Verdächtiges Verhalten (2)

Es ist keinen Monat her, da verneinte ich , dass Deutschlands private Weinblogger käuflich seien. Wie es der Zufall so will, bietet sich dieser Tage die Gelegenheit zur Probe aufs Exempel. Die italienische Weinkellerei Tasca d’Almerita bietet deutschen, amerikanischen und italienischen Bloggern Geld dafür, ein Video in ihre Blogs zu integrieren. Bezahlt wird pro Zuschauer, der das Video aktiv startet. Ich kann es hier nicht einbinden, da WordPress das nicht ermöglicht. Aber so viele Weinvideos gibt es ja nicht. Wem es über den Weg läuft, der wird es erkennen. Sollte ich noch herausfinden, wie man das auf einer facebookseite einbindet, werde ich dies nachholen.

Ich bin gespannt, wo dieses Video auftaucht.


Rindenwahn

Eigentlich wollte ich an dieser Stelle über einen besonderen Wein berichten, doch leider war der Korken davor. Bernhard Fiedlers Cabernet Sauvignon 2003 hatte mir vor vier Jahren derart viel Potential präsentiert, dass ich meine zweite und letzte Flasche mit Vorfreude reifen ließ, nur um jetzt festzustellen, dass die blöde Baumrinde dem Wein den Garaus gemacht hat.

Ich will es positiv sehen: es hat 2011 bis zum Beginn der zweiten Jahreshälfte gedauert, bis ich einen nennenswerten Korkverlust zu beklagen hatte. Und ich habe die Zeit, die für die Formulierung einer Verkostungsnotiz reserviert war, zur Erstellung einer Facebook-Seite für den Schnutentunker samt deren Integration in die rechte Blogspalte genutzt. Die hat sogar schon zwei Fans.

Also, liebe Leser, schaut doch mal drauf und werdet vielleicht Fan. Das wäre ein kleiner Trost.

Virales Marketing mal anders

Es gibt Menschen, die sind bestens vernetzt mit den bekanntesten Winzer und Weinhändlern, mit vielen gar per Du und immer auf dem neuesten Stand. Als Insider hören sie manches, was der Normalsterbliche via Gault Millau und Vinum erst erfährt, wenn es zu spät (weil der betreffende Wein längst ausverkauft) ist. Freundlicherweise teilen manche dieser Insider ihre Informationen aber im intimen Kreis des Internets mit ein paar tausend Freunden, zum Beispiel in Weinforen.

Eines Tages gab einer, der einen direkten Draht irgendwohin hatte (ob Händler oder Weingut erinnere ich nicht) die Information preis, dass im Weingut Rebholz ein weiteres ‚Großes Gewächs‘ im Entstehen begriffen sei und das der entsprechende Wein im Jahr 2007 ausnahmsweise und letztmalig als Spätlese gefüllt worden wäre. Da gäbe es ein echtes Schnäppchen zu machen, ein wahres GG für 18€.

Mit Rebholz habe ich so meine Probleme, denn eigentlich finde ich sein Basis- und Mittelsegment meist enttäuschend, ebenso wie die Roten – es begeistern mich einzig die weißen GGs aus Riesling und Weißburgunder. Also musste ich bei diesem Schnäppchen zuschlagen. Bei meiner regulären GG-Bestellung bei einem Händler, der Rebholz im Programm hat, landeten auch zwei Flaschen der Spätlese trocken ‚vom Muschelkalk‘ auf dem Einkaufszettel.

Dieser Tage war es dann soweit. Ich zog einen der Weine auf und ob des Eintrags ‚Ab nächstem Jahr GG?‘ der exakt so in der ‚Bemerkungen‘-Spalte meines Kellerbuches stand, fiel mir die Geschichte wieder ein. Der Wein allerdings war so gar kein GG, eher eine schöne aber zu teure Spätlese. Da musste ich doch mal nachschauen. Laut Internet gibt es ihn immer noch, den Riesling ‚vom Muschelkalk‘, seit dem Jahrgang 2008 ist er mit einem angehängten ‚S‘ bekleidet, was wohl daran liegt, dass VDP-Betriebe das Prädikat Spätlese nur noch für süße Rieslinge verwenden. Ob ich Opfer eines Wichtigtuers geworden bin, oder der notorische ‚Whistleblower‘ auf einen des viralen Marketings mächtigen Winzer oder Händler hereinfiel, werde ich nie herausfinden. Der Schaden hält sich aber in Grenzen, schlechte Weine schmecken schließlich anders.

