Bassermann-Jordan, Deidesheim Hohenmorgen 2006

Weingut Geheimer Rat Dr. von Bassermann-Jordan, Deidesheimer Hohenmorgen, Riesling trocken, Großes Gewächs, 2006. Den Wein wollte ich mir eigentlich zum Wochenausklang gönnen. Habe ihn dann aber nach einer Stunde wieder weggestellt und beschlossen, ihm weitere Chancen zu geben. Die Verkostungsnotiz daher als Etappenrennen.

Freitag: Eine Stunde belüftet präsentiert sich der Wein in der Nase zurückhaltend mit etwas Pfirsich, Erdbeere und einer Spur Marzipan. Riecht angenehm auch wenn eine minimale Spur Firne den Jahrgang ankündigt. Am Gaumen sehr straff und kompakt: wenig Frucht, Karamell, leichte Hitzenote wie man sie manchmal in Überseerieslingen findet. Schmeckt trocken und bindet den Alkohol (13%) gut ein. Im Abgang schlägt dann allerdings ein gnadenloser Bitterton zu und macht alles kaputt. Fängt an wie 90 Punkte und endet bei gut 80. Jetzt erst mal wegstellen und später noch mal probieren.

Samstag: Viel besser!!! In der Nase ist der Hohenmorgen immer noch recht leise, jetzt aber etwas blumig-süßlich und immer wieder ein Hauch Marzipan. Am Gaumen wieder straff, kompakt jetzt aber auch enorm druckvoll, saftig und etwas sauberer. Trotzdem hat er etwas Würziges und kann den Jahrgang nicht verleugnen. Im langen Abgang jetzt nur noch mineralisch ohne bitter zu sein, dafür meldet sich der Alkohol zu Wort. Punktemäßig kratzt er an den 90.

Sonntag: Gleiches Bild wie Samstag, ein toller Wein. Allerdings messe ich ihn halb unterbewusst mit seinem 2007er Pendant, den ich vor drei Wochen trinken durfte. Und da das Bessere bekanntlich der Feind des Guten ist, mag ich den 2006er nicht über die 90 Punkte hieven. Der jüngere Bruder präsentiert sich klar, frisch und so vibrierend, da ist der 2006er einfach ein grummeliger Vertreter der eher herben Art.

Fazit: Ein Wein mit viel Power und Mineralik aus der Kategorie Dickschiff mit langem Nachhall, der aber nicht mit Typizität punktet, sondern eher mit Macht und Fülle. Zu trinken jetzt (mit ein paar Stunden Luft) oder doch lieber in ein paar Jahren. Ein straffer Paraderiesling wird er aber nie werden. 89 bis 90 Punkte.

3 Gedanken zu „Bassermann-Jordan, Deidesheim Hohenmorgen 2006“

  1. ….ich werde an der 5 % Hürde arbeiten und hoffe erfolgreicher zu werden als die allerorts bekannte gelbe Partei;-) Besten Dank für Ihre Ausführungen, ich werden mich wohl einbfach damit abfinden müssen das dieses Jahr nicht so der „Renner“ war und mich dementsprechend umorientieren wenn denn dies noch möglich ist….Seltsam erscheint mir doch der Höllberg 2007, da besitze ich noch zwei Flaschen, ich denke eine wird nun schnellstmöglich einer weiteren Verkostung unterzogen…war unser Hochzeitswein deswegen besitze ich noch ein kleines bisschen als Erinnerung 😉 Apropros werde ich mich nun mal an die 2013 Gg`s wagen (Künstler, Dreissigacker etc) bereits ergattert…das sich hier um das Geburtsjahr meines Sohnes handelt und ich ein paar Schätze auf Lager legen will….Nehme mal Ihre Weinverkostung zum Anlass ein wenig zu suchen…Besten Gruß in die Hauptstadt

