Aye Aye und Goodbye, Captain!

Anmerkung: Manfred Klimek beendet zum Ende des Monats die Chefredaktion der Plattform Captain Cork und hatte sich von allen Deutschen Weinbloggern zum Abschied Gastbeiträge gewünscht. Das Folgende hätte meiner sein sollen. Dass er nicht bei CC erscheint, liegt nicht daran, dass Klimek den Text nicht mochte, es hat mit den Modalitäten seines Abschieds zu tun. Also erscheint er jetzt hier.

Looos, schreib!

Ein Drama in vier Akten und (k)ein Gastbeitrag

1. Akt: Am Schiff. Die letzte Planungskonferenz mit dem scheidenden Captain läuft

Captain: Wisst Ihr schon, wie es weiter geht, wenn ich Euch verlasse?
Zahlmeister: Als erstes schaffen wir diese dämlichen Punkte wieder ab
Captain: Wie bitte? Keine Punkte? Das wird das Schiff nicht überleben!
Der Erste: Und ob. Die neue Bewertungsskala ist ganz einfach. Es gibt drei Arten von Weinen: die schlechten, die guten und die bei Captain Cork erwähnten. Die Besprechung in der führenden deutschen Internetplattform ist für einen Wein eh’ das größte Lob.
Captain: So ein Dreck. geht alles den Bach runter hier, steht nicht mal ordentlicher Wein auf dem Tisch. Dabei muss ich vorglühen, gehe heute noch in Grill, Kingsize, Grand, Katz und Cookies, (Er steht auf und schaut in den Kühlschrank)Was haben wir da? Ah, ein Wein von mir, der Looos. Seht Leute, das ist ein großer Wein.
Der Zahlmeister: Nein, das ist höchstens ein guter Wein, denn er wurde nie bei Captain Cork besprochen.
Captain: Aber das könnt Ihr dann ja machen, wenn ich weg bin
Linkslotse: Niemals, das sähe immer noch nach Vetternwirtschaft aus.
Captain: Dann mach ich das halt. So als letzten Artikel.
Zahlmeister: Nix da, Du redigierst noch die Gastbeiträge Deiner Claqueure und dann ist Schluss hier. Und Schluss ist jetzt auch mit dieser Redaktionskonferenz. Ich muss los.

Alle stehen auf und verlassen das Schiff. Einzig der Captain bleibt zurück, tigert auf und ab und trinkt in hastigen Schlucken seinen Wein.

Captain: Hagel und Granaten, keinen Respekt mehr diese Maate. Denen werde ich es zeigen. Dieser Wein ist groß und deswegen muss er bei Captain Cork besprochen werden. Aber ich habe nur diese Gastbeiträge. Er bleibt stehen, schlägt sich gegen die Stirn. Heureka! Gastbeiträge. Ich lasse einen Gastautor den Looos besprechen. Das ist es. Wen nehme ich denn da? Warte: Vahlefeld? Zu verkopft, Elflein? Der kann nur Riesling. Würtz? Zu inflationär begeistert. Ich brauche jemand neues. Jemanden, den ich formen kann. Ha, ich weiß.
Er greift zum Telefon

Vorhang

2. Akt: Eine Wohnung in Weißensee, die Küche, der Schnutentunker, ein Mann in den besten Jahren, kniet auf dem Küchenfußboden mit einem Glas Rotwein in der Hand und scheint zu beten.

Schnutentunker (ST): Lieber Gott, danke dass es so was gibt, danke, dass der Winzer so viel Talent und der Herr Schulz soviel Geld hat, Danke, dass … (Das Telefon klingelt, der Schnutentunker erhebt sich und greift zum Hörer) Ja, Hallo … Wer? … Klimek? … Der Klimek? … Captain Cork?
Sir, ja Sir, es ist mir eine große Ehre. … Was? … Ja, ich bin still und höre zu.
Man hat mein Blog an Bord wohlwollend zur Kenntnis genommen?
Gastbeitrag? (Sichtlich bewegt ringt der Schnutentunker um Fassung.) Ja, ich bin noch dran. … Selbstverständlich folge ich der Einladung. … An Bord, ja. Morgen. Ich werde da sein. … Pünktlich.

Vorhang

3. Akt: Die Kombüse am Schiff. Der Captain hängt sichtlich verkatert am Tisch, der Schnutentunker stocksteif und nervös mit den Händen spielend ihm gegenüber, vor sich ein aufgeklapptes Notebook.

Captain: Also Schnuti, direkt zur Sache. Wir suchen neue Maate und Du bist ein Kandidat. Dein Blog ist nett. Nicht perfekt aber ein Rohdiamant. Der Schliff fehlt noch aber ich bin ja jetzt da.
ST: Vielen Dank, Captain, ich weiss gar nicht, wie ich Ihnen…
Captain: Jaja, nicht heulen. Hier, nimm mal einen Schluck von diesem Klassewein und fang an zu beschreiben

Beide halten ihre Nase in ihr Weinglas, riechen, probieren und gurgeln ausführlich

