen^^.
      Hoffe geholfen zu haben
      FB

  3. Hui, der Felix hat auch Ahnung von Whisky. Du überrascht mich immer wieder, mein Kompliment.

    Also dass es am Jod läge habe ich in der Tat auch schon gelesen und es gibt da eine hübsche Legende, dass wegen des Jodgeruchs und der phenolischen Note der Whisky von Islay während der Prohibition ab und an wohl erfolgreich als Medizin deklariert in die USA eingeschmuggelt wurde. Die Sache hat nur einen Haken: Zumindest für mich riecht Jod nicht salzig. Es kann aber sein, dass manche Mensche Jod und Salz miteinander assoziieren weil es ja auch jodiertes Speisesalz gibt oder ebenso wäre es möglich, dass es am Rauch der Whiskys liegt, dass Menschen den rauchigen Geruch mit natürlich ebenfalls stark salzigem Räucherschinken in Verbindung bringen. Was diese Annahme stützt ist zudem, dass diese Salzigkeit fast ausschließlich Whiskys von der schottischen Westküste nachgesagt wird, die fast alle rauchig sind, während man das von küstennahen Brennereien anderswo kaum hört. Es ist aber auch für die Ausgangsfrage eigentlich egal, ob der Salzgeruch im Whisky nun vom Jod oder anderswoher kommt schließt ja nicht aus, dass es sich bei der Zuschreibung besonderer Aromen im Wein nicht dennoch um Suggestion handelt oder eben darum, dass sich Winzer einer bestimmten Region vielleicht sogar teilweise unbewusst ihre Weinbereitungsmethoden kopiert haben. Wie gesagt, es handelt sich nur um eine Theorie und so einfach werden wir die Ursache nicht herausfinden, aber es ist sicher eine Möglichkeit.

  4. Ich denke auch, dass die Wirkung der Böden überschätzt wird. Gerade habe ich einen Blogbeitrag geschrieben der lautet „Alle Macht den Böden“. Es geht um Celler Capcanes in der D.O. Montsant. Die haben ein interessantes Projekt gestartet: Vier sortenreine Garnacha Tintas aus jeweils vier unterschiedlichen Böden: Lehm, Kalkstein, Sand, Schiefer. Die vier Weine der 2017er-Linie mit identischer Weinbereitung kommen sehr verschieden daher. Trotzdem würde ich daraus aber nicht ableiten, dass es allein der Boden ist, der hier die Unterschiede herbeiführt. Denn bei einer Lage kommt es auch auf Faktoren wie Höhenmeter, Himmelsausrichtung, Erntezeitpunkt, etc an.

    Einen gewissen Einfluss gibt es vielleicht aber doch: Vergangenes Jahr habe ich den Weinmacher Sebastien Boudon in Bullas besucht. Der ist für MGWines in ganz Spanien in diversen Weinprojekten aktiv. In Bullas macht Sebastien einen Wein (Lavia Origen), für den er gezielt Trauben verwendet, die von Lehmböden stammen. Er sagt, die Trauben von Lehmböden bzw. deren Beeren, hätten etwas dickere Schalen als jene von Kalkböden (die es in Bullas auch gibt). Dickere Schalen haben freilich einen Einfluss auf den Geschmack des Weins, und wenn es stimmt, was Sebastian sagt, in diesem Fall dann auch der Boden.

    1. Thomas, verlinke Deinen Artikel doch mal hier, interessiert bestimmt viele.
      Dein Kommentar zeigt mir, wie sehr wir da schon in der Gedankenwelt festhängen. Was Frau Professor sagt ist nicht: Der Boden hat keinen Einfluss. Denn Sie hat keine Ahnung von Wein oder von Pflanzenbiologie. Was sie sagt ist: Es gibt keinen Lehmboden und Kalkboden. Das heißt generelle Aussagen wie ‚Trauben von Lehmböden‘ sind unzulässig. Lehm ist die darunter liegende Geologie. Und auf dem einen Lehm liegt ein humoser (menschgemachter) Boden mit hohem pH-Wert und auf einem anderen Lehm liegt ein ganz anderer. Beide haben natürlich unzweifelhaft einen gewissen Lehmanteil, aber der kann ganz unterschiedlich hoch sein.