Ökonomierat Rebholz,‚vom Muschelkalk‘, Riesling Spätlese trocken, 2007, Pfalz. In der Nase etwas Thymian, Aprikose und ganz viel Grüner-Apfel-Shampoo. Am Gaumen ist der Wein balanciert, saftig mit zurückhaltender Säure und Aromen von Apfel, etwas würzig und mit leicht prickelnder Mineralik. Er ist aber auch auf eine nicht ganz passende Art cremig/laktisch und lässt Frische vermissen. Der Abgang ist recht lang aber der Wein nicht der große Wurf. Sehr ordentlich aber nicht begeisternd.

Braune Lage

Für mich schmecken Rieslinge aus dem Graacher Domprobst irgendwie immer ‚braun‘. Ich weiß, dass das eine sehr persönliche Assoziation ist, eine Eselsbrücke ohne Wert für irgendjemand anderen als mich. Die beiden Graacher Steillagen Domprobst und Himmelreich sind keine reinrassigen Schieferlagen sondern zusätzlich mit relativ fetten Böden durchzogen (was auch immer das heißen mag). So lernte ich einmal beim Besuch eines Weingutes, das Parzellen in diesen beiden Lagen bewirtschaftet. Leider erinnere ich nicht mehr, was zuerst da war: die farbliche Assoziation beim Genuss der Weine oder die Information über den vergleichsweise hohen Erdanteil. Glauben will ich ersteres, wahrscheinlich ist wohl letzteres.

Es ist aber kein erdbraun, was ich da im Glas wähne, es sind wiederkehrende Aromen von Karamell, Malz sowie Kemm‘schen Kuchen und die sind tatsächlich farblich alle eines: braun (naja, sagen wir bräunlich). Und ich finde diese Aromen in Weinen von Molitor, Kees-Kieren oder Pohl-Botzet – der Winzerstil scheidet als Ursache also aus. Dieser Tage habe ich zwei Weine aus dem Domprobst parallel offen gehabt.

Kees-Kieren, Graacher Domprobst Riesling Spätlese trocken, 2009, Mosel. In der Nase zeigt der Wein einen leichten Spontistinker und eine grasige Note neben sortentypischen Düften von Aprikose, Zitrus und Mandarine. Am Gaumen zeigt der Wein bei mittlere Volumen ziemlich viel Druck. Ich finde der Wein hat schönes Spiel. Die recht straffe Säure wird von viel Frucht gepuffert aber auch von fast 8 Gramm Zucker. Ein Korb von Früchten (Mango, Banane, Aprikose und Mandarine) trifft auf eine prickelnde Mineralik und deutliche Karamelltöne nebst etwas Malz. Der Abgang ist sehr lang, der Alkohol sehr zurückhaltend (12%). Wenn man diesen nicht knochentrockenen Stil mag, ist das eine wunderbare Spätlese der etwas kräftigeren Art.

Kees-Kieren, Graacher Domprobst Riesling Kabinett feinherb, 2009, Mosel. In der Nase ist er reiner, mit einer Spur Hefe und ansonsten klarer Frucht von Apfel, Birne und Banane sowie Pistazie. Am Gaumen zeigt er deutlich mehr Süße und ansonsten ein vergleichbares Bild. Schönes Spiel, noch mehr Mineralik aber auch noch mehr Karamell und Malz. Der Abgang ist etwas kürzer, die qualitative und preisliche Abstufung zum Kabinett ist gerechtfertigt. Ein süffiger feinherber Wein, wie ich ihn mag.