ST: Also das ist wirklich eine schöne Nase, hat was dezent pfeffriges…
Captain: DEZENT? Bist Du deppert, das ist doch kein dezenter Wein, das ist urwüchsig, ein Wein wie ein Kerl, ein Echter Baum von einem Mann
ST: Männer, Bäume aber sollte man nicht…
Captain: Journalismus, Schnuti, das ist Journalismus. Muss ich Dir jetzt den Journalismus erklären?
ST: Ich dachte, Journalismus hat was mit Fakten zu tun …
Captain: MEINUNGSJOURNALISMUS, Schnuti, geht das in Deinen Schädel rein?
ST: Ja, sorry Captain, es ist nur so: Fünf Zentiliter Probeschluck und fünf Minuten, ich schreibe ja immer in meinem Blog, dass das nicht reicht, um wirklich hinter das Geheimnis eines Weins zu kommen.
Captain: Aber das ist Captain Cork, das ist kein Blog und wenn Du in fünf Minuten nix Gescheites über einen Wein rausfindest, dann bist Du kein guter Verkoster. Glücklicherweise bin ich ein sehr guter Verkoster. Also helfe ich Dir. Ich verkoste, Du notierst.
ST: Das ist wirklich sehr freundlich, dass Sie mich so unterstützen.
Captain: Jaja, Schluss mit dem Gewinsel. Also schreib (der Captain springt auf, tigert durch den Raum, riecht, probiert und diktiert) In der Nase kräftig und eindringlich, sauber, frisch geschnittenes Gras, gelbfruchtig, nasser Aschenbecher …
ST: Nasser Aschenbecher? Das ist doch kein Vokabular der Weinsprache!
Captain: Sprache ist lebendig, sie entwickelt sich. Was hat Goethe gemacht, wenn ihm ein Wort fehlte? Er hat eines erfunden. Was macht der Captain, wenn ein Wort in der Weinsprache fehlt? Er fügt es hinzu.
ST: Aber Goethe war ein berühmter Dichter.
Captain: Und ich bin ein berühmter Fotograf. Fotografen verdienen eh’ mehr als Dichter. Goethe hat in sechs Monaten Italien nicht so viel auf seine Kredtitkartenrechnung geschafft, wie ich in drei Tagen Paris! Und jetzt schreib. Am Gaumen dicker Extrakt, mineralische Würze, fantastisches Mundgefühl und so weiter und so fort, Du kannst das dann zuhause auffüllen.
ST: Soll ich nicht noch etwas zum Anlass schreiben, zu dem er am besten passt, also vielleicht Terrassenwein oder Kamin…
Captain: Sag’ mal Bürschchen, liest Du eigentlich meine Texte nicht?
ST: Also, wenn ich ehrlich bin nicht so regelmäßig.
Captain: Das sagen alle, aber wenn ich mir die Millionen von Klicks anschaue, dann weiss ich – ach, vergiss es. Wir müssen zum Schluss kommen
ST: Na gut, aber wir sollten eine Bezugsquelle angeben, oder?
Captain: Das ist ein Österreichischer Wein, das ist nicht so, wie bei Euch Piefkes. Unsere großen Weine der Heimat sind selbstverständlich schnell ausverkauft. Naja, aber ich kenne ein zwei Händler, die würden vielleicht noch was aus der privaten Schatzkammer rausrücken. Also schreib: Weinunion, Weinart, Weingallerie, Fräulein Brösels Weinerwachen.
So, genug gearbeitet. Das schreibst Du jetzt daheim alles zusammen. Hier, (er gibt ihm eine Flasche Wein) nimmst Du noch einen zweiten Wein mit und besprichst den dann, wie wir es geübt haben. Das ist ganz was wildes.
ST: (liest das Etikett) Fattoria Kappa, nie gehört.
Captain: Was? Naja, ahnungsloser Enthusiast halt. Das Weingut ist der neue Stern in der Toskana, gehört einem berühmten Fotografen.
ST: Und Sie sagen, das ist ein wilder Wein? So mit Amphore?
Captain: Nix Amphore, wild hab’ ich gesagt, nicht Scheissdreck. Aber jetzt raus, ich habe noch Termine

Vorhang

4. Akt: Die Küche in Weissensee. Der Schnutentunker sitzt heftig schwitzend mit dem Notebook am Tisch. Auftritt der Schnutentunkergattin (STG).

STG: Hallo Schatz, wie war Dein Tag?
ST: Aufregend. Ich war bei Manfred Klimek, dem Captain. Wir haben Wein getrunken und ich habe sehr viel gelernt.
STG: Klimek? War das nicht dieser attraktive Typ, den Du mir neulich bei unserem Essen im Grill von weitem gezeigt hast?
ST: Ja, genau der
STG: Interessant… Und, wie ist der so?
ST: Ein beeindruckender Mann. Irgendwie urwüchsig
STG: Aha, und sonst so?
ST: Naja, der hat schon enorm was drauf. Und das ist das Problem. Ich soll einen Gastbeitrag schreiben und könnte vielleicht sogar Maat werden aber ich glaube, ich krieg es nicht hin. Ich sitze hier und mir fällt einfach nix ein, was gut genug für die führende Weinplattform im Internet wäre.
STG: Und, willst Du ihm jetzt absagen?
ST: Muss ich wohl. Aber mir fällt nicht mal ein gescheiter Text für eine Absagemail ein.
STG: Ach, armer Schatz, ich helfe Dir. Gib mir doch mal die Handynummer vom Captain. Ich ruf ihn an und erklär ihm das und wenn er arg enttäuscht ist, dann treffe ich mich mit ihm und werde ihn schon irgendwie besänftigen.
ST: Ach Liebling. Das ist so süß von Dir. Was würde ich nur ohne Dich machen?

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