  2. Hallo Herr Bodmann, mit freudigem Erkundungsdrang bin ich auf Ihren Blog gestossen…sehr gelungen, nett geschrieben und umfangreich erläutert…An dieser Stelle erstmal: Weiter so 😉 Meine Reise wurde dadurch begonnen und beschleunigt, weil ich ebenso wie Sie bei manchen GG`s ein wenig Angst habe mich „verkauft“ zu haben was die Länge der Lagerung in Relation zum Potential angeht…Ich habe wahrscheinlich nur 5 % Ahnung von Wein, die Sie haben, aber mit meinen 36 Jahren bin ich ja noch ein durchaus lernfähiger Weingeniesser;) Ich habe eine Frage zum GG Hohenmorgen 2006 Dr. Bassermann Jordan den Sie wie oben verkostet haben…Ich war, ebenso wie Sie am Anfang verwirrt wenn nicht sogar enttäuscht wie der Wein nach einer halben Stunde des Öffnens sich entfaltete..Ich möchte gar nicht fachchinesisch versuchen meiner Empfindung Ausdruck zu verleihen, es reicht ein Wort…BITTER..Da ich bei einem Wagner Stempel, 2007 GG, Höllberg eine ähnliche Erfahrung gemacht haben stellt sich nun die Frage ob diese Weine alle ca. 1 Tag nach dem Öffnen benötigen oder wie Sie so etwas beurteilen? Ist das Jahrgangsabhängig? Ehrlich gesagt kann ich mir keinen Reim draus machen, denn das Geschmackserlebnis nach 1 Tag war wirklich nicht zu vergleichen und man konnte denken einem völlig anderen Wein verfallen zu sein..
    Lieben Gruß aus Remscheid
    C.Holten

    1. Hallo Herr Holten, erst mal Dank für die netten Worte. 2006 war schwierig, erst sehr heiß (Sie erinnern das Sommermärchen), dann sehr kühl und zur Ernte hin dann Regen und Fäulnis. Im Ergebnis gab das hohe Alkoholwerte bei wenig Säure und vielerorts Trauben, die keine Chance hatten echte physiologische Reife zu erreichen.
      Diese Weine leiden dann unter Bitterstoffen aus den noch grünen Kernen (manche Menschen sprechen bei der physiologischen Reife auch von der Traubenkernreife, diese zeigt sich dadurch, dass sich die Kerne braun verfärben). Durch die Fäulnis und die damit einhergehende Konzentration haben einige Weine dann auch noch 13,5+% Alk. Dann verstärkt der Alkohol den Bitterton auch noch. Es war halt ein wirklich schwaches Jahr. Diese Bitterkeit kann sich mit Luft etwas reduzieren, weil die verantwortlichen Phenole reaktionsfreudig sind und oxidieren. Meine Erfahrung ist allerdings, dass nicht alles, was bitter schmeckt mit Luft verschwindet, da kommt es wohl auch auf die genaue chemische Zusammensetzung der Bitterstoffe an und meine Chemiekenntnisse erreichen ihre engen Grenzen. Einen 2006er würde ich heute auch nicht mehr einen Tag belüften, weil er dann doch einiges an Frische einbüßt, die sowieso so schwach ausgeprägt ist. Den Höllberg habe ich das letzte Mal 2010 getrunken (http://www.schnutentunker.de/2010/07/19/wagner-stempel-hollberg-groses-gewachs-riesling-2007-rheinhessen/) und nicht als bitter empfunden, das kann sich aber derzeit ganz anders darstellen. 2007 ist eigentlich kein Jahr mit großer Bitterproblematik. Den Wassermann-Jordan habe ich ja vor 5 Jahren beschrieben. Ich könnte mir vorstellen, dass der den Weg vieler 2006er gegangen ist und heute kein wirkliches Vergnügen darstellt. Man liest zwar immer wieder, wie Menschen einzelne 2006er bejubeln und schreiben, der Jahrgang sei jetzt viel besser als damals behauptet, andererseits, wenn Sie Berichte über 10-Jahres-Vertikeln Deutscher Riesling GGs von guten Erzeugern lesen, ist 2006 fast immer auf dem letzten Platz (und 2003 auf dem neunten). Wenn Sie Ihre 5% Weinwissen aufpumpen wollen, empfehle ich Ihnen ein tolles neues Weinbuch 😉
      http://www.schnutentunker.de/2014/08/18/weinbuch-weinschule/
      Beste Grüße
      FB

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