Und heißt das nun, dass ich Graacher Weine blind zu identifizieren wüsste? Wohl eher nicht. Manchmal, wenn ich nachts auf der Suche nach Ruhe meinen unsteten Geist in seichte Gedanken schicke, sitze ich in einer illustren Runde und es wird blind ein Riesling kredenzt, der mir eine Fülle von braunen Aromen offenbart. Doch bevor ich meine Mitstreiter mit einem nonchalant hingeworfenen ‚Ah, ein Graacher Domprobst‘ beeindrucken kann, bin ich schon eingeschlafen.

Blick zurück im Zorn

Der Dezember ist der Monat der Jahresrückschauen. Hier also mal eine von mir.

Schubert, Pinot Noir ‚Block B‘ 2004. Ziereisen Spätburgunder ‚Tschuppen‘ 2005. Philipps-Eckstein Riesling Kabinett ‚Alte Reben‘ 2006. Tinhorn Creek, Merlot 2002. Molitor, Zeltinger Sonnenuhr Riesling Auslese** trocken 2001. Rebenhof, Ürziger Würzgarten Riesling Spätlese trocken 2006. Künstler, Riesling ‚Kirchenstück‘ 2004. Pirramimma, Shiraz ‚White Label‘ 2001. Rosch, Riesling ‚JR Junior‘ 2007. Molitor, Zeltinger Sonnenuhr Riesling Spätlese* trocken 2004. Mosbacher, Forster Pechstein Riesling Großes Gewächs 2004.

Alle Weine zerstört, alle in diesem Jahr, alle durch einen fehlerhaften (TCA-verseuchten) Korken.

Wer jetzt sagt: ‚das sind aber wenige für ein ganzes Jahr‘, dem sei gesagt, dass das nur die Weine aus meinem Keller waren. Auf Proben und bei Freunden habe ich noch weitere Korker erlebt, die teilweise richtig weh taten (weil richtig teure Weine betroffen waren).

Es war ein gutes Jahr, die vermaledeite Rinde hat mich nur rund 160€ gekostet. Weniger als in den Jahren zuvor. Das liegt allerdings nicht an der angeblich global verbesserten Korkenqualität. Die Fehlerquote ist unverändert – der Anteil alternativ verschlossener Weine steigt bei mir. Weniger mit Korken verschlossene Weine bedingen geringere Verluste. Und dann hat es dieses Jahr durch Zufall vor allem preisgünstige Weine erwischt.

Wer dieses Blog regelmäßig liest, wird etliche Namen kennen: es waren fast ausschließlich Weine betroffen, die ich mehrfach im Keller hatte. Ich konnte also eine Konterflasche öffnen und musste mich lediglich ärgern, dass der Weingenuss doppelt so teuer wie ursprünglich geplant war.

Einer hat richtig weh getan, der letzte: Von Mosbachers Pechstein hatte ich im Herbst 2005 nur eine Einzelflasche erwischt. Die lag seitdem in meinem Keller, ich hatte sie schon mehrfach in der Hand aber immer wieder zurückgelegt: ‚Den lasse ich reifen‘. Tja, da war er dann: gereift und kaputt. Total frustriert zog ich einen Lagennachbarn aus 2005 auf. Der war ein großer Trost. Ich musste meine Verkostungsnotiz ein paarmal überarbeiten, damit sie nicht in einer ‚jetzt erst recht‘ Trotzreaktion zu euphorisch ausfällt.

Reichsrat von Buhl, Forster Ungeheuer, Riesling Großes Gewächs, 2005, Pfalz. In der Nase Aprikose, Muskatnuss, getrocknete Kräuter; am Gaumen Pfälzer Barock, voll und saftig aber nicht zu fett oder breit. Der Wein zeigt Aromen von Aprikose, Mango, Kemmschen Kuchen, leidet ein ganz bisschen unter seinen 13% Alkohol, zeigt aber schönes Spiel aus Säure und süßer Frucht, bietet ein echtes ‚Maul voll Wein‘. Nach hinten raus ist der Wein prickelnd mineralisch und etwas pfeffrig. Der Abgang ist sehr lang. Viel Freude für einen im GG-Kontext moderaten Preis. (Ich konnte gerade noch widerstehen, ihm im Geiste die 21€ für den Mosbacher zuzuschlagen.)

Ich steh auf Schraubverschlüsse!