  5. Also ich gestehe mich ohnehin schon gefragt zu haben ob der Boden denn so einen großen Einfluss hat wie scheinbar alle Welt vorgibt. Klar schmecken Rieslinge von der Mosel anders als die im Rheingau und natürlich sind Weine vom Geschmack her auch mineralisch, aber ob die Art des Gesteins unter den Reben einen so großen oder überhaupt einen Einfluss hat, jenseits solcher rein physikalischen Fragen wie, wie leicht die Wurzeln es durchdringen können finde ich schwer zu sagen und wenn man das so liest werden die Zweifel doch recht groß.Mir fällt hier jedoch eine Parallele aus der Whiskywelt ein, die vielleicht einen Erklärungsansatz liefen könnte:

    Den Whiskys von den Inseln Islay und Skye wird immer wieder nachgesagt, sie hätten einen maritimen Charakter und würden nach Seetang riechen und etwas salzig schmecken. Das dem so ist, kann ich übrigens bestätigen. Die Frage ist aber woher kommt das?

    Es wird in diesem Zusammenhang immer wieder behauptet, dass liege daran, dass die entsprechenden Brennereien und Lagerhäuser eben dicht am Meer liegen würden und dem rauen Wetter an der Westküste Schottlands ausgesetzt werden und deshalb salzig seien (sagt man meines Wissens nach übrigens auch Manzanilla-Sherry nach). Physikalisch betrachtet ist das aber Quatsch. Es verdunstet bei Sonneneinstrahlung Wasser, aber kein Salz und auch kein Tang, zudem sind Holzfässer zwar nicht völlig dicht, aber so leicht dringt von Außen eben doch nichts nach innen. Wenn man also einmal davon absieht, dass eine deutsche Brennerei tatsächlich Whiskyfässer zur Reifung im Meer versenkte und eines der Bowmore-Lagerhäuser auf Islay bei Sturmflut manchem überflutet wird, dann kann kein Salz in den Whisky geraten und die entsprechende Erklärung muss ins Reich der Legenden verwiesen werden. Woher kommt nun aber dieser maritime (salzige, raue, von Tanggeruch geprägte) Eindruck. Ich habe zwei Theorien:

    1. Der Placebo-Effekt bzw. Suggestion:
    Wer sich etwas mit Whisky auskennt, weiß wo die Brennereien liegen und hat sofort die raue Küste vor Augen. Wer das nicht weiß liest davon auf den Umverpackungen oder kann es wie auf einigen der Umverpackungen der Taliskerbrennerei auch direkt in Form von aufgedruckter stürmischer See sehen.

    2. Brennblasenfamilien:
    Den größten Einfluss auf den Geschmack eines Whiskys haben die ausgewählten Fässer. Den zweitgrößten aber ohne jeden Zweifel die Brennblasen. Diese sind in einer bestimmten Gegend oftmals sehr ähnlich, was einfach daran liegt, dass Brennereien sich die Formen voneinander abgeschaut haben, weshalb zumindest der jeweilige Rohbrand einer „Brennblasenfamilie“ einen ähnlichen Geschmack (Brennereicharakter) aufweist der sich dann gar nicht oder nur durch sehr lange Fassreifung (oft über 30 Jahre) überdecken lässt.

    Was hat das nun aber mit Wein zu tun?
    Nun ja, Suggestionen gibt es bei Weingenuss natürlich auch. Wenn ich jemandem sage ein Wein schmeckt nach Pfirsich, dann wird er die Pfirsichnote auch viel leichter finden, vielleicht sogar wenn sich rein physikalisch überhaupt keine Pfirsicharomen im Wein feststellen lassen würden. Sowas kann natürlich auch beim Thema Boden vorkommen. Seit Ewigkeiten erzählen Winzer und Experten der Wein einer bestimmten Lage schmecke wie auch immer, weil ein bestimmter Typ Boden vorherrsche und man glaubt es dann deshalb auch und schmeckt es. Natürlich ließe sich das durch Blindverkostungen umgehen aber hier kommt der zweite Punkt ins Spiel. Wenn schottische Whiskyhersteller die Brennblasenform voneinander abschauen, warum sollten dann nicht auch Winzer bestimmte Vorgehensweisen wie Kellertechniken oder anderes bei ihren Nachbarn abgeschaut haben und so ihren Weinen bestimmte Eigenschaften verliehen haben, die man fälschlich dem Boden oder allgemein dem Terroir zugeschrieben hat?

    Ich will nun nicht behaupten, dass das was ich hier geschrieben habe der Weisheit letzter Schluss ist, oder auch nur das überhaupt etwas davon tatsächlich auf den Wein zutrifft, denn es ist auch nur eine Vermutung. Aber vielleicht ja nicht komplett unsinnig.

    1. Bei den Insel-Whiskeys dachte ich, es wäre der erhöhte Jodgehalt? Während das an der Küste rasch abnimmt, sobald man ins Inland kommt, ist auf den Inseln tatsächlich dauerhaft ein höherer Jodgehalt in der Luft messbar. Das Aroma riecht für uns dann nach Meeresbriese.

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