Weingut Zalwander HArte Erde

Odins Hammer

Ich mag keinen Grauburgunder. Und wenn Sie jetzt denken: ‚Aha, mal wieder eine dieser ausgelutschten Geschichten: Ich mag ja eigentlich keinen … , aber dieser…‘ dann sind Sie zwar auf der richtigen Fährte, aber ich werde sie trotzdem ein bisschen enttäuschen, denn eigentlich geht es hier nicht um die eine Ausnahme, wenngleich die irgendwann auftauchen muss. Vielleicht bringen wir das gleich zu Anfang hinter uns.

Ich bin Odin Bauer begegnet, also nicht ihm persönlich, sondern erst einem seiner Boutique-Weine, dann seinen Broterwerbsweinen. Das mit dem Boutiquewein war auf einer Party. Dort lagen in einem Weinkühler ein Dutzend unterschiedliche Flaschen und ich probierte den Wein vom Weingut Zalwander. Zalwander ist ein kleines Nebenerwerbsweingut von Odin Bauer, der hauptberuflich als Kellermeister im Weingut Freiherr von Gleichenstein werkelt. Der Wein von Zalwander begeisterte mich so sehr, dass ich ihn mir unter den Nagel riss und nicht mehr hergab. Nein, kein Egoismus, ich schenkte allen möglichen Menschen davon ein, weil sie diesen tollen Wein mit mir trinken sollten. Und ich wollte vermeiden, dass sich irgendjemand ein riesiges Glas einschenkt, feststellt, dass er den Wein gar nicht mag und dann in den nächsten Blumenkübel entsorgt, denn der Wein war speziell und die Party lief gerade aufs Angenehmste aus dem Ruder.

‚Harte Erde‘ hieß der Wein und ich schloss daraus, dass es eine Weißweincuvée sei. Etwas neues Holz, feine Frucht, sehr elegant. Erst später machte mich jemand darauf aufmerksam, dass da auch ‚Grauburgunder‘ drauf stand. Nun denn, ich war einigermaßen beschämt. Grauburgunder? Ich?

Grauburgunder für die Weinschule

Wie es der Zufall wollte, produzierte ich drei Wochen später ein Video über Grauburgunder für die Webweinschule, dass ich Ihnen hier zur gefälligen Kenntnisnahme einbinde. Darin wollte ich den Zalwander unterbringen, also bat ich Odin Bauer um Ansichtsexemplare. Weil Bauer eine Gelegenheit witterte, veranlasste er gleich noch, dass mir sein Arbeitgeber ebenfalls ein paar Weine schickte. Freiherr von Gleichenstein ist eines der wenigen Spitzenweingüter, bei denen der Grauburgunder an Position 1 im Sortenspiegel steht. Am Ende des Drehs hatte ich also einige der besten Grauburgunder der Republik, nur leider mag ich keinen Grauburgunder (ich weiß nicht, ob ich das schon mal erwähnt habe).

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Für solche Gelegenheiten gibt es bei mir den Proof-Pudding-Friday. Ich servierte die Weine blind meinen weinerfahrenen Gästen. Die waren sich sehr schnell einig, dass ich ihnen Chardonnays aus verschiedenen Ländern vorsetzte. Beim letzten gereichten Wein waren sie sich sicher, im Burgund angelangt zu sein, bei einem Meister des Holzeinsatzes, in der Preisklasse 60 bis 80 Euro. Der letzte Wein war ‚Harte Erde‘. Er entstammt Muschelkalk-Lagen, durchläuft Ganztraubenpressung, wenn möglich Spontangärung und reift dann in drei Barriques, die nicht alle neu sind. Am Ende stehen 800 Flaschen eines extrem eleganten Weines für 20 Euro.

Freiherr Gleichenstein GrauburgunderAber auch die Gleichenstein-Weine, allen voran der druckvolle, ebenfalls mehrheitlich im Burgund verortete ‚Baron Louis‘ wussten zu beeindrucken. Auch ich war mit den Weinen sehr glücklich. Der 2015er Henkenberg war extrem cremig und nussig, eher kalifornisch, der Winklerberg zeigte eine eher schweißige Nase, die mir nicht gefiel, war dafür am Gaumen wunderbar klar und stahlig mit einer feinen Phenolik im Abgang. Nach dem Aufdecken kam es zur überfälligen Diskussion: Was sagt es über einen Wein aus, wenn er blind für eine andere Rebsorte gehalten wird? Ist das gut? Pfeif’ auf die Typizität? Beim Cabernet eifern schließlich auch alle den Bordelaisern nach?

Typizität ist entbehrlich

Ich habe für mich beschlossen, dass ich beim Grauburgunder eine andere Meinung habe, als bei Riesling, Sauvignon oder Blaufränkisch. Das hat einen einfachen Grund. Grauburgunder, Dornfelder, Gamay und Trollinger haben für mich eine Geschmackskomponente, die an Katjes Yoghurt Gum und/oder Yogurette erinnert und ich mag weder Katjes Yoghurt Gum noch Yogurette. Das ist eine individuelle, aber nicht seltene Einstellung. Dazu kommen beim Grauburgunder typische Mufftöne und eine säurearme, lätschige Struktur. Die besten Grauburgunder, kriegen all das aber in den Griff. Und so findet man halt zu den Großen Gewächsen der VDP-Winzer, oder auch zu Ziereisens Jaspis Grauburgunder keine Verkostungsnotizen mit Passagen wie ‚herrlich laktisch, mit bezaubernden Mufftönen und dieser faszinierenden Aromatik von getragenen Socken‘. Stattdessen heben nahezu alle Beschreibungen der wenigen gefeierten Grauburgunder auf deren ‚erstaunliche Frische‘ ‚burgundische Eleganz‘ und ‚an große Chardonnay erinnernde Mineralik‘ ab und gefühlt noch gut die Hälfte hängen die Plattitüde ‚ginge blind als großer Mersault/Puligny/Wasauchimmerburgunder durch‘. Es scheinen sich alle einig: richtig großer Grauburgunder schmeckt wie Chardonnay, nicht wie Grauburgunder.

Grauburgunder ZalwanderDeswegen sollte ich den Anfang vielleicht ändern: Ich mag keinen Grauburgunder, außer er schmeckt wie Chardonnay! Und ich muss Ihnen von Odin Bauer erzählen, der ein Händchen für solchen Grauburgunder hat, privat wie beruflich. Wenngleich sein privater Grauburgunder, die ‚Harte Erde‘ der absolute Hammer ist.

Zalwander, ‚Harte Erde‘ Grauburgunder, 2014, Baden. ‚erstaunliche Frische‘, ‚burgundische Eleganz‘,  ‚an große Chardonnay erinnernde Mineralik‘, ‚ginge blind als großer Mersault/Puligny/Wasauchimmerburgunder durch‘.

 

Hinweis: Der 2014er ist ab Hof ausverkauft. Der 2015er ist nach Aussage des Winzers ein kleiner Ausreißer in Richtung Opulenz. 

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